Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.klein; es stellte ein Boudoir voll Traulichkeit und schönstem Comfort dar. Wohin man auch fiel, man fiel sanft. Gefahr war nirgends. Was die Fauteuils nicht leisteten, leistete der Teppich. Tropische Gewächse verdeckten das durch Portieren fest verschlossene Fenster. Ein Piano fehlte nicht. Ein Schreibtisch schien fleißig benutzt. Die an ihm befindlichen Kerzen waren halb heruntergebrannt. Das Sopha, auf dem die Schöne lag, war gelb - Lag -? Schon lag -? unterbrach der Graf. Als sie eintrat, fuhr Ottomar fort, streifte mich ein forschender Blick; sie fühlte sogleich, daß ich ihre Erscheinung bewundernd ansah. Mit nachlässiger Grazie legte sie sich auf eine Chaiselongue und forderte mich durch eine Handbewegung auf, auf dem nebenstehenden Sessel Platz zu nehmen. Ihre Augen leuchteten beim Lampenlicht noch dunkler, die Haare in lichteren Reflexen. Ein Schlafrock von hellblauem Cachemire mit türkischer Stickerei schmiegte sich in weichen Falten um die schöne Gestalt. Das Kleid wurde nur an der Taille von einem silbernen Gürtel gehalten. Von ihren Nadeln befreit wallte das Haar lang in den Rücken hinab -! Du hast gut beobachtet! sagte lächelnd der Graf. Erst beschäftigte sie der Tod des Grafen, ihr Vergessensein im Testamente. Sie streckte sich, um zu weinen, dann, wie es mir doch schien, um zu zeigen, klein; es stellte ein Boudoir voll Traulichkeit und schönstem Comfort dar. Wohin man auch fiel, man fiel sanft. Gefahr war nirgends. Was die Fauteuils nicht leisteten, leistete der Teppich. Tropische Gewächse verdeckten das durch Portièren fest verschlossene Fenster. Ein Piano fehlte nicht. Ein Schreibtisch schien fleißig benutzt. Die an ihm befindlichen Kerzen waren halb heruntergebrannt. Das Sopha, auf dem die Schöne lag, war gelb – Lag –? Schon lag –? unterbrach der Graf. Als sie eintrat, fuhr Ottomar fort, streifte mich ein forschender Blick; sie fühlte sogleich, daß ich ihre Erscheinung bewundernd ansah. Mit nachlässiger Grazie legte sie sich auf eine Chaiselongue und forderte mich durch eine Handbewegung auf, auf dem nebenstehenden Sessel Platz zu nehmen. Ihre Augen leuchteten beim Lampenlicht noch dunkler, die Haare in lichteren Reflexen. Ein Schlafrock von hellblauem Cachemire mit türkischer Stickerei schmiegte sich in weichen Falten um die schöne Gestalt. Das Kleid wurde nur an der Taille von einem silbernen Gürtel gehalten. Von ihren Nadeln befreit wallte das Haar lang in den Rücken hinab –! Du hast gut beobachtet! sagte lächelnd der Graf. Erst beschäftigte sie der Tod des Grafen, ihr Vergessensein im Testamente. Sie streckte sich, um zu weinen, dann, wie es mir doch schien, um zu zeigen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0198" n="192"/> klein; es stellte ein Boudoir voll Traulichkeit und schönstem Comfort dar. Wohin man auch fiel, man fiel sanft. Gefahr war nirgends. Was die Fauteuils nicht leisteten, leistete der Teppich. Tropische Gewächse verdeckten das durch <ref xml:id="TEXTPortieren2" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLPortieren2">Portièren</ref> fest verschlossene Fenster. Ein Piano fehlte nicht. Ein Schreibtisch schien fleißig benutzt. Die an ihm befindlichen Kerzen waren halb heruntergebrannt. Das Sopha, auf dem die Schöne lag, war gelb – </p> <p>Lag –? Schon lag –? unterbrach der Graf. </p> <p>Als sie eintrat, fuhr Ottomar fort, streifte mich ein forschender Blick; sie fühlte sogleich, daß ich ihre Erscheinung bewundernd ansah. Mit nachlässiger Grazie legte sie sich auf eine Chaiselongue und forderte mich durch eine Handbewegung auf, auf dem nebenstehenden Sessel Platz zu nehmen. Ihre Augen leuchteten beim Lampenlicht noch dunkler, die Haare in lichteren Reflexen. Ein Schlafrock von hellblauem Cachemire mit türkischer Stickerei schmiegte sich in weichen Falten um die schöne Gestalt. Das Kleid wurde nur an der Taille von einem silbernen Gürtel gehalten. Von ihren Nadeln befreit wallte das Haar lang in den Rücken hinab –! </p> <p>Du hast gut beobachtet! sagte lächelnd der Graf. </p> <p>Erst beschäftigte sie der Tod des Grafen, ihr Vergessensein im Testamente. Sie streckte sich, um zu weinen, dann, wie es mir doch schien, um zu zeigen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [192/0198]
klein; es stellte ein Boudoir voll Traulichkeit und schönstem Comfort dar. Wohin man auch fiel, man fiel sanft. Gefahr war nirgends. Was die Fauteuils nicht leisteten, leistete der Teppich. Tropische Gewächse verdeckten das durch Portièren fest verschlossene Fenster. Ein Piano fehlte nicht. Ein Schreibtisch schien fleißig benutzt. Die an ihm befindlichen Kerzen waren halb heruntergebrannt. Das Sopha, auf dem die Schöne lag, war gelb –
Lag –? Schon lag –? unterbrach der Graf.
Als sie eintrat, fuhr Ottomar fort, streifte mich ein forschender Blick; sie fühlte sogleich, daß ich ihre Erscheinung bewundernd ansah. Mit nachlässiger Grazie legte sie sich auf eine Chaiselongue und forderte mich durch eine Handbewegung auf, auf dem nebenstehenden Sessel Platz zu nehmen. Ihre Augen leuchteten beim Lampenlicht noch dunkler, die Haare in lichteren Reflexen. Ein Schlafrock von hellblauem Cachemire mit türkischer Stickerei schmiegte sich in weichen Falten um die schöne Gestalt. Das Kleid wurde nur an der Taille von einem silbernen Gürtel gehalten. Von ihren Nadeln befreit wallte das Haar lang in den Rücken hinab –!
Du hast gut beobachtet! sagte lächelnd der Graf.
Erst beschäftigte sie der Tod des Grafen, ihr Vergessensein im Testamente. Sie streckte sich, um zu weinen, dann, wie es mir doch schien, um zu zeigen,
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