Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.von Wolny reichlich bekommen, worauf sie Ansprüche zu machen hatte, und mehr an Geschenken, aber sie wollte sich in der Welt bewähren. Der Familie des Bildhauers hatte sie sich wie eine barmherzige Schwester gewidmet. Der milde Glorienschein treuer Liebe zur Pflicht, der Entsagung und sittlichen Hoheit lag um ihre Stirn gebreitet, als sie zu ihrem Entsetzen das Haus betrat - noch hatte Edwina die neugemiethete Wohnung nicht bezogen - wo ihr Bruder, der mit dem ferneren Schicksal der Rabe'schen Fabrik in Verbindung geblieben war, früher gewohnt hatte. Mit zaghaftem Muthe klingelte sie und stutzte nicht wenig über die elegante junge Dame, die sie empfing. Und diese wieder horchte hoch auf, als sie von den Lippen des heroinenhaft gebildeten Mädchens gelegentlich den Namen Althing vernahm. Die Gegensätze konnten nicht schroffer aufeinanderplatzen. Martha, die bei Althings wohnte, aber ihre Wanderung "um eine Stelle" nach dem Zeitungsblatt in aller Stille machte, und von Edwina nichts Näheres wußte, zog sich wie eine Sinnpflanze zurück, als sie von dem vollgenährten, in weichem, apfelblüthfarbenem Fleische strahlenden üppigen Mädchen hörte: Ich will mich in den Strudel der Welt stürzen! Haben Sie Lust dazu, mein Compagnon zu sein? Aber ach, Sie sind zu hübsch! Sie würden mir von Wolny reichlich bekommen, worauf sie Ansprüche zu machen hatte, und mehr an Geschenken, aber sie wollte sich in der Welt bewähren. Der Familie des Bildhauers hatte sie sich wie eine barmherzige Schwester gewidmet. Der milde Glorienschein treuer Liebe zur Pflicht, der Entsagung und sittlichen Hoheit lag um ihre Stirn gebreitet, als sie zu ihrem Entsetzen das Haus betrat – noch hatte Edwina die neugemiethete Wohnung nicht bezogen – wo ihr Bruder, der mit dem ferneren Schicksal der Rabe’schen Fabrik in Verbindung geblieben war, früher gewohnt hatte. Mit zaghaftem Muthe klingelte sie und stutzte nicht wenig über die elegante junge Dame, die sie empfing. Und diese wieder horchte hoch auf, als sie von den Lippen des heroinenhaft gebildeten Mädchens gelegentlich den Namen Althing vernahm. Die Gegensätze konnten nicht schroffer aufeinanderplatzen. Martha, die bei Althings wohnte, aber ihre Wanderung „um eine Stelle“ nach dem Zeitungsblatt in aller Stille machte, und von Edwina nichts Näheres wußte, zog sich wie eine Sinnpflanze zurück, als sie von dem vollgenährten, in weichem, apfelblüthfarbenem Fleische strahlenden üppigen Mädchen hörte: Ich will mich in den Strudel der Welt stürzen! Haben Sie Lust dazu, mein Compagnon zu sein? Aber ach, Sie sind zu hübsch! Sie würden mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0076" n="70"/> von Wolny reichlich bekommen, worauf sie Ansprüche zu machen hatte, und mehr an Geschenken, aber sie wollte sich in der Welt bewähren. Der Familie des Bildhauers hatte sie sich wie eine barmherzige Schwester gewidmet. Der milde Glorienschein treuer Liebe zur Pflicht, der Entsagung und sittlichen Hoheit lag um ihre Stirn gebreitet, als sie zu ihrem Entsetzen das Haus betrat – noch hatte Edwina die neugemiethete Wohnung nicht bezogen – wo ihr Bruder, der mit dem ferneren Schicksal der Rabe’schen Fabrik in Verbindung geblieben war, früher gewohnt hatte. Mit zaghaftem Muthe klingelte sie und stutzte nicht wenig über die elegante junge Dame, die sie empfing. Und diese wieder horchte hoch auf, als sie von den Lippen des heroinenhaft gebildeten Mädchens gelegentlich den Namen Althing vernahm. Die Gegensätze konnten nicht schroffer aufeinanderplatzen. Martha, die bei Althings wohnte, aber ihre Wanderung „um eine Stelle“ nach dem Zeitungsblatt in aller Stille machte, und von Edwina nichts Näheres wußte, zog sich wie eine <ref xml:id="TEXTSinnpflanze" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLSinnpflanze">Sinnpflanze</ref> zurück, als sie von dem vollgenährten, in weichem, apfelblüthfarbenem Fleische strahlenden üppigen Mädchen hörte: Ich will mich in den Strudel der Welt stürzen! Haben Sie Lust dazu, mein Compagnon zu sein? Aber ach, Sie sind zu hübsch! Sie würden mir </p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0076]
von Wolny reichlich bekommen, worauf sie Ansprüche zu machen hatte, und mehr an Geschenken, aber sie wollte sich in der Welt bewähren. Der Familie des Bildhauers hatte sie sich wie eine barmherzige Schwester gewidmet. Der milde Glorienschein treuer Liebe zur Pflicht, der Entsagung und sittlichen Hoheit lag um ihre Stirn gebreitet, als sie zu ihrem Entsetzen das Haus betrat – noch hatte Edwina die neugemiethete Wohnung nicht bezogen – wo ihr Bruder, der mit dem ferneren Schicksal der Rabe’schen Fabrik in Verbindung geblieben war, früher gewohnt hatte. Mit zaghaftem Muthe klingelte sie und stutzte nicht wenig über die elegante junge Dame, die sie empfing. Und diese wieder horchte hoch auf, als sie von den Lippen des heroinenhaft gebildeten Mädchens gelegentlich den Namen Althing vernahm. Die Gegensätze konnten nicht schroffer aufeinanderplatzen. Martha, die bei Althings wohnte, aber ihre Wanderung „um eine Stelle“ nach dem Zeitungsblatt in aller Stille machte, und von Edwina nichts Näheres wußte, zog sich wie eine Sinnpflanze zurück, als sie von dem vollgenährten, in weichem, apfelblüthfarbenem Fleische strahlenden üppigen Mädchen hörte: Ich will mich in den Strudel der Welt stürzen! Haben Sie Lust dazu, mein Compagnon zu sein? Aber ach, Sie sind zu hübsch! Sie würden mir
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