Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Nun, nun, nun, nun -! unterbrach des Sohnes ruhige Rede das Poltern des Alten. Man hatte hier das eigenthümlich moderne Verhältniß: Zwei Generationen, die ihre Plätze wechselten. Die jüngere ist die ruhigere, die ältere die aufgeregtere. Der Sohn, nicht etwa phlegmatisch, im Gegentheil, eine strebsame, fleißige, weitblickende Natur, hatte den Krieg mitgemacht, trug ein Ehrenzeichen und war Offizier der Reserve. Der Vater dagegen war beinahe Phantast, zuweilen ganz unklar, doch blieb er liebenswürdig für den, der sich in den Grund seines Wesens vertiefen konnte; er war ein offnes Buch dem Sohne, seiner lieblichen Tochter, seiner edlen Gattin, ein Buch, in dem sie das Herrlichste und Beste lasen, während der Künstler gegen diesen Inhalt seines Herzens zuweilen protestirte, sich vielmehr aller Leidenschaften anklagte und eine wahre Hölle im Busen zu tragen behauptete. Seine drei Lebensgenossen lachten dann herzlich und noch immer war das Schicksal so hold und freundlich gewesen, daß alle ihre guten Voraussetzungen vom Leben und dem guten Willen der Menschen wahrgemacht wurden. In einiger Entfernung lag ein alterthümlicher Palast. Siehe da! sagte der Sohn. In dem Palast da dinirte ich gestern! Graf Treuenfels, mein alter Studiengenosse, hielt mich fest den ganzen Tag! Den Abend war ich Nun, nun, nun, nun –! unterbrach des Sohnes ruhige Rede das Poltern des Alten. Man hatte hier das eigenthümlich moderne Verhältniß: Zwei Generationen, die ihre Plätze wechselten. Die jüngere ist die ruhigere, die ältere die aufgeregtere. Der Sohn, nicht etwa phlegmatisch, im Gegentheil, eine strebsame, fleißige, weitblickende Natur, hatte den Krieg mitgemacht, trug ein Ehrenzeichen und war Offizier der Reserve. Der Vater dagegen war beinahe Phantast, zuweilen ganz unklar, doch blieb er liebenswürdig für den, der sich in den Grund seines Wesens vertiefen konnte; er war ein offnes Buch dem Sohne, seiner lieblichen Tochter, seiner edlen Gattin, ein Buch, in dem sie das Herrlichste und Beste lasen, während der Künstler gegen diesen Inhalt seines Herzens zuweilen protestirte, sich vielmehr aller Leidenschaften anklagte und eine wahre Hölle im Busen zu tragen behauptete. Seine drei Lebensgenossen lachten dann herzlich und noch immer war das Schicksal so hold und freundlich gewesen, daß alle ihre guten Voraussetzungen vom Leben und dem guten Willen der Menschen wahrgemacht wurden. In einiger Entfernung lag ein alterthümlicher Palast. Siehe da! sagte der Sohn. In dem Palast da dinirte ich gestern! Graf Treuenfels, mein alter Studiengenosse, hielt mich fest den ganzen Tag! Den Abend war ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="16"/> Nun, nun, nun, nun –! unterbrach des Sohnes ruhige Rede das Poltern des Alten. Man hatte hier das eigenthümlich moderne Verhältniß: Zwei Generationen, die ihre Plätze wechselten. Die jüngere ist die ruhigere, die ältere die aufgeregtere. Der Sohn, nicht etwa phlegmatisch, im Gegentheil, eine strebsame, fleißige, weitblickende Natur, hatte <ref xml:id="TEXTdenKrieg" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdenKrieg">den Krieg</ref> mitgemacht, trug ein Ehrenzeichen und war Offizier der Reserve. Der Vater dagegen war beinahe Phantast, zuweilen ganz unklar, doch blieb er liebenswürdig für den, der sich in den Grund seines Wesens vertiefen konnte; er war ein offnes Buch dem Sohne, seiner lieblichen Tochter, seiner edlen Gattin, ein Buch, in dem sie das Herrlichste und Beste lasen, während der Künstler gegen diesen Inhalt seines Herzens zuweilen protestirte, sich vielmehr aller Leidenschaften anklagte und eine wahre Hölle im Busen zu tragen behauptete. Seine drei Lebensgenossen lachten dann herzlich und noch immer war das Schicksal so hold und freundlich gewesen, daß alle ihre guten Voraussetzungen vom Leben und dem guten Willen der Menschen wahrgemacht wurden. </p> <p>In einiger Entfernung lag ein alterthümlicher Palast. Siehe da! sagte der Sohn. In dem Palast da dinirte ich gestern! Graf Treuenfels, mein alter Studiengenosse, hielt mich fest den ganzen Tag! Den Abend war ich </p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0022]
Nun, nun, nun, nun –! unterbrach des Sohnes ruhige Rede das Poltern des Alten. Man hatte hier das eigenthümlich moderne Verhältniß: Zwei Generationen, die ihre Plätze wechselten. Die jüngere ist die ruhigere, die ältere die aufgeregtere. Der Sohn, nicht etwa phlegmatisch, im Gegentheil, eine strebsame, fleißige, weitblickende Natur, hatte den Krieg mitgemacht, trug ein Ehrenzeichen und war Offizier der Reserve. Der Vater dagegen war beinahe Phantast, zuweilen ganz unklar, doch blieb er liebenswürdig für den, der sich in den Grund seines Wesens vertiefen konnte; er war ein offnes Buch dem Sohne, seiner lieblichen Tochter, seiner edlen Gattin, ein Buch, in dem sie das Herrlichste und Beste lasen, während der Künstler gegen diesen Inhalt seines Herzens zuweilen protestirte, sich vielmehr aller Leidenschaften anklagte und eine wahre Hölle im Busen zu tragen behauptete. Seine drei Lebensgenossen lachten dann herzlich und noch immer war das Schicksal so hold und freundlich gewesen, daß alle ihre guten Voraussetzungen vom Leben und dem guten Willen der Menschen wahrgemacht wurden.
In einiger Entfernung lag ein alterthümlicher Palast. Siehe da! sagte der Sohn. In dem Palast da dinirte ich gestern! Graf Treuenfels, mein alter Studiengenosse, hielt mich fest den ganzen Tag! Den Abend war ich
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