Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.falls er, wie er voraussetzte, ein geschwisterliches tete-a-tete gestört hätte. Raimund kämpfte gegen die Schwäche, die ihn jetzt doch befiel. Er besaß nicht einmal so viel Selbstbeherrschung für den ersten Augenblick, daß er eine kurze bedeutungsvolle Verständigung, die zwischen seiner Schwester und Wolny in wenig Worten stattfand, bemerkte und verstand. Als Martha rasch ihre Mantille, ihren Regenschirm ergriffen und lächelnd gesagt hatte: Ich war eben im Begriff zu gehen! hielt sie Wolny noch an und sagte: Fräulein, meine Frau hat schon wieder eine Gesellschaft von achtzig Personen eingeladen, können Sie ihr denn das nicht ausreden? Achtzig Personen bei ihrem leidenden Zustande! Ja, so! unterbrach er sich. Es ist gut. Sagen Sie ihr lieber Nichts -! Ein feiner Beobachter hätte aus dem Blicke Marthas entnommen, daß sie etwa sagen wollte: Bin ich wohl die richtig gewählte Person, die einen solchen Auftrag an Ihre Gattin auszurichten vermag? In dem Ja so! der Besinnung lag - eine verschüttete Welt, die Kehrseite der Gestirne, die Sonne der Nacht. Raimund war inzwischen beschäftigt gewesen, das Zimmer etwas aufzuräumen und sich zu sammeln. Letzteres gelang ihm so ziemlich, weil er an seine Genossen falls er, wie er voraussetzte, ein geschwisterliches tète-à-tète gestört hätte. Raimund kämpfte gegen die Schwäche, die ihn jetzt doch befiel. Er besaß nicht einmal so viel Selbstbeherrschung für den ersten Augenblick, daß er eine kurze bedeutungsvolle Verständigung, die zwischen seiner Schwester und Wolny in wenig Worten stattfand, bemerkte und verstand. Als Martha rasch ihre Mantille, ihren Regenschirm ergriffen und lächelnd gesagt hatte: Ich war eben im Begriff zu gehen! hielt sie Wolny noch an und sagte: Fräulein, meine Frau hat schon wieder eine Gesellschaft von achtzig Personen eingeladen, können Sie ihr denn das nicht ausreden? Achtzig Personen bei ihrem leidenden Zustande! Ja, so! unterbrach er sich. Es ist gut. Sagen Sie ihr lieber Nichts –! Ein feiner Beobachter hätte aus dem Blicke Marthas entnommen, daß sie etwa sagen wollte: Bin ich wohl die richtig gewählte Person, die einen solchen Auftrag an Ihre Gattin auszurichten vermag? In dem Ja so! der Besinnung lag – eine verschüttete Welt, die Kehrseite der Gestirne, die Sonne der Nacht. Raimund war inzwischen beschäftigt gewesen, das Zimmer etwas aufzuräumen und sich zu sammeln. Letzteres gelang ihm so ziemlich, weil er an seine Genossen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0175" n="169"/> falls er, wie er voraussetzte, ein geschwisterliches <hi rendition="#aq">tète-à-tète</hi> gestört hätte. </p> <p>Raimund kämpfte gegen die Schwäche, die ihn jetzt doch befiel. Er besaß nicht einmal so viel Selbstbeherrschung für den ersten Augenblick, daß er eine kurze bedeutungsvolle Verständigung, die zwischen seiner Schwester und Wolny in wenig Worten stattfand, bemerkte und verstand. Als Martha rasch ihre Mantille, ihren Regenschirm ergriffen und lächelnd gesagt hatte: Ich war eben im Begriff zu gehen! hielt sie Wolny noch an und sagte: Fräulein, meine Frau hat schon wieder eine Gesellschaft von achtzig Personen eingeladen, können Sie ihr denn das nicht ausreden? Achtzig Personen bei ihrem leidenden Zustande! Ja, so! unterbrach er sich. Es ist gut. Sagen Sie ihr lieber Nichts –! Ein feiner Beobachter hätte aus dem Blicke Marthas entnommen, daß sie etwa sagen wollte: Bin ich wohl die richtig gewählte Person, die einen solchen Auftrag an Ihre Gattin auszurichten vermag? In dem Ja so! der Besinnung lag – <ref xml:id="TEXTeineverschuetteteBISNacht" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLeineverschuetteteBISNacht">eine verschüttete Welt, die Kehrseite der Gestirne, die Sonne der Nacht</ref>. </p> <p>Raimund war inzwischen beschäftigt gewesen, das Zimmer etwas aufzuräumen und sich zu sammeln. Letzteres gelang ihm so ziemlich, weil er an seine Genossen </p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0175]
falls er, wie er voraussetzte, ein geschwisterliches tète-à-tète gestört hätte.
Raimund kämpfte gegen die Schwäche, die ihn jetzt doch befiel. Er besaß nicht einmal so viel Selbstbeherrschung für den ersten Augenblick, daß er eine kurze bedeutungsvolle Verständigung, die zwischen seiner Schwester und Wolny in wenig Worten stattfand, bemerkte und verstand. Als Martha rasch ihre Mantille, ihren Regenschirm ergriffen und lächelnd gesagt hatte: Ich war eben im Begriff zu gehen! hielt sie Wolny noch an und sagte: Fräulein, meine Frau hat schon wieder eine Gesellschaft von achtzig Personen eingeladen, können Sie ihr denn das nicht ausreden? Achtzig Personen bei ihrem leidenden Zustande! Ja, so! unterbrach er sich. Es ist gut. Sagen Sie ihr lieber Nichts –! Ein feiner Beobachter hätte aus dem Blicke Marthas entnommen, daß sie etwa sagen wollte: Bin ich wohl die richtig gewählte Person, die einen solchen Auftrag an Ihre Gattin auszurichten vermag? In dem Ja so! der Besinnung lag – eine verschüttete Welt, die Kehrseite der Gestirne, die Sonne der Nacht.
Raimund war inzwischen beschäftigt gewesen, das Zimmer etwas aufzuräumen und sich zu sammeln. Letzteres gelang ihm so ziemlich, weil er an seine Genossen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/175>, abgerufen am 18.07.2024. |