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[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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und wirst, um die begehrlichen Blicke der herculanischen Elegants zu vermeiden, weit in den hintern Gemächern Deines Sitzes Dich befunden haben. Auch mußte die Landstraße fern von Dir gelegen sein, damit Dich das römische nach Bajä reisende Badepublicum nicht gleich am Thore, wo noch heute in unsern gegenwärtigen Städten die Unschuld nicht zu Hause ist, zu Augen bekam.

Medius fidius! (Ein römischer Schwur, der wohl schwer zu übersetzen, aber nicht unerklärlich ist.) Da bewegte sich der Erdboden! Ich höre die vertraute Stimme meiner Freundin! -

Nur einen Augenblick noch, du steinenes Räthsel, ich will dich mit Pulver lösen!

Ach! ich sehe Dein liebes Haupt, Deine blonden Locken sind noch so geringelt, wie zuvor. Du schlägst das Auge auf, mein tausendjähriger Engel?

Daß nur mein Meißel die Spitze Deiner griechischen Nase nicht verletzt!

Du athmest mit lebendigem Hauche. Von Deinen Lippen löst sich das steinene Siegel. Der Busen wallt unter dem warmen Schlage Deines Herzens.

O seliges Entzücken! Du breitest Deine Arme aus, entwindest Deinen schlanken Götterleib diesem marmornen Kleide. O weine nur, Du mehr als

und wirst, um die begehrlichen Blicke der herculanischen Elegants zu vermeiden, weit in den hintern Gemächern Deines Sitzes Dich befunden haben. Auch mußte die Landstraße fern von Dir gelegen sein, damit Dich das römische nach Bajä reisende Badepublicum nicht gleich am Thore, wo noch heute in unsern gegenwärtigen Städten die Unschuld nicht zu Hause ist, zu Augen bekam.

Medius fidius! (Ein römischer Schwur, der wohl schwer zu übersetzen, aber nicht unerklärlich ist.) Da bewegte sich der Erdboden! Ich höre die vertraute Stimme meiner Freundin! -

Nur einen Augenblick noch, du steinenes Räthsel, ich will dich mit Pulver lösen!

Ach! ich sehe Dein liebes Haupt, Deine blonden Locken sind noch so geringelt, wie zuvor. Du schlägst das Auge auf, mein tausendjähriger Engel?

Daß nur mein Meißel die Spitze Deiner griechischen Nase nicht verletzt!

Du athmest mit lebendigem Hauche. Von Deinen Lippen löst sich das steinene Siegel. Der Busen wallt unter dem warmen Schlage Deines Herzens.

O seliges Entzücken! Du breitest Deine Arme aus, entwindest Deinen schlanken Götterleib diesem marmornen Kleide. O weine nur, Du mehr als

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[271/0284] und wirst, um die begehrlichen Blicke der herculanischen Elegants zu vermeiden, weit in den hintern Gemächern Deines Sitzes Dich befunden haben. Auch mußte die Landstraße fern von Dir gelegen sein, damit Dich das römische nach Bajä reisende Badepublicum nicht gleich am Thore, wo noch heute in unsern gegenwärtigen Städten die Unschuld nicht zu Hause ist, zu Augen bekam. Medius fidius! (Ein römischer Schwur, der wohl schwer zu übersetzen, aber nicht unerklärlich ist.) Da bewegte sich der Erdboden! Ich höre die vertraute Stimme meiner Freundin! - Nur einen Augenblick noch, du steinenes Räthsel, ich will dich mit Pulver lösen! Ach! ich sehe Dein liebes Haupt, Deine blonden Locken sind noch so geringelt, wie zuvor. Du schlägst das Auge auf, mein tausendjähriger Engel? Daß nur mein Meißel die Spitze Deiner griechischen Nase nicht verletzt! Du athmest mit lebendigem Hauche. Von Deinen Lippen löst sich das steinene Siegel. Der Busen wallt unter dem warmen Schlage Deines Herzens. O seliges Entzücken! Du breitest Deine Arme aus, entwindest Deinen schlanken Götterleib diesem marmornen Kleide. O weine nur, Du mehr als

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  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
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  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/284>, abgerufen am 22.11.2024.