Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

gewählt! So kauft man sich auch gleichsam von der Verpflichtung für das Schöne und Erhabene durch den Kunstverein ab! Für 5 Thaler jährlich erhält man das Recht, sich das ganze Jahr über um keinen Kunstgegenstand mehr zu bekümmern! Nicht so, Meister Althing ?

Er muß durchaus von manchen Menschen Beifall haben! brummte Althing unhörbar. Der sogenannte "allgemeine Beifall" genügt ihm gar nicht mehr. Und als sich aus Triesels Bemerkung ein allgemeines Seufzen: Wie soll es besser werden? entwickelt hatte, antwortete Althing endlich mit kräftiger Stimme: Wenn sich Jeder befreit von seiner Ichsucht! Eine Welt auch noch hat außer seinem Jagen nach Ehre, Auszeichnung, Verdienst! Und das von oben an, von der äußersten Spitze herab. Denn in den Kirchen gesehen werden, oder in der Comödie, das ist Nichts für den Beweis von Respect vor dem Weltgeist. Die gewohnten Gleise gehen, durch diese oder jene Handlung, deren Motive auf Gefühl deuten sollen und höchstens Vorhandensein von etwas Takt verbürgen, sonst aber niemals den Lauf der Alltäglichkeit, das Streben nach Macht, das Zertreten seiner Gegner unterbrechen, das kann die innere Einkehr nicht sein, die ich meine. O verbraucht nur recht die alten Ueberlieferungen und werft sie wie Rechenpfennige aus,

gewählt! So kauft man sich auch gleichsam von der Verpflichtung für das Schöne und Erhabene durch den Kunstverein ab! Für 5 Thaler jährlich erhält man das Recht, sich das ganze Jahr über um keinen Kunstgegenstand mehr zu bekümmern! Nicht so, Meister Althing ?

Er muß durchaus von manchen Menschen Beifall haben! brummte Althing unhörbar. Der sogenannte „allgemeine Beifall“ genügt ihm gar nicht mehr. Und als sich aus Triesels Bemerkung ein allgemeines Seufzen: Wie soll es besser werden? entwickelt hatte, antwortete Althing endlich mit kräftiger Stimme: Wenn sich Jeder befreit von seiner Ichsucht! Eine Welt auch noch hat außer seinem Jagen nach Ehre, Auszeichnung, Verdienst! Und das von oben an, von der äußersten Spitze herab. Denn in den Kirchen gesehen werden, oder in der Comödie, das ist Nichts für den Beweis von Respect vor dem Weltgeist. Die gewohnten Gleise gehen, durch diese oder jene Handlung, deren Motive auf Gefühl deuten sollen und höchstens Vorhandensein von etwas Takt verbürgen, sonst aber niemals den Lauf der Alltäglichkeit, das Streben nach Macht, das Zertreten seiner Gegner unterbrechen, das kann die innere Einkehr nicht sein, die ich meine. O verbraucht nur recht die alten Ueberlieferungen und werft sie wie Rechenpfennige aus,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0057" n="51"/>
gewählt! So kauft man sich auch gleichsam von der Verpflichtung für das Schöne und Erhabene durch den <ref xml:id="TEXTKunstverein" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLKunstverein">Kunstverein</ref> ab! Für 5 Thaler jährlich erhält man das Recht, sich das ganze Jahr über um keinen Kunstgegenstand mehr zu bekümmern! Nicht so, Meister Althing ? </p>
        <p>Er muß durchaus von manchen Menschen Beifall haben! brummte Althing unhörbar. <ref xml:id="TEXTDersogenannteBISBeifall" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDersogenannteBISBeifall">Der sogenannte &#x201E;allgemeine Beifall</ref>&#x201C; genügt ihm gar nicht mehr. Und als sich aus Triesels Bemerkung ein allgemeines Seufzen: Wie soll es besser werden? entwickelt hatte, antwortete Althing endlich mit kräftiger Stimme: Wenn sich Jeder befreit von seiner Ichsucht! Eine Welt auch noch hat außer seinem Jagen nach Ehre, Auszeichnung, Verdienst! Und das von oben an, von der äußersten Spitze herab. Denn in den Kirchen gesehen werden, oder in der Comödie, das ist Nichts für den Beweis von Respect vor dem Weltgeist. Die gewohnten Gleise gehen, durch diese oder jene Handlung, deren Motive auf Gefühl deuten sollen und höchstens Vorhandensein von etwas Takt verbürgen, sonst aber niemals den Lauf der Alltäglichkeit, das Streben nach Macht, das Zertreten seiner Gegner unterbrechen, das kann die innere Einkehr nicht sein, die ich meine. O verbraucht nur recht die alten Ueberlieferungen und werft sie wie <ref xml:id="TEXTRechenpfennige" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLRechenpfennige">Rechenpfennige</ref> aus,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0057] gewählt! So kauft man sich auch gleichsam von der Verpflichtung für das Schöne und Erhabene durch den Kunstverein ab! Für 5 Thaler jährlich erhält man das Recht, sich das ganze Jahr über um keinen Kunstgegenstand mehr zu bekümmern! Nicht so, Meister Althing ? Er muß durchaus von manchen Menschen Beifall haben! brummte Althing unhörbar. Der sogenannte „allgemeine Beifall“ genügt ihm gar nicht mehr. Und als sich aus Triesels Bemerkung ein allgemeines Seufzen: Wie soll es besser werden? entwickelt hatte, antwortete Althing endlich mit kräftiger Stimme: Wenn sich Jeder befreit von seiner Ichsucht! Eine Welt auch noch hat außer seinem Jagen nach Ehre, Auszeichnung, Verdienst! Und das von oben an, von der äußersten Spitze herab. Denn in den Kirchen gesehen werden, oder in der Comödie, das ist Nichts für den Beweis von Respect vor dem Weltgeist. Die gewohnten Gleise gehen, durch diese oder jene Handlung, deren Motive auf Gefühl deuten sollen und höchstens Vorhandensein von etwas Takt verbürgen, sonst aber niemals den Lauf der Alltäglichkeit, das Streben nach Macht, das Zertreten seiner Gegner unterbrechen, das kann die innere Einkehr nicht sein, die ich meine. O verbraucht nur recht die alten Ueberlieferungen und werft sie wie Rechenpfennige aus,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/57
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/57>, abgerufen am 18.12.2024.