Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.wie schlank sie gewachsen sei. Das Sopha war gelb wie das ganze Ameublement. Alles konnte als Folie ihrer schwarzen Wimpern dienen. Um es gleich zu sagen, sie scheint eine Mischung von viel Gutem und Bösem. Boshaft lachte sie über meinen Vorschlag, tausend Thaler sogleich und für 3 Jahre jährlich 500 Thaler anzunehmen! Oder sie lachte so lange, um ihre schönen Zähne zu zeigen. Ueberhaupt schloß sie alle ihre Widerreden, die sie mit einer entschiedenen Abneigung gegen meine Person zu verbinden wußte - Wie so? Abneigung? forschte der Graf. Ich hatte sie gleich a priori wahrscheinlich zu sehr als eine unter der Würde des weiblichen Geschlechts stehende Person aufgefaßt und meine Unbehaglichkeit verrathen, sie so von gemeiner Geldgier beherrscht zu finden. Ueberhaupt war ihr steter Refrain: "Was kommt Graf Udo nicht selbst? Was schickt er mir einen Vermittler? Sie sehen ja, es geht bei mir nur anständig zu! Wer will mir denn etwas anhaben? Ich bin eine Frau, das sagte sie Anfangs noch, lebe von meinem Mann zwar getrennt, aber in der größten Einsamkeit. Ich lese, ich zeichne, ich male. Ich bilde meinen Geist, wie jene Griechin that, - denke Dir, ich wiederhole wörtlich - Aspasia, der ich zwar an Schönheit nicht gleiche" - sie glich ihr in diesem Augenblicke wirklich so, daß mir im wie schlank sie gewachsen sei. Das Sopha war gelb wie das ganze Ameublement. Alles konnte als Folie ihrer schwarzen Wimpern dienen. Um es gleich zu sagen, sie scheint eine Mischung von viel Gutem und Bösem. Boshaft lachte sie über meinen Vorschlag, tausend Thaler sogleich und für 3 Jahre jährlich 500 Thaler anzunehmen! Oder sie lachte so lange, um ihre schönen Zähne zu zeigen. Ueberhaupt schloß sie alle ihre Widerreden, die sie mit einer entschiedenen Abneigung gegen meine Person zu verbinden wußte – Wie so? Abneigung? forschte der Graf. Ich hatte sie gleich a priori wahrscheinlich zu sehr als eine unter der Würde des weiblichen Geschlechts stehende Person aufgefaßt und meine Unbehaglichkeit verrathen, sie so von gemeiner Geldgier beherrscht zu finden. Ueberhaupt war ihr steter Refrain: „Was kommt Graf Udo nicht selbst? Was schickt er mir einen Vermittler? Sie sehen ja, es geht bei mir nur anständig zu! Wer will mir denn etwas anhaben? Ich bin eine Frau, das sagte sie Anfangs noch, lebe von meinem Mann zwar getrennt, aber in der größten Einsamkeit. Ich lese, ich zeichne, ich male. Ich bilde meinen Geist, wie jene Griechin that, – denke Dir, ich wiederhole wörtlich – Aspasia, der ich zwar an Schönheit nicht gleiche“ – sie glich ihr in diesem Augenblicke wirklich so, daß mir im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0199" n="193"/> wie schlank sie gewachsen sei. Das Sopha war gelb wie das ganze Ameublement. Alles konnte als Folie ihrer schwarzen Wimpern dienen. Um es gleich zu sagen, sie scheint eine Mischung von viel Gutem und Bösem. Boshaft lachte sie über meinen Vorschlag, tausend Thaler sogleich und für 3 Jahre jährlich 500 Thaler anzunehmen! Oder sie lachte so lange, um ihre schönen Zähne zu zeigen. Ueberhaupt schloß sie alle ihre Widerreden, die sie mit einer entschiedenen Abneigung gegen meine Person zu verbinden wußte –</p> <p>Wie so? Abneigung? forschte der Graf. </p> <p>Ich hatte sie gleich <hi rendition="#aq">a priori</hi> wahrscheinlich zu sehr als eine unter der Würde des weiblichen Geschlechts stehende Person aufgefaßt und meine Unbehaglichkeit verrathen, sie so von gemeiner Geldgier beherrscht zu finden. Ueberhaupt war ihr steter Refrain: „Was kommt Graf Udo nicht selbst? Was schickt er mir einen Vermittler? Sie sehen ja, es geht bei mir nur anständig zu! Wer will mir denn etwas anhaben? Ich bin eine Frau, das sagte sie Anfangs noch, lebe von meinem Mann zwar getrennt, aber in der größten Einsamkeit. Ich lese, ich zeichne, ich male. Ich bilde meinen Geist, wie jene Griechin that, – denke Dir, ich wiederhole wörtlich – <ref xml:id="TEXTAspasia" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLAspasia">Aspasia</ref>, der ich zwar an Schönheit nicht gleiche“ – sie glich ihr in diesem Augenblicke wirklich so, daß mir im </p> </div> </body> </text> </TEI> [193/0199]
wie schlank sie gewachsen sei. Das Sopha war gelb wie das ganze Ameublement. Alles konnte als Folie ihrer schwarzen Wimpern dienen. Um es gleich zu sagen, sie scheint eine Mischung von viel Gutem und Bösem. Boshaft lachte sie über meinen Vorschlag, tausend Thaler sogleich und für 3 Jahre jährlich 500 Thaler anzunehmen! Oder sie lachte so lange, um ihre schönen Zähne zu zeigen. Ueberhaupt schloß sie alle ihre Widerreden, die sie mit einer entschiedenen Abneigung gegen meine Person zu verbinden wußte –
Wie so? Abneigung? forschte der Graf.
Ich hatte sie gleich a priori wahrscheinlich zu sehr als eine unter der Würde des weiblichen Geschlechts stehende Person aufgefaßt und meine Unbehaglichkeit verrathen, sie so von gemeiner Geldgier beherrscht zu finden. Ueberhaupt war ihr steter Refrain: „Was kommt Graf Udo nicht selbst? Was schickt er mir einen Vermittler? Sie sehen ja, es geht bei mir nur anständig zu! Wer will mir denn etwas anhaben? Ich bin eine Frau, das sagte sie Anfangs noch, lebe von meinem Mann zwar getrennt, aber in der größten Einsamkeit. Ich lese, ich zeichne, ich male. Ich bilde meinen Geist, wie jene Griechin that, – denke Dir, ich wiederhole wörtlich – Aspasia, der ich zwar an Schönheit nicht gleiche“ – sie glich ihr in diesem Augenblicke wirklich so, daß mir im
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/199>, abgerufen am 16.02.2025. |