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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

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berechnet denn überhaupt im Rausche eines Eindrucks das Alter der bewegenden Ursache? Die Erwägung alles dessen, wodurch etwa die Natur verletzt würde, überläßt ja ein Mann lediglich dem kälter prüfenden Weibe. Was zog mich zu Gabrielen? Ich war erstaunt, bei einer an sich nicht gebildeten Frau große Gefühle anzutreffen. Ich lernte diese kennen, als ich sie verurtheilt sah, in kleinen Verhältnissen zu leben. Das ist schrecklich, große Regungen haben, das Herz voll und mächtig wie mit Riesenentwürfen schlagen fühlen, und dann Alles klein, beengend, ja jämmerlich und erbärmlich um sich her zu finden. Mich rührte das Loos dieser Frau. Ihr Mann war ein roher, dann ein kindisch gewordener Titel- und Ordensjäger. Er hinterließ ein zerrüttetes Geschäft, eine übel berathene Wittwe, einen Sohn, der sich schon früh anschickte, dem Vater in Allem zu gleichen - ich fürchte ihn nicht! deutete der rücksichtslos wie mit dem ganzen Hause Sprechende auf den Hintergrund, wo ihn Martha auf die kommende und gehende Bewegung, das Treppauf Treppab aufmerksam machte. Ich habe Waffen gegen ihn! Diesen sollte ich erziehen. Ich versuchte es. Dann gab ich den Unverbesserlichen in ein Rauhes Haus, in ein Gymnasium der Strenge in Thüringen. Mit Anweisungen, die größte Energie gegen ihn in Anwendung zu bringen! Da entstand dann jener Roman, den ich

berechnet denn überhaupt im Rausche eines Eindrucks das Alter der bewegenden Ursache? Die Erwägung alles dessen, wodurch etwa die Natur verletzt würde, überläßt ja ein Mann lediglich dem kälter prüfenden Weibe. Was zog mich zu Gabrielen? Ich war erstaunt, bei einer an sich nicht gebildeten Frau große Gefühle anzutreffen. Ich lernte diese kennen, als ich sie verurtheilt sah, in kleinen Verhältnissen zu leben. Das ist schrecklich, große Regungen haben, das Herz voll und mächtig wie mit Riesenentwürfen schlagen fühlen, und dann Alles klein, beengend, ja jämmerlich und erbärmlich um sich her zu finden. Mich rührte das Loos dieser Frau. Ihr Mann war ein roher, dann ein kindisch gewordener Titel- und Ordensjäger. Er hinterließ ein zerrüttetes Geschäft, eine übel berathene Wittwe, einen Sohn, der sich schon früh anschickte, dem Vater in Allem zu gleichen – ich fürchte ihn nicht! deutete der rücksichtslos wie mit dem ganzen Hause Sprechende auf den Hintergrund, wo ihn Martha auf die kommende und gehende Bewegung, das Treppauf Treppab aufmerksam machte. Ich habe Waffen gegen ihn! Diesen sollte ich erziehen. Ich versuchte es. Dann gab ich den Unverbesserlichen in ein Rauhes Haus, in ein Gymnasium der Strenge in Thüringen. Mit Anweisungen, die größte Energie gegen ihn in Anwendung zu bringen! Da entstand dann jener Roman, den ich

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[245/0251] berechnet denn überhaupt im Rausche eines Eindrucks das Alter der bewegenden Ursache? Die Erwägung alles dessen, wodurch etwa die Natur verletzt würde, überläßt ja ein Mann lediglich dem kälter prüfenden Weibe. Was zog mich zu Gabrielen? Ich war erstaunt, bei einer an sich nicht gebildeten Frau große Gefühle anzutreffen. Ich lernte diese kennen, als ich sie verurtheilt sah, in kleinen Verhältnissen zu leben. Das ist schrecklich, große Regungen haben, das Herz voll und mächtig wie mit Riesenentwürfen schlagen fühlen, und dann Alles klein, beengend, ja jämmerlich und erbärmlich um sich her zu finden. Mich rührte das Loos dieser Frau. Ihr Mann war ein roher, dann ein kindisch gewordener Titel- und Ordensjäger. Er hinterließ ein zerrüttetes Geschäft, eine übel berathene Wittwe, einen Sohn, der sich schon früh anschickte, dem Vater in Allem zu gleichen – ich fürchte ihn nicht! deutete der rücksichtslos wie mit dem ganzen Hause Sprechende auf den Hintergrund, wo ihn Martha auf die kommende und gehende Bewegung, das Treppauf Treppab aufmerksam machte. Ich habe Waffen gegen ihn! Diesen sollte ich erziehen. Ich versuchte es. Dann gab ich den Unverbesserlichen in ein Rauhes Haus, in ein Gymnasium der Strenge in Thüringen. Mit Anweisungen, die größte Energie gegen ihn in Anwendung zu bringen! Da entstand dann jener Roman, den ich

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/251>, abgerufen am 21.11.2024.