Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.rechnet das Böse nicht an!" "Sie trägt Alles, sie glaubt Alles, sie hofft Alles, sie duldet Alles!" Es waren gewaltige Mahnungen, die in diesen Worten lagen! Die Liebe, nicht der Verstand glaubt Alles, duldet Alles - nur die Liebe! Da sah sie im Geist ihren Wilhelm vor ihr sitzen, in seinem Arbeitszimmer, traulich und zuvorkommend mit ihr plaudernd. "Die Liebe rechnet das Böse nicht an -!" In dieser, in ihrer Widerstandskraft schon gebrochenen Stimmung ließ sie nach einigen Tagen den Pfarrer kommen und sagte zu ihm: Lieber Herr Merkus, ich mache Sie allein zum Vertrauten in dieser traurigen Angelegenheit! Nach den Versicherungen des Justizraths Luzius muß doch noch ein guter Fond in dem Mädchen sein. Mein Gewissen ist beunruhigt. Reisen Sie in die Hauptstadt! Suchen Sie sich hier, wenn auch nur für einige Tage, frei zu machen! Ich vergüte Ihnen Alles. Verschaffen Sie sich die Einsicht, was eigentlich an dem Mädchen ist! Nie will ich etwas von ihr unmittelbar wissen! Aber diese Verbindung mit dem Bruder Marthas hat für mich etwas Erschreckendes! Ich kann Martha nun nicht wieder in mein Haus aufnehmen, wie ich Anfangs beabsichtigte. Verrathen Sie aber um's Himmelswillen keinem Menschen, daß ich irgendwie an dem Verhältniß Interesse nehme! rechnet das Böse nicht an!“ „Sie trägt Alles, sie glaubt Alles, sie hofft Alles, sie duldet Alles!“ Es waren gewaltige Mahnungen, die in diesen Worten lagen! Die Liebe, nicht der Verstand glaubt Alles, duldet Alles – nur die Liebe! Da sah sie im Geist ihren Wilhelm vor ihr sitzen, in seinem Arbeitszimmer, traulich und zuvorkommend mit ihr plaudernd. „Die Liebe rechnet das Böse nicht an –!“ In dieser, in ihrer Widerstandskraft schon gebrochenen Stimmung ließ sie nach einigen Tagen den Pfarrer kommen und sagte zu ihm: Lieber Herr Merkus, ich mache Sie allein zum Vertrauten in dieser traurigen Angelegenheit! Nach den Versicherungen des Justizraths Luzius muß doch noch ein guter Fond in dem Mädchen sein. Mein Gewissen ist beunruhigt. Reisen Sie in die Hauptstadt! Suchen Sie sich hier, wenn auch nur für einige Tage, frei zu machen! Ich vergüte Ihnen Alles. Verschaffen Sie sich die Einsicht, was eigentlich an dem Mädchen ist! Nie will ich etwas von ihr unmittelbar wissen! Aber diese Verbindung mit dem Bruder Marthas hat für mich etwas Erschreckendes! Ich kann Martha nun nicht wieder in mein Haus aufnehmen, wie ich Anfangs beabsichtigte. Verrathen Sie aber um’s Himmelswillen keinem Menschen, daß ich irgendwie an dem Verhältniß Interesse nehme! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0111" n="105"/> rechnet das Böse nicht an!“ „Sie trägt Alles, sie glaubt Alles, sie hofft Alles, sie duldet Alles!“</p> <p>Es waren gewaltige Mahnungen, die in diesen Worten lagen! Die Liebe, nicht der Verstand glaubt Alles, duldet Alles – nur die Liebe! Da sah sie im Geist ihren Wilhelm vor ihr sitzen, in seinem Arbeitszimmer, traulich und zuvorkommend mit ihr plaudernd. „Die Liebe rechnet das Böse nicht an –!“</p> <p>In dieser, in ihrer Widerstandskraft schon gebrochenen Stimmung ließ sie nach einigen Tagen den Pfarrer kommen und sagte zu ihm: Lieber Herr Merkus, ich mache Sie allein zum Vertrauten in dieser traurigen Angelegenheit! Nach den Versicherungen des Justizraths Luzius muß doch noch ein guter Fond in dem Mädchen sein. Mein Gewissen ist beunruhigt. Reisen Sie in die Hauptstadt! Suchen Sie sich hier, wenn auch nur für einige Tage, frei zu machen! Ich vergüte Ihnen Alles. Verschaffen Sie sich die Einsicht, was eigentlich an dem Mädchen ist! Nie will ich etwas von ihr unmittelbar wissen! Aber diese Verbindung mit dem Bruder Marthas hat für mich etwas Erschreckendes! Ich kann Martha nun nicht wieder in mein Haus aufnehmen, wie ich Anfangs beabsichtigte. Verrathen Sie aber um’s Himmelswillen keinem Menschen, daß ich irgendwie an dem Verhältniß Interesse nehme!</p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0111]
rechnet das Böse nicht an!“ „Sie trägt Alles, sie glaubt Alles, sie hofft Alles, sie duldet Alles!“
Es waren gewaltige Mahnungen, die in diesen Worten lagen! Die Liebe, nicht der Verstand glaubt Alles, duldet Alles – nur die Liebe! Da sah sie im Geist ihren Wilhelm vor ihr sitzen, in seinem Arbeitszimmer, traulich und zuvorkommend mit ihr plaudernd. „Die Liebe rechnet das Böse nicht an –!“
In dieser, in ihrer Widerstandskraft schon gebrochenen Stimmung ließ sie nach einigen Tagen den Pfarrer kommen und sagte zu ihm: Lieber Herr Merkus, ich mache Sie allein zum Vertrauten in dieser traurigen Angelegenheit! Nach den Versicherungen des Justizraths Luzius muß doch noch ein guter Fond in dem Mädchen sein. Mein Gewissen ist beunruhigt. Reisen Sie in die Hauptstadt! Suchen Sie sich hier, wenn auch nur für einige Tage, frei zu machen! Ich vergüte Ihnen Alles. Verschaffen Sie sich die Einsicht, was eigentlich an dem Mädchen ist! Nie will ich etwas von ihr unmittelbar wissen! Aber diese Verbindung mit dem Bruder Marthas hat für mich etwas Erschreckendes! Ich kann Martha nun nicht wieder in mein Haus aufnehmen, wie ich Anfangs beabsichtigte. Verrathen Sie aber um’s Himmelswillen keinem Menschen, daß ich irgendwie an dem Verhältniß Interesse nehme!
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