Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.an bis zu ungerecht abgesetzten Regierungspräsidenten und gemaßregelten Schulrectoren! Die reiche junge Erbin, die natürliche Tochter eines ungarischen Magnaten, eines Besitzers unermeßlicher Güter, vielleicht auch eines Erzbischofs (Edwina nannte zu dem Ende jede beliebige ungarische Stadt, die ihr einfiel), hörte jedesmal den Bewerberinnen ruhig zu, forschte, ob vollständige Armuth mit ihr sprach, oder Beschränktheit, mangelnde Lebenskenntniß, Ungeschick für ihren wahren Plan, der eben darin bestand, daß eine anständige Persönlichkeit statt ihrer in den Vordergrund rückte, mit den der Kasse derselben zugesteckten Mitteln ein gleichsam selbstregiertes Haus machte und dadurch Edwina Gelegenheit gab, gleichsam im "Schatten edler Denkungsart", wie sie sagte, mehr zu glänzen, als die eigentlich "Bemutternde". Sie suchte, wie sie dem Pflegevater, der wieder auf diesen tollen Plan von Erdrosselung zu sprechen gekommen war und ihr zugleich seine Einmiethung der Großmutter auch in ihrem neuen Hinterhofe angekündigt, ganz offen sagte, Einen, "der mit ihr hereinfällt", d. h. sie für unermeßlich reich hielt. Der brummische Luzius schwieg. In diese wie von satanischen Dämonen gehütete schöne elegante Lichtwelt, die sich inzwischen Edwina schon zu schaffen begonnen hatte, verirrte sich eines Tages Martha Ehlerdt! Die Vielgeprüfte! Sie hatte an bis zu ungerecht abgesetzten Regierungspräsidenten und gemaßregelten Schulrectoren! Die reiche junge Erbin, die natürliche Tochter eines ungarischen Magnaten, eines Besitzers unermeßlicher Güter, vielleicht auch eines Erzbischofs (Edwina nannte zu dem Ende jede beliebige ungarische Stadt, die ihr einfiel), hörte jedesmal den Bewerberinnen ruhig zu, forschte, ob vollständige Armuth mit ihr sprach, oder Beschränktheit, mangelnde Lebenskenntniß, Ungeschick für ihren wahren Plan, der eben darin bestand, daß eine anständige Persönlichkeit statt ihrer in den Vordergrund rückte, mit den der Kasse derselben zugesteckten Mitteln ein gleichsam selbstregiertes Haus machte und dadurch Edwina Gelegenheit gab, gleichsam im „Schatten edler Denkungsart“, wie sie sagte, mehr zu glänzen, als die eigentlich „Bemutternde“. Sie suchte, wie sie dem Pflegevater, der wieder auf diesen tollen Plan von Erdrosselung zu sprechen gekommen war und ihr zugleich seine Einmiethung der Großmutter auch in ihrem neuen Hinterhofe angekündigt, ganz offen sagte, Einen, „der mit ihr hereinfällt“, d. h. sie für unermeßlich reich hielt. Der brummische Luzius schwieg. In diese wie von satanischen Dämonen gehütete schöne elegante Lichtwelt, die sich inzwischen Edwina schon zu schaffen begonnen hatte, verirrte sich eines Tages Martha Ehlerdt! Die Vielgeprüfte! Sie hatte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="69"/> an bis zu ungerecht abgesetzten Regierungspräsidenten und gemaßregelten Schulrectoren! Die reiche junge Erbin, die natürliche Tochter eines ungarischen Magnaten, eines Besitzers unermeßlicher Güter, vielleicht auch eines Erzbischofs (Edwina nannte zu dem Ende jede beliebige ungarische Stadt, die ihr einfiel), hörte jedesmal den Bewerberinnen ruhig zu, forschte, ob vollständige Armuth mit ihr sprach, oder Beschränktheit, mangelnde Lebenskenntniß, Ungeschick für ihren wahren Plan, der eben darin bestand, daß eine anständige Persönlichkeit statt ihrer in den Vordergrund rückte, mit den der Kasse derselben zugesteckten Mitteln ein gleichsam selbstregiertes Haus machte und dadurch Edwina Gelegenheit gab, gleichsam im „Schatten edler Denkungsart“, wie sie sagte, mehr zu glänzen, als die eigentlich „Bemutternde“. Sie suchte, wie sie dem Pflegevater, der wieder auf diesen tollen Plan von Erdrosselung zu sprechen gekommen war und ihr zugleich seine Einmiethung der Großmutter auch in ihrem neuen Hinterhofe angekündigt, ganz offen sagte, Einen, „der mit ihr hereinfällt“, d. h. sie für unermeßlich reich hielt. Der brummische Luzius schwieg.</p> <p>In diese wie von satanischen Dämonen gehütete schöne elegante Lichtwelt, die sich inzwischen Edwina schon zu schaffen begonnen hatte, verirrte sich eines Tages Martha Ehlerdt! Die Vielgeprüfte! Sie hatte </p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0075]
an bis zu ungerecht abgesetzten Regierungspräsidenten und gemaßregelten Schulrectoren! Die reiche junge Erbin, die natürliche Tochter eines ungarischen Magnaten, eines Besitzers unermeßlicher Güter, vielleicht auch eines Erzbischofs (Edwina nannte zu dem Ende jede beliebige ungarische Stadt, die ihr einfiel), hörte jedesmal den Bewerberinnen ruhig zu, forschte, ob vollständige Armuth mit ihr sprach, oder Beschränktheit, mangelnde Lebenskenntniß, Ungeschick für ihren wahren Plan, der eben darin bestand, daß eine anständige Persönlichkeit statt ihrer in den Vordergrund rückte, mit den der Kasse derselben zugesteckten Mitteln ein gleichsam selbstregiertes Haus machte und dadurch Edwina Gelegenheit gab, gleichsam im „Schatten edler Denkungsart“, wie sie sagte, mehr zu glänzen, als die eigentlich „Bemutternde“. Sie suchte, wie sie dem Pflegevater, der wieder auf diesen tollen Plan von Erdrosselung zu sprechen gekommen war und ihr zugleich seine Einmiethung der Großmutter auch in ihrem neuen Hinterhofe angekündigt, ganz offen sagte, Einen, „der mit ihr hereinfällt“, d. h. sie für unermeßlich reich hielt. Der brummische Luzius schwieg.
In diese wie von satanischen Dämonen gehütete schöne elegante Lichtwelt, die sich inzwischen Edwina schon zu schaffen begonnen hatte, verirrte sich eines Tages Martha Ehlerdt! Die Vielgeprüfte! Sie hatte
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