Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Accolade lassen wir auf gelegenere Zeit! Es war still um sie her. Die Bäume standen feierlich. Fern rauschte das großstädtische Gewühl. Beiden mußte dasselbe Bild vor Augen geblieben sein, das kleine Zimmer im vierten Stock eines an sich prachtvollen Hauses, das man auf Teppichen beschritt. Die Treppe war von Marmor, das Geländer Gußeisen in gefälligster Gestaltung. Nur die Möglichkeit, im Garten ein Atelier zu haben, hatte für die Wahl dieser sonderbaren Wohnung unterm Dach entscheiden können. Ein Maler hätte das trauliche Beisammensein, die Beleuchtung durch ein halbgedämpftes Lampenlicht, die frugale Mahlzeit, das Erröthen, das Lächeln, Selbstbedienen, Vorlegen Helenens, die scheue prüfende Zurückhaltung des Grafen, der von Ada von Forbeck nur flüchtig sprach, wiederzugeben versucht sein können. Es giebt Bilder, von denen man Nichts als das Licht und die von ihm bestrahlten Physiognomieen behält. Natürlich war später das Gespräch auch auf die geheimnißvolle, Ottomar übertragene Mission zurückgekommen. In einem Fichtenhain, wo sich manche in seinem Bereich aufgestellte Marmorstatue vor dem Gesindel zu schämen scheint, das hier nicht selten nächtlich zu lagern wagt, hatte der Graf nach längerer Pause ausgerufen: Mein armer Onkel Wilhelm! Ich lese jetzt in seinem Nachlaß! Alles war doch edel und gut an ihm! Accolade lassen wir auf gelegenere Zeit! Es war still um sie her. Die Bäume standen feierlich. Fern rauschte das großstädtische Gewühl. Beiden mußte dasselbe Bild vor Augen geblieben sein, das kleine Zimmer im vierten Stock eines an sich prachtvollen Hauses, das man auf Teppichen beschritt. Die Treppe war von Marmor, das Geländer Gußeisen in gefälligster Gestaltung. Nur die Möglichkeit, im Garten ein Atelier zu haben, hatte für die Wahl dieser sonderbaren Wohnung unterm Dach entscheiden können. Ein Maler hätte das trauliche Beisammensein, die Beleuchtung durch ein halbgedämpftes Lampenlicht, die frugale Mahlzeit, das Erröthen, das Lächeln, Selbstbedienen, Vorlegen Helenens, die scheue prüfende Zurückhaltung des Grafen, der von Ada von Forbeck nur flüchtig sprach, wiederzugeben versucht sein können. Es giebt Bilder, von denen man Nichts als das Licht und die von ihm bestrahlten Physiognomieen behält. Natürlich war später das Gespräch auch auf die geheimnißvolle, Ottomar übertragene Mission zurückgekommen. In einem Fichtenhain, wo sich manche in seinem Bereich aufgestellte Marmorstatue vor dem Gesindel zu schämen scheint, das hier nicht selten nächtlich zu lagern wagt, hatte der Graf nach längerer Pause ausgerufen: Mein armer Onkel Wilhelm! Ich lese jetzt in seinem Nachlaß! Alles war doch edel und gut an ihm! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="60"/><ref xml:id="TEXTAccolade" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLAccolade">Accolade</ref> lassen wir auf gelegenere Zeit! Es war still um sie her. Die Bäume standen feierlich. Fern rauschte das großstädtische Gewühl. Beiden mußte dasselbe Bild vor Augen geblieben sein, das kleine Zimmer im vierten Stock eines an sich prachtvollen Hauses, das man auf Teppichen beschritt. Die Treppe war von Marmor, das Geländer Gußeisen in gefälligster Gestaltung. Nur die Möglichkeit, im Garten ein Atelier zu haben, hatte für die Wahl dieser sonderbaren Wohnung unterm Dach entscheiden können. Ein Maler hätte das trauliche Beisammensein, die Beleuchtung durch ein halbgedämpftes Lampenlicht, die frugale Mahlzeit, das Erröthen, das Lächeln, Selbstbedienen, Vorlegen Helenens, die scheue prüfende Zurückhaltung des Grafen, der von Ada von Forbeck nur flüchtig sprach, wiederzugeben versucht sein können. Es giebt Bilder, von denen man Nichts als das Licht und die von ihm bestrahlten Physiognomieen behält. </p> <p>Natürlich war später das Gespräch auch auf die geheimnißvolle, Ottomar übertragene Mission zurückgekommen. In einem Fichtenhain, wo sich manche in seinem Bereich aufgestellte Marmorstatue vor dem Gesindel zu schämen scheint, das hier nicht selten nächtlich zu lagern wagt, hatte der Graf nach längerer Pause ausgerufen: Mein armer Onkel Wilhelm! Ich lese jetzt in seinem Nachlaß! Alles war doch edel und gut an ihm! </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0066]
Accolade lassen wir auf gelegenere Zeit! Es war still um sie her. Die Bäume standen feierlich. Fern rauschte das großstädtische Gewühl. Beiden mußte dasselbe Bild vor Augen geblieben sein, das kleine Zimmer im vierten Stock eines an sich prachtvollen Hauses, das man auf Teppichen beschritt. Die Treppe war von Marmor, das Geländer Gußeisen in gefälligster Gestaltung. Nur die Möglichkeit, im Garten ein Atelier zu haben, hatte für die Wahl dieser sonderbaren Wohnung unterm Dach entscheiden können. Ein Maler hätte das trauliche Beisammensein, die Beleuchtung durch ein halbgedämpftes Lampenlicht, die frugale Mahlzeit, das Erröthen, das Lächeln, Selbstbedienen, Vorlegen Helenens, die scheue prüfende Zurückhaltung des Grafen, der von Ada von Forbeck nur flüchtig sprach, wiederzugeben versucht sein können. Es giebt Bilder, von denen man Nichts als das Licht und die von ihm bestrahlten Physiognomieen behält.
Natürlich war später das Gespräch auch auf die geheimnißvolle, Ottomar übertragene Mission zurückgekommen. In einem Fichtenhain, wo sich manche in seinem Bereich aufgestellte Marmorstatue vor dem Gesindel zu schämen scheint, das hier nicht selten nächtlich zu lagern wagt, hatte der Graf nach längerer Pause ausgerufen: Mein armer Onkel Wilhelm! Ich lese jetzt in seinem Nachlaß! Alles war doch edel und gut an ihm!
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