Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Diese Frau da mit ihrem ständigen Purpurmantel - Ihre Freunde werden Ihnen von ihrer Manie erzählt haben, ermüdet mich bis zur Verzweiflung! Ich will mir einen Beistand suchen, der mir hilft, einen ganz anderen Ton in's Haus einzuführen. Ich kündige der guten Frau. Ach - rief sie schmerzlich aus - ich habe immer an das stolze Mädchen, an Fräulein Ehlerdt gedacht, das vor einigen Monaten bei mir gewesen, und der ich gewiß ganz mißfallen habe! Gott im Himmel, könnte ich eine solche Seele für mich gewinnen! Mit der plaudern! Schwesterliche Mitempfindung austauschen! Auch Sie sollen eine vortreffliche Schwester besitzen! Warum erbarmt Ihr Euch nicht meiner, zieht mich zu Euch hinüber, rettet, rettet mich Unglückliche! Und mitten in ihren Thränen unterbrach sie sich und sagte trotzig: Aber das ist der kalte Stolz der Tugendhaften, den ich so hasse! Sie stampfte sogar mit dem Fuße auf. Versuchen Sie es mit der Ehlerdt! sagte Ottomar, erschreckt von diesen dämonischen Gegensätzen in dem seltsamsten Charakter. Sie ist die Schwester eines Menschen, den ich verachte, der aber plötzlich wieder der Gegenstand der Erziehung seiner Schwester geworden ist! Sie führt ihm eine neueingerichtete Wirthschaft. Diese Frau da mit ihrem ständigen Purpurmantel – Ihre Freunde werden Ihnen von ihrer Manie erzählt haben, ermüdet mich bis zur Verzweiflung! Ich will mir einen Beistand suchen, der mir hilft, einen ganz anderen Ton in’s Haus einzuführen. Ich kündige der guten Frau. Ach – rief sie schmerzlich aus – ich habe immer an das stolze Mädchen, an Fräulein Ehlerdt gedacht, das vor einigen Monaten bei mir gewesen, und der ich gewiß ganz mißfallen habe! Gott im Himmel, könnte ich eine solche Seele für mich gewinnen! Mit der plaudern! Schwesterliche Mitempfindung austauschen! Auch Sie sollen eine vortreffliche Schwester besitzen! Warum erbarmt Ihr Euch nicht meiner, zieht mich zu Euch hinüber, rettet, rettet mich Unglückliche! Und mitten in ihren Thränen unterbrach sie sich und sagte trotzig: Aber das ist der kalte Stolz der Tugendhaften, den ich so hasse! Sie stampfte sogar mit dem Fuße auf. Versuchen Sie es mit der Ehlerdt! sagte Ottomar, erschreckt von diesen dämonischen Gegensätzen in dem seltsamsten Charakter. Sie ist die Schwester eines Menschen, den ich verachte, der aber plötzlich wieder der Gegenstand der Erziehung seiner Schwester geworden ist! Sie führt ihm eine neueingerichtete Wirthschaft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="93"/> Diese Frau da mit ihrem ständigen Purpurmantel – Ihre Freunde werden Ihnen von ihrer Manie erzählt haben, ermüdet mich bis zur Verzweiflung! Ich will mir einen Beistand suchen, der mir hilft, einen ganz anderen Ton in’s Haus einzuführen. Ich kündige der guten Frau. Ach – rief sie schmerzlich aus – ich habe immer an das stolze Mädchen, an Fräulein Ehlerdt gedacht, das vor einigen Monaten bei mir gewesen, und der ich gewiß ganz mißfallen habe! Gott im Himmel, könnte ich eine solche Seele für mich gewinnen! Mit der plaudern! Schwesterliche Mitempfindung austauschen! Auch Sie sollen eine vortreffliche Schwester besitzen! Warum erbarmt Ihr Euch nicht meiner, zieht mich zu Euch hinüber, rettet, rettet mich Unglückliche!</p> <p>Und mitten in ihren Thränen unterbrach sie sich und sagte trotzig: Aber das ist der kalte Stolz der Tugendhaften, den ich so hasse! Sie stampfte sogar mit dem Fuße auf.</p> <p>Versuchen Sie es mit der Ehlerdt! sagte Ottomar, erschreckt von diesen dämonischen Gegensätzen in dem seltsamsten Charakter. Sie ist die Schwester eines Menschen, den ich verachte, der aber plötzlich wieder der Gegenstand der Erziehung seiner Schwester geworden ist! Sie führt ihm eine neueingerichtete Wirthschaft.</p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0099]
Diese Frau da mit ihrem ständigen Purpurmantel – Ihre Freunde werden Ihnen von ihrer Manie erzählt haben, ermüdet mich bis zur Verzweiflung! Ich will mir einen Beistand suchen, der mir hilft, einen ganz anderen Ton in’s Haus einzuführen. Ich kündige der guten Frau. Ach – rief sie schmerzlich aus – ich habe immer an das stolze Mädchen, an Fräulein Ehlerdt gedacht, das vor einigen Monaten bei mir gewesen, und der ich gewiß ganz mißfallen habe! Gott im Himmel, könnte ich eine solche Seele für mich gewinnen! Mit der plaudern! Schwesterliche Mitempfindung austauschen! Auch Sie sollen eine vortreffliche Schwester besitzen! Warum erbarmt Ihr Euch nicht meiner, zieht mich zu Euch hinüber, rettet, rettet mich Unglückliche!
Und mitten in ihren Thränen unterbrach sie sich und sagte trotzig: Aber das ist der kalte Stolz der Tugendhaften, den ich so hasse! Sie stampfte sogar mit dem Fuße auf.
Versuchen Sie es mit der Ehlerdt! sagte Ottomar, erschreckt von diesen dämonischen Gegensätzen in dem seltsamsten Charakter. Sie ist die Schwester eines Menschen, den ich verachte, der aber plötzlich wieder der Gegenstand der Erziehung seiner Schwester geworden ist! Sie führt ihm eine neueingerichtete Wirthschaft.
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