Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.in gedankenlosem Genuß zu finden, dabei die Wissenschaft auf Augenblicke gradezu zu vergessen, dazu haben neuere Poeten die Anleitung gegeben! Eins, schien Dieterici bei der Verdauung geäußert zu haben, ist ganz von der neuesten Mode: Das Auftreten der Juden mit ihren enormen Mitteln, ihrer zähen Willenskraft, ihren angebornen Gaben der Auffassung, ihrer scharfen Combination! Da hat sich für alle Lebensbeziehungen die Anstrengung steigern müssen! Ottomar liest zuweilen ein gutes Buch, kennt aber hunderterlei Dinge nicht aus den Quellen, sondern nur nach allgemeinen Bildungsredensarten, wie man von den Dichtern nur noch die Verse kennt, die in den Anthologieen stehen! Aber Leichtsinn beherrscht ihn gerade nicht - wir lassen Dieterici sprechen. Der College mußte Ottomars kategorischem Imperativ gute Zeugnisse gegeben haben. Sich gesellschaftlich verbrauchen lassen, gehörte zu den Gedanken, die Ottomar Althings Gewissen drückten, aber es sind leider Verpflichtungen, die man nicht abschütteln kann. Bei unserm Justizrath hat er leider vor, von sich ab Vieles auf mich und auf Vogler zu wälzen, was ihm sogar gelingt, seitdem die Justizräthin Hoffnung hat, Mitglied des Frauenvorstands zu werden. Einige neue Kleider sind für die Sitzungen schon vorausbestellt. in gedankenlosem Genuß zu finden, dabei die Wissenschaft auf Augenblicke gradezu zu vergessen, dazu haben neuere Poeten die Anleitung gegeben! Eins, schien Dieterici bei der Verdauung geäußert zu haben, ist ganz von der neuesten Mode: Das Auftreten der Juden mit ihren enormen Mitteln, ihrer zähen Willenskraft, ihren angebornen Gaben der Auffassung, ihrer scharfen Combination! Da hat sich für alle Lebensbeziehungen die Anstrengung steigern müssen! Ottomar liest zuweilen ein gutes Buch, kennt aber hunderterlei Dinge nicht aus den Quellen, sondern nur nach allgemeinen Bildungsredensarten, wie man von den Dichtern nur noch die Verse kennt, die in den Anthologieen stehen! Aber Leichtsinn beherrscht ihn gerade nicht – wir lassen Dieterici sprechen. Der College mußte Ottomars kategorischem Imperativ gute Zeugnisse gegeben haben. Sich gesellschaftlich verbrauchen lassen, gehörte zu den Gedanken, die Ottomar Althings Gewissen drückten, aber es sind leider Verpflichtungen, die man nicht abschütteln kann. Bei unserm Justizrath hat er leider vor, von sich ab Vieles auf mich und auf Vogler zu wälzen, was ihm sogar gelingt, seitdem die Justizräthin Hoffnung hat, Mitglied des Frauenvorstands zu werden. Einige neue Kleider sind für die Sitzungen schon vorausbestellt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0191" n="185"/> in gedankenlosem Genuß zu finden, dabei die Wissenschaft auf Augenblicke gradezu zu vergessen, dazu haben neuere Poeten die Anleitung gegeben! Eins, schien Dieterici bei der Verdauung geäußert zu haben, ist ganz von der neuesten Mode: Das Auftreten der Juden mit ihren enormen Mitteln, ihrer zähen Willenskraft, ihren angebornen Gaben der Auffassung, ihrer scharfen Combination! Da hat sich für alle Lebensbeziehungen die Anstrengung steigern müssen! Ottomar liest zuweilen ein gutes Buch, kennt aber hunderterlei Dinge nicht aus den Quellen, sondern nur nach allgemeinen Bildungsredensarten, wie man von den Dichtern nur noch die Verse kennt, die in den Anthologieen stehen! Aber Leichtsinn beherrscht ihn gerade nicht – wir lassen Dieterici sprechen. Der College mußte Ottomars kategorischem Imperativ gute Zeugnisse gegeben haben. Sich gesellschaftlich verbrauchen lassen, gehörte zu den Gedanken, die Ottomar Althings Gewissen drückten, aber es sind leider Verpflichtungen, die man nicht abschütteln kann. Bei unserm Justizrath hat er leider vor, von sich ab Vieles auf mich und auf Vogler zu wälzen, was ihm sogar gelingt, seitdem die Justizräthin Hoffnung hat, Mitglied des Frauenvorstands zu werden. Einige neue Kleider sind für die Sitzungen schon vorausbestellt. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0191]
in gedankenlosem Genuß zu finden, dabei die Wissenschaft auf Augenblicke gradezu zu vergessen, dazu haben neuere Poeten die Anleitung gegeben! Eins, schien Dieterici bei der Verdauung geäußert zu haben, ist ganz von der neuesten Mode: Das Auftreten der Juden mit ihren enormen Mitteln, ihrer zähen Willenskraft, ihren angebornen Gaben der Auffassung, ihrer scharfen Combination! Da hat sich für alle Lebensbeziehungen die Anstrengung steigern müssen! Ottomar liest zuweilen ein gutes Buch, kennt aber hunderterlei Dinge nicht aus den Quellen, sondern nur nach allgemeinen Bildungsredensarten, wie man von den Dichtern nur noch die Verse kennt, die in den Anthologieen stehen! Aber Leichtsinn beherrscht ihn gerade nicht – wir lassen Dieterici sprechen. Der College mußte Ottomars kategorischem Imperativ gute Zeugnisse gegeben haben. Sich gesellschaftlich verbrauchen lassen, gehörte zu den Gedanken, die Ottomar Althings Gewissen drückten, aber es sind leider Verpflichtungen, die man nicht abschütteln kann. Bei unserm Justizrath hat er leider vor, von sich ab Vieles auf mich und auf Vogler zu wälzen, was ihm sogar gelingt, seitdem die Justizräthin Hoffnung hat, Mitglied des Frauenvorstands zu werden. Einige neue Kleider sind für die Sitzungen schon vorausbestellt.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/191>, abgerufen am 16.02.2025. |