Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Und immer Musik! Blaue Donau, Walzer der Walzer! Wie bestrickst Du auch das Gemüth, versetzest die Phantasie nach den schönen Ufern des Weltstroms! Deine elegischen Ausweichungen, deine zarten Minores, wie schmeicheln sie sich kosend dem Ohre ein und lösen die Seele in Wonnen der Ahnung, in Stimmungen der Hingebung und sanfter Entfesselung der Sinne auf! Selige Stunden, wo man einst glücklich war, - sie liegen in Deinen harmonischen Schwingungen! O wie träumt sich's vom Glück, auch wenn die Seele gar nicht an Den denkt, mit dem man sich eben im Arme schwingt! Blaue Donau! Blaue Donau! Hoabens auch Champanier befoahlen? sagte die Alte schon wieder. Man hielt den kleinen Mann mit dem wohlgepflegten Backenbart für einen berechtigten Gast. Er eroberte etwas Braten, der ihn leidlich stärkte. Dann schlich er leise davon. Er hätte noch gern mit der Domina gesprochen. Diese verstand ihn aber nicht. Sie lächelte nur. Er sprach ihr zu hochdeutsch. Am folgenden Morgen machte sich Merkus das ihm nicht aufgetragene besondere Geschäft, das Udo Treuenfels'sche Ehepaar zu besuchen. Er traf die Gräfin allein und erzählte ihr sein gestriges Erlebniß wie ein rein zufälliges. Er hätte Jemand im Hause besuchen wollen. Gräfin Ada hatte vorher in einem Buche Und immer Musik! Blaue Donau, Walzer der Walzer! Wie bestrickst Du auch das Gemüth, versetzest die Phantasie nach den schönen Ufern des Weltstroms! Deine elegischen Ausweichungen, deine zarten Minores, wie schmeicheln sie sich kosend dem Ohre ein und lösen die Seele in Wonnen der Ahnung, in Stimmungen der Hingebung und sanfter Entfesselung der Sinne auf! Selige Stunden, wo man einst glücklich war, – sie liegen in Deinen harmonischen Schwingungen! O wie träumt sich’s vom Glück, auch wenn die Seele gar nicht an Den denkt, mit dem man sich eben im Arme schwingt! Blaue Donau! Blaue Donau! Hoabens auch Champanier befoahlen? sagte die Alte schon wieder. Man hielt den kleinen Mann mit dem wohlgepflegten Backenbart für einen berechtigten Gast. Er eroberte etwas Braten, der ihn leidlich stärkte. Dann schlich er leise davon. Er hätte noch gern mit der Domina gesprochen. Diese verstand ihn aber nicht. Sie lächelte nur. Er sprach ihr zu hochdeutsch. Am folgenden Morgen machte sich Merkus das ihm nicht aufgetragene besondere Geschäft, das Udo Treuenfels’sche Ehepaar zu besuchen. Er traf die Gräfin allein und erzählte ihr sein gestriges Erlebniß wie ein rein zufälliges. Er hätte Jemand im Hause besuchen wollen. Gräfin Ada hatte vorher in einem Buche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0120" n="114"/> <p> Und immer Musik! Blaue Donau, Walzer der Walzer! Wie bestrickst Du auch das Gemüth, versetzest die Phantasie nach den schönen Ufern des Weltstroms! Deine elegischen Ausweichungen, deine zarten Minores, wie schmeicheln sie sich kosend dem Ohre ein und lösen die Seele in Wonnen der Ahnung, in Stimmungen der Hingebung und sanfter Entfesselung der Sinne auf! Selige Stunden, wo man einst glücklich war, – sie liegen in Deinen harmonischen Schwingungen! O wie träumt sich’s vom Glück, auch wenn die Seele gar nicht an Den denkt, mit dem man sich eben im Arme schwingt! Blaue Donau! Blaue Donau!</p> <p>Hoabens auch Champanier befoahlen? sagte die Alte schon wieder. Man hielt den kleinen Mann mit dem wohlgepflegten Backenbart für einen berechtigten Gast. Er eroberte etwas Braten, der ihn leidlich stärkte. Dann schlich er leise davon. Er hätte noch gern mit der Domina gesprochen. Diese verstand ihn aber nicht. Sie lächelte nur. Er sprach ihr zu hochdeutsch.</p> <p>Am folgenden Morgen machte sich Merkus das ihm nicht aufgetragene besondere Geschäft, das Udo Treuenfels’sche Ehepaar zu besuchen. Er traf die Gräfin allein und erzählte ihr sein gestriges Erlebniß wie ein rein zufälliges. Er hätte Jemand im Hause besuchen wollen. Gräfin Ada hatte vorher in einem Buche </p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0120]
Und immer Musik! Blaue Donau, Walzer der Walzer! Wie bestrickst Du auch das Gemüth, versetzest die Phantasie nach den schönen Ufern des Weltstroms! Deine elegischen Ausweichungen, deine zarten Minores, wie schmeicheln sie sich kosend dem Ohre ein und lösen die Seele in Wonnen der Ahnung, in Stimmungen der Hingebung und sanfter Entfesselung der Sinne auf! Selige Stunden, wo man einst glücklich war, – sie liegen in Deinen harmonischen Schwingungen! O wie träumt sich’s vom Glück, auch wenn die Seele gar nicht an Den denkt, mit dem man sich eben im Arme schwingt! Blaue Donau! Blaue Donau!
Hoabens auch Champanier befoahlen? sagte die Alte schon wieder. Man hielt den kleinen Mann mit dem wohlgepflegten Backenbart für einen berechtigten Gast. Er eroberte etwas Braten, der ihn leidlich stärkte. Dann schlich er leise davon. Er hätte noch gern mit der Domina gesprochen. Diese verstand ihn aber nicht. Sie lächelte nur. Er sprach ihr zu hochdeutsch.
Am folgenden Morgen machte sich Merkus das ihm nicht aufgetragene besondere Geschäft, das Udo Treuenfels’sche Ehepaar zu besuchen. Er traf die Gräfin allein und erzählte ihr sein gestriges Erlebniß wie ein rein zufälliges. Er hätte Jemand im Hause besuchen wollen. Gräfin Ada hatte vorher in einem Buche
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/120>, abgerufen am 16.02.2025. |