Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.man in's Spital gebracht und auch da doch nicht ganz verlassen müßte! Blaumeißel hatte gestern den Halbsterbenden im Hospital in den Armen gehabt. Aber es könnte sich mit dieser plötzlich ausgebrochenen Schwindsucht noch hinziehen, hieß es. Man sollte doch Manches zusammenpacken! Von seiner Wäsche! Er selbst wollte es dann dem Armen überbringen. Ja, ja, sagte er, so ist das Leben! Am Sterbebett selbst unsrer Lieben, mit nassen Augen, müssen wir der Pflichten des täglichen Verkehrs gedenken. Ich bin vom Lande, fuhr er fort. Auf dem Lande brüllen die Kühe, gackern die Hühner, mahnt die Gewitterwolke an's Einfahren des Heu's - Alles, Alles das mitten in einem tiefen Schmerz um ein eben sterbendes Kind! So war mir der alte Junge auch mein Kind! Aber was soll's nun? forschte er ganz rath- und besinnungslos. Die Frauen machten sich eilends zu schaffen. Alle drei. Die Magd wurde zur Besorgung eines Wagens fortgeschickt. Dem armen verschmachteten Vegetarianer sollten seine neu geplätteten Nachtjacken, alle Sacktücher, Hemden, Strümpfe zugeschickt werden. Plümicke hatte zu Blaumeißel gesagt: Ich bin ja nur etwas ohnmächtig! Das ist mein ganzer Fehler. Habe keine rechte Courage! Aber die Josefa mag nur den Mahlo nehmen! Sie wird keinen Segen davon haben -! man in’s Spital gebracht und auch da doch nicht ganz verlassen müßte! Blaumeißel hatte gestern den Halbsterbenden im Hospital in den Armen gehabt. Aber es könnte sich mit dieser plötzlich ausgebrochenen Schwindsucht noch hinziehen, hieß es. Man sollte doch Manches zusammenpacken! Von seiner Wäsche! Er selbst wollte es dann dem Armen überbringen. Ja, ja, sagte er, so ist das Leben! Am Sterbebett selbst unsrer Lieben, mit nassen Augen, müssen wir der Pflichten des täglichen Verkehrs gedenken. Ich bin vom Lande, fuhr er fort. Auf dem Lande brüllen die Kühe, gackern die Hühner, mahnt die Gewitterwolke an’s Einfahren des Heu’s – Alles, Alles das mitten in einem tiefen Schmerz um ein eben sterbendes Kind! So war mir der alte Junge auch mein Kind! Aber was soll’s nun? forschte er ganz rath- und besinnungslos. Die Frauen machten sich eilends zu schaffen. Alle drei. Die Magd wurde zur Besorgung eines Wagens fortgeschickt. Dem armen verschmachteten Vegetarianer sollten seine neu geplätteten Nachtjacken, alle Sacktücher, Hemden, Strümpfe zugeschickt werden. Plümicke hatte zu Blaumeißel gesagt: Ich bin ja nur etwas ohnmächtig! Das ist mein ganzer Fehler. Habe keine rechte Courage! Aber die Josefa mag nur den Mahlo nehmen! Sie wird keinen Segen davon haben –! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0134" n="128"/> man in’s Spital gebracht und auch da doch nicht ganz verlassen müßte! Blaumeißel hatte gestern den Halbsterbenden im Hospital in den Armen gehabt. Aber es könnte sich mit dieser plötzlich ausgebrochenen Schwindsucht noch hinziehen, hieß es. Man sollte doch Manches zusammenpacken! Von seiner Wäsche! Er selbst wollte es dann dem Armen überbringen.</p> <p>Ja, ja, sagte er, so ist das Leben! Am Sterbebett selbst unsrer Lieben, mit nassen Augen, müssen wir der Pflichten des täglichen Verkehrs gedenken. Ich bin vom Lande, fuhr er fort. Auf dem Lande brüllen die Kühe, gackern die Hühner, mahnt die Gewitterwolke an’s Einfahren des Heu’s – Alles, Alles das mitten in einem tiefen Schmerz um ein eben sterbendes Kind! So war mir der alte Junge auch mein Kind! Aber was soll’s nun? forschte er ganz rath- und besinnungslos.</p> <p>Die Frauen machten sich eilends zu schaffen. Alle drei. Die Magd wurde zur Besorgung eines Wagens fortgeschickt. Dem armen verschmachteten Vegetarianer sollten seine neu geplätteten Nachtjacken, alle Sacktücher, Hemden, Strümpfe zugeschickt werden. Plümicke hatte zu Blaumeißel gesagt: Ich bin ja nur etwas ohnmächtig! Das ist mein ganzer Fehler. Habe keine rechte Courage! Aber die Josefa mag nur den Mahlo nehmen! Sie wird keinen Segen davon haben –!</p> </div> </body> </text> </TEI> [128/0134]
man in’s Spital gebracht und auch da doch nicht ganz verlassen müßte! Blaumeißel hatte gestern den Halbsterbenden im Hospital in den Armen gehabt. Aber es könnte sich mit dieser plötzlich ausgebrochenen Schwindsucht noch hinziehen, hieß es. Man sollte doch Manches zusammenpacken! Von seiner Wäsche! Er selbst wollte es dann dem Armen überbringen.
Ja, ja, sagte er, so ist das Leben! Am Sterbebett selbst unsrer Lieben, mit nassen Augen, müssen wir der Pflichten des täglichen Verkehrs gedenken. Ich bin vom Lande, fuhr er fort. Auf dem Lande brüllen die Kühe, gackern die Hühner, mahnt die Gewitterwolke an’s Einfahren des Heu’s – Alles, Alles das mitten in einem tiefen Schmerz um ein eben sterbendes Kind! So war mir der alte Junge auch mein Kind! Aber was soll’s nun? forschte er ganz rath- und besinnungslos.
Die Frauen machten sich eilends zu schaffen. Alle drei. Die Magd wurde zur Besorgung eines Wagens fortgeschickt. Dem armen verschmachteten Vegetarianer sollten seine neu geplätteten Nachtjacken, alle Sacktücher, Hemden, Strümpfe zugeschickt werden. Plümicke hatte zu Blaumeißel gesagt: Ich bin ja nur etwas ohnmächtig! Das ist mein ganzer Fehler. Habe keine rechte Courage! Aber die Josefa mag nur den Mahlo nehmen! Sie wird keinen Segen davon haben –!
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