Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Das jeweilige Aufblitzen der dunkeln Augen Adas, das Aufspringen aus dem Fauteuil verrieth die heftige Arbeit des Geistes unter der kleinen weißen Stirn. Das Zimmer war nach allen Ausgängen hin geschlossen. Sie konnte sich fühlen wie ein Vogel in seinem Neste, den Kopf unter die Flügel gesteckt. Wie schön hatte sie sich und noch mit Hülfe der Mutter grade dies kleine, in den stattlichen, bildsäulengeschmückten, mit karyatidengetragenen Laternen erleuchteten Hofe gehende Gemach als ihr ständiges Wohnzimmer eingerichtet! Die Portieren und Teppiche waren alle im türkischen Geschmack. Der dunkle Ton der olivengrün bezogenen Möbel bildete mit dem Geist von Bagdad und Damaskus, der hier zu herrschen schien, ein harmonisches Ganze. Und sie selbst, die jugendliche, schlanke Gestalt der in ihrem Gedankenleben ganz wie verirrten jungen Frau, wie stand sie im schwarzen Sammetkleide in so schönem Zusammenhange mit einer Umgebung, die sie, einem sittlichen innern Impulse folgend - aufzugeben entschlossen war. Unruhig zog sie sich in eine Gruppe Blattpflanzen zurück, wohlbesorgt, daß der bewegliche Fauteuil näher bei einem an ein zweites Fenster gerückten eleganten Schreibtisch von Ebenholz hielt, als dem Postament einer Nachbildung des schlafenden Mädchens von Canova aus der Villa Sommariva. Ach, wie hätte dies liebliche, im Das jeweilige Aufblitzen der dunkeln Augen Adas, das Aufspringen aus dem Fauteuil verrieth die heftige Arbeit des Geistes unter der kleinen weißen Stirn. Das Zimmer war nach allen Ausgängen hin geschlossen. Sie konnte sich fühlen wie ein Vogel in seinem Neste, den Kopf unter die Flügel gesteckt. Wie schön hatte sie sich und noch mit Hülfe der Mutter grade dies kleine, in den stattlichen, bildsäulengeschmückten, mit karyatidengetragenen Laternen erleuchteten Hofe gehende Gemach als ihr ständiges Wohnzimmer eingerichtet! Die Portièren und Teppiche waren alle im türkischen Geschmack. Der dunkle Ton der olivengrün bezogenen Möbel bildete mit dem Geist von Bagdad und Damaskus, der hier zu herrschen schien, ein harmonisches Ganze. Und sie selbst, die jugendliche, schlanke Gestalt der in ihrem Gedankenleben ganz wie verirrten jungen Frau, wie stand sie im schwarzen Sammetkleide in so schönem Zusammenhange mit einer Umgebung, die sie, einem sittlichen innern Impulse folgend – aufzugeben entschlossen war. Unruhig zog sie sich in eine Gruppe Blattpflanzen zurück, wohlbesorgt, daß der bewegliche Fauteuil näher bei einem an ein zweites Fenster gerückten eleganten Schreibtisch von Ebenholz hielt, als dem Postament einer Nachbildung des schlafenden Mädchens von Canova aus der Villa Sommariva. Ach, wie hätte dies liebliche, im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0166" n="160"/> <p> Das jeweilige Aufblitzen der dunkeln Augen Adas, das Aufspringen aus dem Fauteuil verrieth die heftige Arbeit des Geistes unter der kleinen weißen Stirn. Das Zimmer war nach allen Ausgängen hin geschlossen. Sie konnte sich fühlen wie ein Vogel in seinem Neste, den Kopf unter die Flügel gesteckt. Wie schön hatte sie sich und noch mit Hülfe der Mutter grade dies kleine, in den stattlichen, bildsäulengeschmückten, mit karyatidengetragenen Laternen erleuchteten Hofe gehende Gemach als ihr ständiges Wohnzimmer eingerichtet! Die Portièren und Teppiche waren alle im türkischen Geschmack. Der dunkle Ton der olivengrün bezogenen Möbel bildete mit dem Geist von Bagdad und Damaskus, der hier zu herrschen schien, ein harmonisches Ganze. Und sie selbst, die jugendliche, schlanke Gestalt der in ihrem Gedankenleben ganz wie verirrten jungen Frau, wie stand sie im schwarzen Sammetkleide in so schönem Zusammenhange mit einer Umgebung, die sie, einem sittlichen innern Impulse folgend – aufzugeben entschlossen war.</p> <p>Unruhig zog sie sich in eine Gruppe Blattpflanzen zurück, wohlbesorgt, daß der bewegliche Fauteuil näher bei einem an ein zweites Fenster gerückten eleganten Schreibtisch von Ebenholz hielt, als dem Postament einer Nachbildung des schlafenden Mädchens von Canova aus der Villa Sommariva. Ach, wie hätte dies liebliche, im </p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0166]
Das jeweilige Aufblitzen der dunkeln Augen Adas, das Aufspringen aus dem Fauteuil verrieth die heftige Arbeit des Geistes unter der kleinen weißen Stirn. Das Zimmer war nach allen Ausgängen hin geschlossen. Sie konnte sich fühlen wie ein Vogel in seinem Neste, den Kopf unter die Flügel gesteckt. Wie schön hatte sie sich und noch mit Hülfe der Mutter grade dies kleine, in den stattlichen, bildsäulengeschmückten, mit karyatidengetragenen Laternen erleuchteten Hofe gehende Gemach als ihr ständiges Wohnzimmer eingerichtet! Die Portièren und Teppiche waren alle im türkischen Geschmack. Der dunkle Ton der olivengrün bezogenen Möbel bildete mit dem Geist von Bagdad und Damaskus, der hier zu herrschen schien, ein harmonisches Ganze. Und sie selbst, die jugendliche, schlanke Gestalt der in ihrem Gedankenleben ganz wie verirrten jungen Frau, wie stand sie im schwarzen Sammetkleide in so schönem Zusammenhange mit einer Umgebung, die sie, einem sittlichen innern Impulse folgend – aufzugeben entschlossen war.
Unruhig zog sie sich in eine Gruppe Blattpflanzen zurück, wohlbesorgt, daß der bewegliche Fauteuil näher bei einem an ein zweites Fenster gerückten eleganten Schreibtisch von Ebenholz hielt, als dem Postament einer Nachbildung des schlafenden Mädchens von Canova aus der Villa Sommariva. Ach, wie hätte dies liebliche, im
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/166>, abgerufen am 16.02.2025. |