Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Edwina zugleich, beide Erscheinungen den Pinsel des Malers herausfordernd; Triesel würde gesagt haben: "Die Schönheit zu Hause und die Schönheit beim Ausgehen." Anfangs schien Edwina betroffen über diese brüske Art des Abschiedes, dann aber neigte sie ihren schönen Kopf mit den aschblonden Haaren und sagte mit einem unbeschreiblich liebenswürdigem Tone der dunkeln, starkerrötheten Fremden in's Ohr: Wenn Sie die richtige Toilette machen, stechen Sie Venus aus! Besuchen Sie mich oft! Bitte! Bitte! Bitte! Wer stand draußen? Noch eine Nachteule, die sich Edwina doch verbeten hatte. Die Stimme war kreischend. Ist hier - Ja! ja! unterbrach Edwina. Die Stimme der Frau mit einem großen Seidenhut, einem vergilbten schwarzen Sammetmantel, griff ihre Nerven an. Die Stellung, die Sie wünschen, habe ich Jahre lang bei meinem Onkel bekleidet! Er war Regierungspräsident, natürlich pensionirt -! Ich habe nur in der vornehmen Welt gelebt, Dichter, Künstler ausgenommen, die ich übrigens auch schätze! Auch bin ich sozusagen militärfromm! Vier- ober fünfmal erwähnte sie dann die pensionirten Präsidenten, die alle zwischen Rhein und Oder lebten und von denen der Eine bald ihr Cousin, bald der Edwina zugleich, beide Erscheinungen den Pinsel des Malers herausfordernd; Triesel würde gesagt haben: „Die Schönheit zu Hause und die Schönheit beim Ausgehen.“ Anfangs schien Edwina betroffen über diese brüske Art des Abschiedes, dann aber neigte sie ihren schönen Kopf mit den aschblonden Haaren und sagte mit einem unbeschreiblich liebenswürdigem Tone der dunkeln, starkerrötheten Fremden in’s Ohr: Wenn Sie die richtige Toilette machen, stechen Sie Venus aus! Besuchen Sie mich oft! Bitte! Bitte! Bitte! Wer stand draußen? Noch eine Nachteule, die sich Edwina doch verbeten hatte. Die Stimme war kreischend. Ist hier – Ja! ja! unterbrach Edwina. Die Stimme der Frau mit einem großen Seidenhut, einem vergilbten schwarzen Sammetmantel, griff ihre Nerven an. Die Stellung, die Sie wünschen, habe ich Jahre lang bei meinem Onkel bekleidet! Er war Regierungspräsident, natürlich pensionirt –! Ich habe nur in der vornehmen Welt gelebt, Dichter, Künstler ausgenommen, die ich übrigens auch schätze! Auch bin ich sozusagen militärfromm! Vier- ober fünfmal erwähnte sie dann die pensionirten Präsidenten, die alle zwischen Rhein und Oder lebten und von denen der Eine bald ihr Cousin, bald der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="73"/> Edwina zugleich, beide Erscheinungen den Pinsel des Malers herausfordernd; Triesel würde gesagt haben: „Die Schönheit zu Hause und die Schönheit beim Ausgehen.“ Anfangs schien Edwina betroffen über diese brüske Art des Abschiedes, dann aber neigte sie ihren schönen Kopf mit den aschblonden Haaren und sagte mit einem unbeschreiblich liebenswürdigem Tone der dunkeln, starkerrötheten Fremden in’s Ohr: Wenn Sie die richtige Toilette machen, stechen Sie Venus aus! Besuchen Sie mich oft! Bitte! Bitte! Bitte!</p> <p>Wer stand draußen? Noch eine Nachteule, die sich Edwina doch verbeten hatte. Die Stimme war kreischend.</p> <p>Ist hier –</p> <p>Ja! ja! unterbrach Edwina. Die Stimme der Frau mit einem großen Seidenhut, einem vergilbten schwarzen Sammetmantel, griff ihre Nerven an.</p> <p>Die Stellung, die Sie wünschen, habe ich Jahre lang bei meinem Onkel bekleidet! Er war Regierungspräsident, natürlich pensionirt –! Ich habe nur in der vornehmen Welt gelebt, Dichter, Künstler ausgenommen, die ich übrigens auch schätze! Auch bin ich sozusagen militärfromm!</p> <p>Vier- ober fünfmal erwähnte sie dann die pensionirten Präsidenten, die alle zwischen Rhein und Oder lebten und von denen der Eine bald ihr Cousin, bald der </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0079]
Edwina zugleich, beide Erscheinungen den Pinsel des Malers herausfordernd; Triesel würde gesagt haben: „Die Schönheit zu Hause und die Schönheit beim Ausgehen.“ Anfangs schien Edwina betroffen über diese brüske Art des Abschiedes, dann aber neigte sie ihren schönen Kopf mit den aschblonden Haaren und sagte mit einem unbeschreiblich liebenswürdigem Tone der dunkeln, starkerrötheten Fremden in’s Ohr: Wenn Sie die richtige Toilette machen, stechen Sie Venus aus! Besuchen Sie mich oft! Bitte! Bitte! Bitte!
Wer stand draußen? Noch eine Nachteule, die sich Edwina doch verbeten hatte. Die Stimme war kreischend.
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Ja! ja! unterbrach Edwina. Die Stimme der Frau mit einem großen Seidenhut, einem vergilbten schwarzen Sammetmantel, griff ihre Nerven an.
Die Stellung, die Sie wünschen, habe ich Jahre lang bei meinem Onkel bekleidet! Er war Regierungspräsident, natürlich pensionirt –! Ich habe nur in der vornehmen Welt gelebt, Dichter, Künstler ausgenommen, die ich übrigens auch schätze! Auch bin ich sozusagen militärfromm!
Vier- ober fünfmal erwähnte sie dann die pensionirten Präsidenten, die alle zwischen Rhein und Oder lebten und von denen der Eine bald ihr Cousin, bald der
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/79>, abgerufen am 16.02.2025. |