Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Der Schrank ist geöffnet. Nur das Testament habe ich vor Deinem Sohne gerettet. Willst Du es ändern, ich ergebe mich in Deinen Willen. Rufe getrost Notar und Zeugen! Damit schoß er hinaus und die Gattin war allein und weinte und rief ihm nach: Aber Otto, Otto! So höre doch -! Er hörte es nicht, daß sie ihm auch noch nachrief: Wie liebe ich Dich! Du bist mein Gott, mein Alles! Die Schwester schlug das Buch zu und wollte unwillig gehen. Verlaß mich nicht! herrschte die Kranke die kleine halbbuckelige Schwester an, so daß nun auch deren scharfe Augen zu funkeln begannen und sie grimmig an den Secretair trat, die große Blechkapsel herausriß und sagte: Nun so komm doch wenigstens, daß wir uns mit den Beweisen seiner Tugend ein Labsal machen! Ich lese solche Memoiren für mein Leben gern. Das weißt Du ja! Leider ist's Geschriebenes! In der That schlüpften beide Frauen mit dem braunlackirten und "Lettres" überschriebenen, mit chinesischen Zeichen charakterisirten Kasten in die Nebengemächer. Im Hause herrschte die lebhafteste Bewegung. Fräulein Martha zieht weg -! So ging es, wie im Lauffeuer. Ein Miethswagen stand vor dem Gitterthor. Es ging Der Schrank ist geöffnet. Nur das Testament habe ich vor Deinem Sohne gerettet. Willst Du es ändern, ich ergebe mich in Deinen Willen. Rufe getrost Notar und Zeugen! Damit schoß er hinaus und die Gattin war allein und weinte und rief ihm nach: Aber Otto, Otto! So höre doch –! Er hörte es nicht, daß sie ihm auch noch nachrief: Wie liebe ich Dich! Du bist mein Gott, mein Alles! Die Schwester schlug das Buch zu und wollte unwillig gehen. Verlaß mich nicht! herrschte die Kranke die kleine halbbuckelige Schwester an, so daß nun auch deren scharfe Augen zu funkeln begannen und sie grimmig an den Secretair trat, die große Blechkapsel herausriß und sagte: Nun so komm doch wenigstens, daß wir uns mit den Beweisen seiner Tugend ein Labsal machen! Ich lese solche Memoiren für mein Leben gern. Das weißt Du ja! Leider ist’s Geschriebenes! In der That schlüpften beide Frauen mit dem braunlackirten und „Lettres“ überschriebenen, mit chinesischen Zeichen charakterisirten Kasten in die Nebengemächer. Im Hause herrschte die lebhafteste Bewegung. Fräulein Martha zieht weg –! So ging es, wie im Lauffeuer. Ein Miethswagen stand vor dem Gitterthor. Es ging <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="24"/> Der Schrank ist geöffnet. Nur das Testament habe ich vor Deinem Sohne gerettet. Willst Du es ändern, ich ergebe mich in Deinen Willen. Rufe getrost Notar und Zeugen!</p> <p>Damit schoß er hinaus und die Gattin war allein und weinte und rief ihm nach: Aber Otto, Otto! So höre doch –!</p> <p>Er hörte es nicht, daß sie ihm auch noch nachrief: Wie liebe ich Dich! Du bist mein Gott, mein Alles!</p> <p>Die Schwester schlug das Buch zu und wollte unwillig gehen.</p> <p>Verlaß mich nicht! herrschte die Kranke die kleine halbbuckelige Schwester an, so daß nun auch deren scharfe Augen zu funkeln begannen und sie grimmig an den Secretair trat, die große Blechkapsel herausriß und sagte: Nun so komm doch wenigstens, daß wir uns mit den Beweisen seiner Tugend ein Labsal machen! Ich lese solche Memoiren für mein Leben gern. Das weißt Du ja! Leider ist’s Geschriebenes!</p> <p>In der That schlüpften beide Frauen mit dem braunlackirten und „Lettres“ überschriebenen, mit chinesischen Zeichen charakterisirten Kasten in die Nebengemächer.</p> <p>Im Hause herrschte die lebhafteste Bewegung. Fräulein Martha zieht weg –! So ging es, wie im Lauffeuer. Ein Miethswagen stand vor dem Gitterthor. Es ging </p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0030]
Der Schrank ist geöffnet. Nur das Testament habe ich vor Deinem Sohne gerettet. Willst Du es ändern, ich ergebe mich in Deinen Willen. Rufe getrost Notar und Zeugen!
Damit schoß er hinaus und die Gattin war allein und weinte und rief ihm nach: Aber Otto, Otto! So höre doch –!
Er hörte es nicht, daß sie ihm auch noch nachrief: Wie liebe ich Dich! Du bist mein Gott, mein Alles!
Die Schwester schlug das Buch zu und wollte unwillig gehen.
Verlaß mich nicht! herrschte die Kranke die kleine halbbuckelige Schwester an, so daß nun auch deren scharfe Augen zu funkeln begannen und sie grimmig an den Secretair trat, die große Blechkapsel herausriß und sagte: Nun so komm doch wenigstens, daß wir uns mit den Beweisen seiner Tugend ein Labsal machen! Ich lese solche Memoiren für mein Leben gern. Das weißt Du ja! Leider ist’s Geschriebenes!
In der That schlüpften beide Frauen mit dem braunlackirten und „Lettres“ überschriebenen, mit chinesischen Zeichen charakterisirten Kasten in die Nebengemächer.
Im Hause herrschte die lebhafteste Bewegung. Fräulein Martha zieht weg –! So ging es, wie im Lauffeuer. Ein Miethswagen stand vor dem Gitterthor. Es ging
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