Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Im spätern Verlauf der Unterhaltung kam noch die Herrschaft zur Sprache, bei welcher Josefa "eigentlich diente". Und als Blaumeißel leise berichtet hatte, daß man bei Josefas (leider nicht "recht richtigen") Dame den jungen Herrn Althing, den mit 300 Thalern Angestellten, gesehen hätte, trat ein absolutes Schweigen ein. Es giebt Naturen, die zur Diplomatie geboren sind - Leute nur im Volk, wo man ihnen keine Gesandtschaftsposten anvertraut. Die berufenen Diplomaten leiden meistentheils an krankhafter Geschwätzigkeit. Später hätten Ottomar die Ohren klingen dürfen. Denn als beide Punktirer wieder Sprache gewonnen hatten, analysirten sie den Charakter des jungen Althing. Dieterici schien seine Abendgespräche mit seinen Wirthsleuten umfassend zu machen. Beinahe hätte Blaumeißel etwas vorgebracht wie: Ottomar gehört dem Geist der allerneuesten Zeit an, welche ideale Strebungen nicht mehr kennt, ohne sie darum gering zu schätzen! Wer weiß, ob Dieterici nicht gesagt hatte: Diese Zeit verehrt die Tradition, macht sie aber nicht zu ihrer Unterlage! Der Staat, die Rechtsidee, eine Stellung, die Verheirathung genügen! Für die Verbesserung der Mängel, die sonst noch übrig bleiben, ist ja überall gesorgt! In einem einzigen offenbart sich jetzt nur noch Poesie: Man will dem Leben seinen Reiz abgewinnen! Diesen Im spätern Verlauf der Unterhaltung kam noch die Herrschaft zur Sprache, bei welcher Josefa „eigentlich diente“. Und als Blaumeißel leise berichtet hatte, daß man bei Josefas (leider nicht „recht richtigen“) Dame den jungen Herrn Althing, den mit 300 Thalern Angestellten, gesehen hätte, trat ein absolutes Schweigen ein. Es giebt Naturen, die zur Diplomatie geboren sind – Leute nur im Volk, wo man ihnen keine Gesandtschaftsposten anvertraut. Die berufenen Diplomaten leiden meistentheils an krankhafter Geschwätzigkeit. Später hätten Ottomar die Ohren klingen dürfen. Denn als beide Punktirer wieder Sprache gewonnen hatten, analysirten sie den Charakter des jungen Althing. Dieterici schien seine Abendgespräche mit seinen Wirthsleuten umfassend zu machen. Beinahe hätte Blaumeißel etwas vorgebracht wie: Ottomar gehört dem Geist der allerneuesten Zeit an, welche ideale Strebungen nicht mehr kennt, ohne sie darum gering zu schätzen! Wer weiß, ob Dieterici nicht gesagt hatte: Diese Zeit verehrt die Tradition, macht sie aber nicht zu ihrer Unterlage! Der Staat, die Rechtsidee, eine Stellung, die Verheirathung genügen! Für die Verbesserung der Mängel, die sonst noch übrig bleiben, ist ja überall gesorgt! In einem einzigen offenbart sich jetzt nur noch Poesie: Man will dem Leben seinen Reiz abgewinnen! Diesen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0190" n="184"/> Im spätern Verlauf der Unterhaltung kam noch die Herrschaft zur Sprache, bei welcher Josefa „eigentlich diente“. Und als Blaumeißel leise berichtet hatte, daß man bei Josefas (leider nicht „recht richtigen“) Dame den jungen Herrn Althing, den mit 300 Thalern Angestellten, gesehen hätte, trat ein absolutes Schweigen ein. Es giebt Naturen, die zur Diplomatie geboren sind – Leute nur im Volk, wo man ihnen keine Gesandtschaftsposten anvertraut. Die berufenen Diplomaten leiden meistentheils an krankhafter Geschwätzigkeit. </p> <p>Später hätten Ottomar die Ohren klingen dürfen. Denn als beide Punktirer wieder Sprache gewonnen hatten, analysirten sie den Charakter des jungen Althing. Dieterici schien seine Abendgespräche mit seinen Wirthsleuten umfassend zu machen. Beinahe hätte Blaumeißel etwas vorgebracht wie: Ottomar gehört dem Geist der allerneuesten Zeit an, welche ideale Strebungen nicht mehr kennt, ohne sie darum gering zu schätzen! Wer weiß, ob Dieterici nicht gesagt hatte: Diese Zeit verehrt die Tradition, macht sie aber nicht zu ihrer Unterlage! Der Staat, die Rechtsidee, eine Stellung, die Verheirathung genügen! Für die Verbesserung der Mängel, die sonst noch übrig bleiben, ist ja überall gesorgt! In einem einzigen offenbart sich jetzt nur noch Poesie: Man will dem Leben seinen Reiz abgewinnen! Diesen </p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0190]
Im spätern Verlauf der Unterhaltung kam noch die Herrschaft zur Sprache, bei welcher Josefa „eigentlich diente“. Und als Blaumeißel leise berichtet hatte, daß man bei Josefas (leider nicht „recht richtigen“) Dame den jungen Herrn Althing, den mit 300 Thalern Angestellten, gesehen hätte, trat ein absolutes Schweigen ein. Es giebt Naturen, die zur Diplomatie geboren sind – Leute nur im Volk, wo man ihnen keine Gesandtschaftsposten anvertraut. Die berufenen Diplomaten leiden meistentheils an krankhafter Geschwätzigkeit.
Später hätten Ottomar die Ohren klingen dürfen. Denn als beide Punktirer wieder Sprache gewonnen hatten, analysirten sie den Charakter des jungen Althing. Dieterici schien seine Abendgespräche mit seinen Wirthsleuten umfassend zu machen. Beinahe hätte Blaumeißel etwas vorgebracht wie: Ottomar gehört dem Geist der allerneuesten Zeit an, welche ideale Strebungen nicht mehr kennt, ohne sie darum gering zu schätzen! Wer weiß, ob Dieterici nicht gesagt hatte: Diese Zeit verehrt die Tradition, macht sie aber nicht zu ihrer Unterlage! Der Staat, die Rechtsidee, eine Stellung, die Verheirathung genügen! Für die Verbesserung der Mängel, die sonst noch übrig bleiben, ist ja überall gesorgt! In einem einzigen offenbart sich jetzt nur noch Poesie: Man will dem Leben seinen Reiz abgewinnen! Diesen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>)
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |