Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Sie nur bitten wollte, nicht mehr "Frau Commerzienrath" zu nennen. Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben! Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran? Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser - Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen - Sie nur bitten wollte, nicht mehr „Frau Commerzienrath“ zu nennen. Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben! Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran? Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser – Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0252" n="246"/> Sie nur bitten wollte, nicht mehr „Frau Commerzienrath“ zu nennen. </p> <p>Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben! </p> <p>Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran? </p> <p>Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser – Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen –</p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0252]
Sie nur bitten wollte, nicht mehr „Frau Commerzienrath“ zu nennen.
Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben!
Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran?
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