Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Geist eine Bestellung bei meinem Vater vorschwebte, die ihn gezwungen haben würde, sie zum Modell zu nehmen. "Die ich aber, fuhr sie fort, vollkommen zu würdigen verstehe - nämlich Aspasien. Der Umgang mit geistvollen Männern ist das Einzige, was Frauen von Verstand wahrhaft beglücken kann, alles Uebrige ist dummes Zeug und hat nur für den Moment und leider für die Mehrzahl unseres Geschlechts, das aus Gänsen besteht, Werth. Graf Treuenfels hat mir immer gesagt, sprach sie, träumerisch den schönen Kopf aufstützend, Aspasia war die Befreierin der Frauen aus dem dunkeln, abscheulichen Hinterhofe, wo die Mütter, Gattinnen, Schwestern, Kinder bei den Griechen leben mußten mit den Sklaven und Köchen zusammen, während die Männer wohlgemuth die Volksversammlungen und die Theater besuchten. Ei, sieh doch! sagte sie ganz naiv. Da liefen der Aspasia, die von anderwärts gekommen war, alle jungen Mädchen in Athen nach, stiegen über die Mauern - und blos, weil sie bei dieser gebildeten Person etwas lernen wollten, vor Allem, wie man mit Männern umgeht und für sie einen Werth erringen kann! Unsere Putz- und Vergnügungssucht ist ja doch ganz erbärmlich -!" Eine lange Pause trat ein. Dann sagte Graf Udo: Ich kann nur wie im Parlamente sagen: Hört! Hört! Aber, fuhr er fort, Geist eine Bestellung bei meinem Vater vorschwebte, die ihn gezwungen haben würde, sie zum Modell zu nehmen. „Die ich aber, fuhr sie fort, vollkommen zu würdigen verstehe – nämlich Aspasien. Der Umgang mit geistvollen Männern ist das Einzige, was Frauen von Verstand wahrhaft beglücken kann, alles Uebrige ist dummes Zeug und hat nur für den Moment und leider für die Mehrzahl unseres Geschlechts, das aus Gänsen besteht, Werth. Graf Treuenfels hat mir immer gesagt, sprach sie, träumerisch den schönen Kopf aufstützend, Aspasia war die Befreierin der Frauen aus dem dunkeln, abscheulichen Hinterhofe, wo die Mütter, Gattinnen, Schwestern, Kinder bei den Griechen leben mußten mit den Sklaven und Köchen zusammen, während die Männer wohlgemuth die Volksversammlungen und die Theater besuchten. Ei, sieh doch! sagte sie ganz naiv. Da liefen der Aspasia, die von anderwärts gekommen war, alle jungen Mädchen in Athen nach, stiegen über die Mauern – und blos, weil sie bei dieser gebildeten Person etwas lernen wollten, vor Allem, wie man mit Männern umgeht und für sie einen Werth erringen kann! Unsere Putz- und Vergnügungssucht ist ja doch ganz erbärmlich –!“ Eine lange Pause trat ein. Dann sagte Graf Udo: Ich kann nur wie im Parlamente sagen: Hört! Hört! Aber, fuhr er fort, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0200" n="194"/> Geist eine Bestellung bei meinem Vater vorschwebte, die ihn gezwungen haben würde, sie zum Modell zu nehmen. „Die ich aber, fuhr sie fort, vollkommen zu würdigen verstehe – nämlich Aspasien. Der Umgang mit geistvollen Männern ist das Einzige, was Frauen von Verstand wahrhaft beglücken kann, alles Uebrige ist dummes Zeug und hat nur für den Moment und leider für die Mehrzahl unseres Geschlechts, das aus Gänsen besteht, Werth. Graf Treuenfels hat mir immer gesagt, sprach sie, träumerisch den schönen Kopf aufstützend, Aspasia war die Befreierin der Frauen aus dem dunkeln, abscheulichen Hinterhofe, wo die Mütter, Gattinnen, Schwestern, Kinder bei den Griechen leben mußten mit den Sklaven und Köchen zusammen, während die Männer wohlgemuth die Volksversammlungen und die Theater besuchten. Ei, sieh doch! sagte sie ganz naiv. Da liefen der Aspasia, die von anderwärts gekommen war, alle jungen Mädchen in Athen nach, stiegen über die Mauern – und blos, weil sie bei dieser gebildeten Person etwas lernen wollten, vor Allem, wie man mit Männern umgeht und für sie einen Werth erringen kann! Unsere Putz- und Vergnügungssucht ist ja doch ganz erbärmlich –!“ </p> <p>Eine lange Pause trat ein. </p> <p>Dann sagte Graf Udo: Ich kann nur wie im Parlamente sagen: Hört! Hört! Aber, fuhr er fort, </p> </div> </body> </text> </TEI> [194/0200]
Geist eine Bestellung bei meinem Vater vorschwebte, die ihn gezwungen haben würde, sie zum Modell zu nehmen. „Die ich aber, fuhr sie fort, vollkommen zu würdigen verstehe – nämlich Aspasien. Der Umgang mit geistvollen Männern ist das Einzige, was Frauen von Verstand wahrhaft beglücken kann, alles Uebrige ist dummes Zeug und hat nur für den Moment und leider für die Mehrzahl unseres Geschlechts, das aus Gänsen besteht, Werth. Graf Treuenfels hat mir immer gesagt, sprach sie, träumerisch den schönen Kopf aufstützend, Aspasia war die Befreierin der Frauen aus dem dunkeln, abscheulichen Hinterhofe, wo die Mütter, Gattinnen, Schwestern, Kinder bei den Griechen leben mußten mit den Sklaven und Köchen zusammen, während die Männer wohlgemuth die Volksversammlungen und die Theater besuchten. Ei, sieh doch! sagte sie ganz naiv. Da liefen der Aspasia, die von anderwärts gekommen war, alle jungen Mädchen in Athen nach, stiegen über die Mauern – und blos, weil sie bei dieser gebildeten Person etwas lernen wollten, vor Allem, wie man mit Männern umgeht und für sie einen Werth erringen kann! Unsere Putz- und Vergnügungssucht ist ja doch ganz erbärmlich –!“
Eine lange Pause trat ein.
Dann sagte Graf Udo: Ich kann nur wie im Parlamente sagen: Hört! Hört! Aber, fuhr er fort,
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