Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.in jene Stellung a la suite, die ihm die schönkleidende kriegerische Uniform eines Husaren, mit allerlei Silber- und Goldborten, ließ, aber kein Avancement eintrug. Seinem Eifer nachzugeben, daß Triesel ihn ebenfalls auf der "staubverhüllten Parade" anbrachte, war er eifrig beflissen, wenn er auch vom Schlucken jenes Triesel'schen Staubes nach jedem Suiten-Mitritt einige Tage lang krank war. Seine Leidenschaft war die Musik. Sein Wahn bestand darin, ein Componist von hohem Beruf zu sein. Wie "der Hirsch nach frischem Wasser", so schreit der meist ungebildete Componist von heute nach Texten. Diese fortwährende Suche nach Richard Wagners einer Hälfte, der sogenannten Dichterschaft (Wagner ist sich sein eigner Schikaneder geworden) brachte ihn auf die nordische Höhe, wo Frau Brennicke thronte und die Windharfe im Mondenschein ihre Klagetöne erschallen ließ. Die Stubbenkammerpoesie führte ihm Contingente von Dichtungen zu. Manches war darunter, das er wählte. Doch versuche sich nur Einer mit dem Genius in den höheren Kreisen der Gesellschaft! Wenn nicht über einem fürstlichen Künstler noch ein Gewaltigerer steht, der selbst von dem Gedanken der Kunst, der fortschreitenden Literatur, der täglich Neues bringenden Wissenschaft ergriffen ist, so müssen solche Erscheinungen, die an sich erfreuen könnten, elend verkümmern. Nach oben ver- in jene Stellung à la suite, die ihm die schönkleidende kriegerische Uniform eines Husaren, mit allerlei Silber- und Goldborten, ließ, aber kein Avancement eintrug. Seinem Eifer nachzugeben, daß Triesel ihn ebenfalls auf der „staubverhüllten Parade“ anbrachte, war er eifrig beflissen, wenn er auch vom Schlucken jenes Triesel’schen Staubes nach jedem Suiten-Mitritt einige Tage lang krank war. Seine Leidenschaft war die Musik. Sein Wahn bestand darin, ein Componist von hohem Beruf zu sein. Wie „der Hirsch nach frischem Wasser“, so schreit der meist ungebildete Componist von heute nach Texten. Diese fortwährende Suche nach Richard Wagners einer Hälfte, der sogenannten Dichterschaft (Wagner ist sich sein eigner Schikaneder geworden) brachte ihn auf die nordische Höhe, wo Frau Brennicke thronte und die Windharfe im Mondenschein ihre Klagetöne erschallen ließ. Die Stubbenkammerpoesie führte ihm Contingente von Dichtungen zu. Manches war darunter, das er wählte. Doch versuche sich nur Einer mit dem Genius in den höheren Kreisen der Gesellschaft! Wenn nicht über einem fürstlichen Künstler noch ein Gewaltigerer steht, der selbst von dem Gedanken der Kunst, der fortschreitenden Literatur, der täglich Neues bringenden Wissenschaft ergriffen ist, so müssen solche Erscheinungen, die an sich erfreuen könnten, elend verkümmern. Nach oben ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0092" n="86"/> in jene <ref xml:id="TEXTStellungalasuite" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLStellungalasuite">Stellung <hi rendition="#aq">à la suite</hi></ref>, die ihm die schönkleidende kriegerische Uniform eines Husaren, mit allerlei Silber- und Goldborten, ließ, aber kein Avancement eintrug.</p> <p>Seinem Eifer nachzugeben, daß Triesel ihn ebenfalls auf der „staubverhüllten Parade“ anbrachte, war er eifrig beflissen, wenn er auch vom Schlucken jenes Triesel’schen Staubes nach jedem Suiten-Mitritt einige Tage lang krank war. Seine Leidenschaft war die Musik. Sein Wahn bestand darin, ein Componist von hohem Beruf zu sein. Wie „der Hirsch nach frischem Wasser“, so schreit der meist ungebildete Componist von heute nach Texten. Diese fortwährende Suche nach Richard Wagners einer Hälfte, der sogenannten Dichterschaft (<ref xml:id="TEXTWagnerBISgeworden" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLWagnerBISgeworden">Wagner ist sich sein eigner Schikaneder geworden)</ref> brachte ihn auf die nordische Höhe, wo Frau Brennicke thronte und die Windharfe im Mondenschein ihre Klagetöne erschallen ließ. Die Stubbenkammerpoesie führte ihm Contingente von Dichtungen zu. Manches war darunter, das er wählte. Doch versuche sich nur Einer mit dem Genius in den höheren Kreisen der Gesellschaft! Wenn nicht über einem fürstlichen Künstler noch ein Gewaltigerer steht, der selbst von dem Gedanken der Kunst, der fortschreitenden Literatur, der täglich Neues bringenden Wissenschaft ergriffen ist, so müssen solche Erscheinungen, die an sich erfreuen könnten, elend verkümmern. Nach oben ver- </p> </div> </body> </text> </TEI> [86/0092]
in jene Stellung à la suite, die ihm die schönkleidende kriegerische Uniform eines Husaren, mit allerlei Silber- und Goldborten, ließ, aber kein Avancement eintrug.
Seinem Eifer nachzugeben, daß Triesel ihn ebenfalls auf der „staubverhüllten Parade“ anbrachte, war er eifrig beflissen, wenn er auch vom Schlucken jenes Triesel’schen Staubes nach jedem Suiten-Mitritt einige Tage lang krank war. Seine Leidenschaft war die Musik. Sein Wahn bestand darin, ein Componist von hohem Beruf zu sein. Wie „der Hirsch nach frischem Wasser“, so schreit der meist ungebildete Componist von heute nach Texten. Diese fortwährende Suche nach Richard Wagners einer Hälfte, der sogenannten Dichterschaft (Wagner ist sich sein eigner Schikaneder geworden) brachte ihn auf die nordische Höhe, wo Frau Brennicke thronte und die Windharfe im Mondenschein ihre Klagetöne erschallen ließ. Die Stubbenkammerpoesie führte ihm Contingente von Dichtungen zu. Manches war darunter, das er wählte. Doch versuche sich nur Einer mit dem Genius in den höheren Kreisen der Gesellschaft! Wenn nicht über einem fürstlichen Künstler noch ein Gewaltigerer steht, der selbst von dem Gedanken der Kunst, der fortschreitenden Literatur, der täglich Neues bringenden Wissenschaft ergriffen ist, so müssen solche Erscheinungen, die an sich erfreuen könnten, elend verkümmern. Nach oben ver-
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