Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Das allzuhäufige Auf-die-Finger-sehen liebte er nicht.

Wo die Mandeln röthlich glühn - fiel Helene ein, um die Schärfe der väterlichen Erwiderung zu mildern.

Und die Rosen schöner blühn, glauben Sie? fiel der Graf wieder ein und sog die Lichtstrahlen, die aus Helenens großen blauen Augen fielen, ein. Glauben Sie doch das nicht, Fräulein! Deutschland hat viel schönere Rosen, als Portugal!

Der Vater unterbrach diese Unterhaltung mit dem Poltern über das Nichtvorhandensein von Stühlen, da Alles mit Zeichnungen und Gypsmodellen belegt war.

Aber Graf Udo hatte schon den Fenstersims als Sitz erkoren, dicht neben dem Schemel des Meisters. Das doppelte Licht, das von oben und durch die Fenster fiel, gab allen Köpfen einen schärfern Ausdruck, hob die Schönheit dessen, der schön war, das Charakteristische da, wo man Charakter besaß. Mit scharfem Blick musterte der Graf aus geziemender Entfernung Althings Arbeit. Wie schöne Sachen Sie hier ringsum haben! sagte er und musterte dabei die Wände, die Winkel und sah doch immer nur auf die lichtbestrahlte goldhaarige Helene, die über die Rosen Deutschlands ihre Stickerei wieder vorgenommen hatte, und nach mehrfachem Bezeichnen des vom Grafen an den Wänden Entdeckten, ein auffallendes

Das allzuhäufige Auf-die-Finger-sehen liebte er nicht.

Wo die Mandeln röthlich glühn – fiel Helene ein, um die Schärfe der väterlichen Erwiderung zu mildern.

Und die Rosen schöner blühn, glauben Sie? fiel der Graf wieder ein und sog die Lichtstrahlen, die aus Helenens großen blauen Augen fielen, ein. Glauben Sie doch das nicht, Fräulein! Deutschland hat viel schönere Rosen, als Portugal!

Der Vater unterbrach diese Unterhaltung mit dem Poltern über das Nichtvorhandensein von Stühlen, da Alles mit Zeichnungen und Gypsmodellen belegt war.

Aber Graf Udo hatte schon den Fenstersims als Sitz erkoren, dicht neben dem Schemel des Meisters. Das doppelte Licht, das von oben und durch die Fenster fiel, gab allen Köpfen einen schärfern Ausdruck, hob die Schönheit dessen, der schön war, das Charakteristische da, wo man Charakter besaß. Mit scharfem Blick musterte der Graf aus geziemender Entfernung Althings Arbeit. Wie schöne Sachen Sie hier ringsum haben! sagte er und musterte dabei die Wände, die Winkel und sah doch immer nur auf die lichtbestrahlte goldhaarige Helene, die über die Rosen Deutschlands ihre Stickerei wieder vorgenommen hatte, und nach mehrfachem Bezeichnen des vom Grafen an den Wänden Entdeckten, ein auffallendes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="88"/>
Das allzuhäufige Auf-die-Finger-sehen liebte er  nicht. </p>
        <p><ref xml:id="TEXTWodieBISgluehn" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLWodieBISgluehn">Wo die Mandeln röthlich  glühn</ref> &#x2013; fiel Helene ein, um die Schärfe der väterlichen Erwiderung zu  mildern. </p>
        <p>Und die Rosen schöner blühn, glauben Sie? fiel der Graf wieder  ein und sog die Lichtstrahlen, die aus Helenens großen blauen Augen fielen,  ein. Glauben Sie doch das nicht, Fräulein! Deutschland hat viel schönere  Rosen, als Portugal! </p>
        <p>Der Vater unterbrach diese Unterhaltung mit dem Poltern über das  Nichtvorhandensein von Stühlen, da Alles mit Zeichnungen und Gypsmodellen  belegt war. </p>
        <p>Aber Graf Udo hatte schon den Fenstersims als Sitz erkoren,  dicht neben dem Schemel des Meisters. Das doppelte Licht, das von oben und  durch die Fenster fiel, gab allen Köpfen einen schärfern Ausdruck, hob die  Schönheit dessen, der schön war, das Charakteristische da, wo man Charakter  besaß. Mit scharfem Blick musterte der Graf aus geziemender Entfernung  Althings Arbeit. Wie schöne Sachen Sie hier ringsum haben! sagte er und  musterte dabei die Wände, die Winkel und sah doch immer nur auf die  lichtbestrahlte goldhaarige Helene, die über die Rosen Deutschlands ihre  Stickerei wieder vorgenommen hatte, und nach mehrfachem Bezeichnen des vom  Grafen an den Wänden Entdeckten, ein auffallendes
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0094] Das allzuhäufige Auf-die-Finger-sehen liebte er nicht. Wo die Mandeln röthlich glühn – fiel Helene ein, um die Schärfe der väterlichen Erwiderung zu mildern. Und die Rosen schöner blühn, glauben Sie? fiel der Graf wieder ein und sog die Lichtstrahlen, die aus Helenens großen blauen Augen fielen, ein. Glauben Sie doch das nicht, Fräulein! Deutschland hat viel schönere Rosen, als Portugal! Der Vater unterbrach diese Unterhaltung mit dem Poltern über das Nichtvorhandensein von Stühlen, da Alles mit Zeichnungen und Gypsmodellen belegt war. Aber Graf Udo hatte schon den Fenstersims als Sitz erkoren, dicht neben dem Schemel des Meisters. Das doppelte Licht, das von oben und durch die Fenster fiel, gab allen Köpfen einen schärfern Ausdruck, hob die Schönheit dessen, der schön war, das Charakteristische da, wo man Charakter besaß. Mit scharfem Blick musterte der Graf aus geziemender Entfernung Althings Arbeit. Wie schöne Sachen Sie hier ringsum haben! sagte er und musterte dabei die Wände, die Winkel und sah doch immer nur auf die lichtbestrahlte goldhaarige Helene, die über die Rosen Deutschlands ihre Stickerei wieder vorgenommen hatte, und nach mehrfachem Bezeichnen des vom Grafen an den Wänden Entdeckten, ein auffallendes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/94
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/94>, abgerufen am 21.11.2024.