[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.können, als von einem gelösten Räthsel auf die zu schließen, die ewig ihres Oedipus harren werden." Der General wandte sich zu dem letzten Sprecher um und sagte: "Ich hör' es Ihnen an, Verehrtester, daß Sie einst in einer Synode sitzen werden. An dieser raschen Trennung zwischen Ja und Nein erkennt man den Theologen. Ich hab' es bei solchen Fragen immer für nöthig gehalten, vor der Unterscheidung der Gegenstände nach jenem trennenden, sondernden Princip mich umzusehen, das doch unstreitig den von Ihnen verlangten Gränzwall aufwerfen müßte." Den jungen Mann verdroß die Beschuldigung, als Theolog gesprochen zu haben, wo er voraussetzen mußte, Jeden beschäftige nur der Gegenstand, Keinen sein Interesse. Er entgegnete also: "Sie sehen in mir ungern einen Advocaten des Positiven, Herr General, und doch zwingt mich Ihre Entgegnung auf dem Felde der interessirten Doctrin stehen zu bleiben. Sie sprachen von diesem ersten Gesetze, dessen Sie früher gewiß sein müßten, als des Gegenstandes, worauf es sich anwenden lasse. Allerdings! das ist die alte Frage der Philosophie, die ich aber nicht vertheidigen will, nicht sowohl der Abstrusität wegen, als wegen der Aussicht auf den künftigen Katheder." können, als von einem gelösten Räthsel auf die zu schließen, die ewig ihres Oedipus harren werden." Der General wandte sich zu dem letzten Sprecher um und sagte: »Ich hör’ es Ihnen an, Verehrtester, daß Sie einst in einer Synode sitzen werden. An dieser raschen Trennung zwischen Ja und Nein erkennt man den Theologen. Ich hab’ es bei solchen Fragen immer für nöthig gehalten, vor der Unterscheidung der Gegenstände nach jenem trennenden, sondernden Princip mich umzusehen, das doch unstreitig den von Ihnen verlangten Gränzwall aufwerfen müßte.« Den jungen Mann verdroß die Beschuldigung, als Theolog gesprochen zu haben, wo er voraussetzen mußte, Jeden beschäftige nur der Gegenstand, Keinen sein Interesse. Er entgegnete also: »Sie sehen in mir ungern einen Advocaten des Positiven, Herr General, und doch zwingt mich Ihre Entgegnung auf dem Felde der interessirten Doctrin stehen zu bleiben. Sie sprachen von diesem ersten Gesetze, dessen Sie früher gewiß sein müßten, als des Gegenstandes, worauf es sich anwenden lasse. Allerdings! das ist die alte Frage der Philosophie, die ich aber nicht vertheidigen will, nicht sowohl der Abstrusität wegen, als wegen der Aussicht auf den künftigen Katheder.« <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0307" n="294"/> können, als von einem gelösten Räthsel auf die zu schließen, die ewig ihres Oedipus harren werden."</p> <p>Der General wandte sich zu dem letzten Sprecher um und sagte: »Ich hör’ es Ihnen an, Verehrtester, daß Sie einst in einer Synode sitzen werden. An dieser raschen Trennung zwischen Ja und Nein erkennt man den Theologen. Ich hab’ es bei solchen Fragen immer für nöthig gehalten, vor der Unterscheidung der Gegenstände nach jenem trennenden, sondernden Princip mich umzusehen, das doch unstreitig den von Ihnen verlangten Gränzwall aufwerfen müßte.«</p> <p>Den jungen Mann verdroß die Beschuldigung, als Theolog gesprochen zu haben, wo er voraussetzen mußte, Jeden beschäftige nur der Gegenstand, Keinen sein Interesse. Er entgegnete also: »Sie sehen in mir ungern einen Advocaten des Positiven, Herr General, und doch zwingt mich Ihre Entgegnung auf dem Felde der interessirten Doctrin stehen zu bleiben. Sie sprachen von diesem ersten Gesetze, dessen Sie früher gewiß sein müßten, als des Gegenstandes, worauf es sich anwenden lasse. Allerdings! das ist die alte Frage der Philosophie, die ich aber nicht vertheidigen will, nicht sowohl der Abstrusität wegen, als wegen der Aussicht auf den künftigen Katheder.«</p> </div> </body> </text> </TEI> [294/0307]
können, als von einem gelösten Räthsel auf die zu schließen, die ewig ihres Oedipus harren werden."
Der General wandte sich zu dem letzten Sprecher um und sagte: »Ich hör’ es Ihnen an, Verehrtester, daß Sie einst in einer Synode sitzen werden. An dieser raschen Trennung zwischen Ja und Nein erkennt man den Theologen. Ich hab’ es bei solchen Fragen immer für nöthig gehalten, vor der Unterscheidung der Gegenstände nach jenem trennenden, sondernden Princip mich umzusehen, das doch unstreitig den von Ihnen verlangten Gränzwall aufwerfen müßte.«
Den jungen Mann verdroß die Beschuldigung, als Theolog gesprochen zu haben, wo er voraussetzen mußte, Jeden beschäftige nur der Gegenstand, Keinen sein Interesse. Er entgegnete also: »Sie sehen in mir ungern einen Advocaten des Positiven, Herr General, und doch zwingt mich Ihre Entgegnung auf dem Felde der interessirten Doctrin stehen zu bleiben. Sie sprachen von diesem ersten Gesetze, dessen Sie früher gewiß sein müßten, als des Gegenstandes, worauf es sich anwenden lasse. Allerdings! das ist die alte Frage der Philosophie, die ich aber nicht vertheidigen will, nicht sowohl der Abstrusität wegen, als wegen der Aussicht auf den künftigen Katheder.«
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |