Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.dinnen der Mutter. Dennoch entwickelte es sich körperlich und geistig, nur daß zugleich sein Wesen Trotz und Freiheitssucht wurde. Im achten Jahre entlief sie mir! Ich hatte sie da mit nach Ungarn genommen. Meine Stationen wechselten. In Herrmannstadt hatte ich sie einer braven Pfarrersfamilie übergeben. Die wurde von ihr bei Nacht und Nebel verlassen! Zwei Jahre war das unglückliche Kind vollständig verschollen! Denken Sie sich meine Aufregung! Denn wenn auch nicht Liebe, doch Pflichtgefühl bindet mich an sie - Ottomar hörte nur und Alles voll Staunen. Ja, wo war sie denn so lange? fragte er, unfähig, sich eine Combination zu machen. Nach ihren späteren Aussagen, fuhr der Erzähler fort, redete sie auf der Landstraße eine in einer Carosse vorüberfahrende elegante Dame an. Die Dame hatte Dienerschaft in Livree hinter sich. Die Frau nahm die Verschmachtete in den Wagen und reiste mit ihr südwärts, der türkischen Grenze zu. Erst später erfuhr ich den Namen der Stadt, wo die Besitzungen dieser Frau liegen sollten, Krajowa. Ottomar schüttelte sein Haupt. Schon die fremden Namen der Städte hatten etwas Erschreckendes. Ist das die Ugarti? fragte er den Geometer, der jetzt schwieg. Und die Ankündigungen Ihres Verlustes, fuhr Ottomar dinnen der Mutter. Dennoch entwickelte es sich körperlich und geistig, nur daß zugleich sein Wesen Trotz und Freiheitssucht wurde. Im achten Jahre entlief sie mir! Ich hatte sie da mit nach Ungarn genommen. Meine Stationen wechselten. In Herrmannstadt hatte ich sie einer braven Pfarrersfamilie übergeben. Die wurde von ihr bei Nacht und Nebel verlassen! Zwei Jahre war das unglückliche Kind vollständig verschollen! Denken Sie sich meine Aufregung! Denn wenn auch nicht Liebe, doch Pflichtgefühl bindet mich an sie – Ottomar hörte nur und Alles voll Staunen. Ja, wo war sie denn so lange? fragte er, unfähig, sich eine Combination zu machen. Nach ihren späteren Aussagen, fuhr der Erzähler fort, redete sie auf der Landstraße eine in einer Carosse vorüberfahrende elegante Dame an. Die Dame hatte Dienerschaft in Livrée hinter sich. Die Frau nahm die Verschmachtete in den Wagen und reiste mit ihr südwärts, der türkischen Grenze zu. Erst später erfuhr ich den Namen der Stadt, wo die Besitzungen dieser Frau liegen sollten, Krajowa. Ottomar schüttelte sein Haupt. Schon die fremden Namen der Städte hatten etwas Erschreckendes. Ist das die Ugarti? fragte er den Geometer, der jetzt schwieg. Und die Ankündigungen Ihres Verlustes, fuhr Ottomar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="7"/> dinnen der Mutter. Dennoch entwickelte es sich körperlich und geistig, nur daß zugleich sein Wesen Trotz und Freiheitssucht wurde. Im achten Jahre entlief sie mir! Ich hatte sie da mit nach Ungarn genommen. Meine Stationen wechselten. In Herrmannstadt hatte ich sie einer braven Pfarrersfamilie übergeben. Die wurde von ihr bei Nacht und Nebel verlassen! Zwei Jahre war das unglückliche Kind vollständig verschollen! Denken Sie sich meine Aufregung! Denn wenn auch nicht Liebe, doch Pflichtgefühl bindet mich an sie –</p> <p>Ottomar hörte nur und Alles voll Staunen. Ja, wo war sie denn so lange? fragte er, unfähig, sich eine Combination zu machen.</p> <p>Nach ihren späteren Aussagen, fuhr der Erzähler fort, redete sie auf der Landstraße eine in einer Carosse vorüberfahrende elegante Dame an. Die Dame hatte Dienerschaft in Livrée hinter sich. Die Frau nahm die Verschmachtete in den Wagen und reiste mit ihr südwärts, der türkischen Grenze zu. Erst später erfuhr ich den Namen der Stadt, wo die Besitzungen dieser Frau liegen sollten, Krajowa.</p> <p>Ottomar schüttelte sein Haupt. Schon die fremden Namen der Städte hatten etwas Erschreckendes. Ist das die Ugarti? fragte er den Geometer, der jetzt schwieg. Und die Ankündigungen Ihres Verlustes, fuhr Ottomar </p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0013]
dinnen der Mutter. Dennoch entwickelte es sich körperlich und geistig, nur daß zugleich sein Wesen Trotz und Freiheitssucht wurde. Im achten Jahre entlief sie mir! Ich hatte sie da mit nach Ungarn genommen. Meine Stationen wechselten. In Herrmannstadt hatte ich sie einer braven Pfarrersfamilie übergeben. Die wurde von ihr bei Nacht und Nebel verlassen! Zwei Jahre war das unglückliche Kind vollständig verschollen! Denken Sie sich meine Aufregung! Denn wenn auch nicht Liebe, doch Pflichtgefühl bindet mich an sie –
Ottomar hörte nur und Alles voll Staunen. Ja, wo war sie denn so lange? fragte er, unfähig, sich eine Combination zu machen.
Nach ihren späteren Aussagen, fuhr der Erzähler fort, redete sie auf der Landstraße eine in einer Carosse vorüberfahrende elegante Dame an. Die Dame hatte Dienerschaft in Livrée hinter sich. Die Frau nahm die Verschmachtete in den Wagen und reiste mit ihr südwärts, der türkischen Grenze zu. Erst später erfuhr ich den Namen der Stadt, wo die Besitzungen dieser Frau liegen sollten, Krajowa.
Ottomar schüttelte sein Haupt. Schon die fremden Namen der Städte hatten etwas Erschreckendes. Ist das die Ugarti? fragte er den Geometer, der jetzt schwieg. Und die Ankündigungen Ihres Verlustes, fuhr Ottomar
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