Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Konstantinopel ging sie mit ihnen nicht mit. Der Orient mit seiner Pracht war nicht ihr Feld. Nur der Norden mit seinen düstern Fichten, seinen hellblauen Wolken, seinen weißen Eidergänsen! Da mußte Edwina staunen. Graf Wilhelm hatte ihr nur den Voltaire und Goethe vorgelesen, nicht einmal Uhland. Es war eine ganz neue Welt, die da Edwina umgab und sie fühlte wirklich, wie die Brennicke sie mit dieser gelehrten Anmaßung drückte und dabei diese ganze, fast fürstliche Einrichtung wie etwas ihr ursprünglich Zugehöriges hinnahm. Die Frau lud Dichter und Componisten ein, arrangirte Theeabende, machte Einladungen auf Ossian, Tegner, Ingemann und Dichter, die sie erst heben wollte, begleitete ihre Schutzbefohlene in die Theater, wo ihr nur die Tragödie mundete und das Einerlei des Repertoirs in diesem Fache oft lästig genug war. Sie knixte dahin und dorthin. Mit Allen schien sie bekannt zu sein. Nur gerade die Schauspieler vermied sie zu näherem Umgang, weil ihr diese ihren besondern Cultus störten. Kein Theeabend verging, wo sie nicht auftrat und einen Löwenritt, einen Wolfsanfall oder eine ähnliche fürchterliche Begebenheit vortrug. Alles, was an Ort und Stelle zur Literatur, zur Kunst gehörte, drängte sich, in Edwinas Salon zu gelangen, zumal, seitdem fast jeden Abend dort der Fürst Ziska von Rauden erschien. Konstantinopel ging sie mit ihnen nicht mit. Der Orient mit seiner Pracht war nicht ihr Feld. Nur der Norden mit seinen düstern Fichten, seinen hellblauen Wolken, seinen weißen Eidergänsen! Da mußte Edwina staunen. Graf Wilhelm hatte ihr nur den Voltaire und Goethe vorgelesen, nicht einmal Uhland. Es war eine ganz neue Welt, die da Edwina umgab und sie fühlte wirklich, wie die Brennicke sie mit dieser gelehrten Anmaßung drückte und dabei diese ganze, fast fürstliche Einrichtung wie etwas ihr ursprünglich Zugehöriges hinnahm. Die Frau lud Dichter und Componisten ein, arrangirte Theeabende, machte Einladungen auf Ossian, Tegner, Ingemann und Dichter, die sie erst heben wollte, begleitete ihre Schutzbefohlene in die Theater, wo ihr nur die Tragödie mundete und das Einerlei des Repertoirs in diesem Fache oft lästig genug war. Sie knixte dahin und dorthin. Mit Allen schien sie bekannt zu sein. Nur gerade die Schauspieler vermied sie zu näherem Umgang, weil ihr diese ihren besondern Cultus störten. Kein Theeabend verging, wo sie nicht auftrat und einen Löwenritt, einen Wolfsanfall oder eine ähnliche fürchterliche Begebenheit vortrug. Alles, was an Ort und Stelle zur Literatur, zur Kunst gehörte, drängte sich, in Edwinas Salon zu gelangen, zumal, seitdem fast jeden Abend dort der Fürst Ziska von Rauden erschien. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="82"/> Konstantinopel ging sie mit ihnen nicht mit. Der Orient mit seiner Pracht war nicht ihr Feld. Nur der Norden mit seinen düstern Fichten, seinen hellblauen Wolken, seinen weißen Eidergänsen! Da mußte Edwina staunen. Graf Wilhelm hatte ihr nur den Voltaire und Goethe vorgelesen, nicht einmal Uhland. Es war eine ganz neue Welt, die da Edwina umgab und sie fühlte wirklich, wie die Brennicke sie mit dieser gelehrten Anmaßung drückte und dabei diese ganze, fast fürstliche Einrichtung wie etwas ihr ursprünglich Zugehöriges hinnahm. Die Frau lud Dichter und Componisten ein, arrangirte Theeabende, machte <ref xml:id="TEXTEinladungenBISIngemann" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLEinladungenBISIngemann">Einladungen auf Ossian, Tegner, Ingemann</ref> und Dichter, die sie erst heben wollte, begleitete ihre Schutzbefohlene in die Theater, wo ihr nur die Tragödie mundete und das Einerlei des Repertoirs in diesem Fache oft lästig genug war. Sie knixte dahin und dorthin. Mit Allen schien sie bekannt zu sein. Nur gerade die Schauspieler vermied sie zu näherem Umgang, weil ihr diese ihren besondern Cultus störten. Kein Theeabend verging, wo sie nicht auftrat und einen Löwenritt, einen Wolfsanfall oder eine ähnliche fürchterliche Begebenheit vortrug. Alles, was an Ort und Stelle zur Literatur, zur Kunst gehörte, drängte sich, in Edwinas Salon zu gelangen, zumal, seitdem fast jeden Abend dort der Fürst Ziska von Rauden erschien.</p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0088]
Konstantinopel ging sie mit ihnen nicht mit. Der Orient mit seiner Pracht war nicht ihr Feld. Nur der Norden mit seinen düstern Fichten, seinen hellblauen Wolken, seinen weißen Eidergänsen! Da mußte Edwina staunen. Graf Wilhelm hatte ihr nur den Voltaire und Goethe vorgelesen, nicht einmal Uhland. Es war eine ganz neue Welt, die da Edwina umgab und sie fühlte wirklich, wie die Brennicke sie mit dieser gelehrten Anmaßung drückte und dabei diese ganze, fast fürstliche Einrichtung wie etwas ihr ursprünglich Zugehöriges hinnahm. Die Frau lud Dichter und Componisten ein, arrangirte Theeabende, machte Einladungen auf Ossian, Tegner, Ingemann und Dichter, die sie erst heben wollte, begleitete ihre Schutzbefohlene in die Theater, wo ihr nur die Tragödie mundete und das Einerlei des Repertoirs in diesem Fache oft lästig genug war. Sie knixte dahin und dorthin. Mit Allen schien sie bekannt zu sein. Nur gerade die Schauspieler vermied sie zu näherem Umgang, weil ihr diese ihren besondern Cultus störten. Kein Theeabend verging, wo sie nicht auftrat und einen Löwenritt, einen Wolfsanfall oder eine ähnliche fürchterliche Begebenheit vortrug. Alles, was an Ort und Stelle zur Literatur, zur Kunst gehörte, drängte sich, in Edwinas Salon zu gelangen, zumal, seitdem fast jeden Abend dort der Fürst Ziska von Rauden erschien.
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