Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.der Odyssee und träte mit bewußter antiker Attitüde auf. Goethe hätte sich blos auf Damen verstanden wie - Nun regte sich das kleine Teufelchen, das in allen Frauen steckt, auch in Helenen; sie war eine Evatochter wie Alle. Wie mit lang verhaltenem Mißtrauen platzte das Wort heraus: Wie das Fräulein Edwina Marloff! Der Graf schwieg. Er staunte und überlegte nur. Eifersucht ist denn doch Liebe! dachte er. Im Gefühl, vollkommen unschuldig und rein von dem Verdacht zu sein, den vielleicht Helene ausgesprochen haben wollte, sagte er: Ei, ich wünschte, ich kennte die merkwürdige Dame! Nicht nur sie selbst - sie soll bildschön und geistreich sein, sondern auch die Person, die ihr die Wirthschaft führt. Diese ist mir als unendlich lächerlich geschildert worden, aber vielleicht ist mir ihre Lächerlichkeit sympathisch. J'aime Ie sublime! Sie soll das Erhabene vortragen wie Talma! Der Atelierstaub Ihres Papas kommt ihm doch wohl zuweilen in die Augen und er urtheilt - blind! Sie werden bitter, Herr Graf! sagte Helene gereizt und richtete den Blick auf die Landstraße hinaus, indem sie sich zugleich eine Wendung ihres Körpers gab. Vergessen Sie aber nicht, setzte sie gutmüthig hinzu, daß Sie die kleine Fehde angefangen haben und ich bin doch nicht Goethes Therese! der Odyssee und träte mit bewußter antiker Attitüde auf. Goethe hätte sich blos auf Damen verstanden wie – Nun regte sich das kleine Teufelchen, das in allen Frauen steckt, auch in Helenen; sie war eine Evatochter wie Alle. Wie mit lang verhaltenem Mißtrauen platzte das Wort heraus: Wie das Fräulein Edwina Marloff! Der Graf schwieg. Er staunte und überlegte nur. Eifersucht ist denn doch Liebe! dachte er. Im Gefühl, vollkommen unschuldig und rein von dem Verdacht zu sein, den vielleicht Helene ausgesprochen haben wollte, sagte er: Ei, ich wünschte, ich kennte die merkwürdige Dame! Nicht nur sie selbst – sie soll bildschön und geistreich sein, sondern auch die Person, die ihr die Wirthschaft führt. Diese ist mir als unendlich lächerlich geschildert worden, aber vielleicht ist mir ihre Lächerlichkeit sympathisch. J’aime Ie sublime! Sie soll das Erhabene vortragen wie Talma! Der Atelierstaub Ihres Papas kommt ihm doch wohl zuweilen in die Augen und er urtheilt – blind! Sie werden bitter, Herr Graf! sagte Helene gereizt und richtete den Blick auf die Landstraße hinaus, indem sie sich zugleich eine Wendung ihres Körpers gab. Vergessen Sie aber nicht, setzte sie gutmüthig hinzu, daß Sie die kleine Fehde angefangen haben und ich bin doch nicht Goethes Therese! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="16"/> der Odyssee und träte mit bewußter antiker Attitüde auf. Goethe hätte sich blos auf Damen verstanden wie – Nun regte sich das kleine Teufelchen, das in allen Frauen steckt, auch in Helenen; sie war eine Evatochter wie Alle. Wie mit lang verhaltenem Mißtrauen platzte das Wort heraus: Wie das Fräulein Edwina Marloff! </p> <p>Der Graf schwieg. Er staunte und überlegte nur. Eifersucht ist denn doch Liebe! dachte er. Im Gefühl, vollkommen unschuldig und rein von dem Verdacht zu sein, den vielleicht Helene ausgesprochen haben wollte, sagte er: Ei, ich wünschte, ich kennte die merkwürdige Dame! Nicht nur sie selbst – sie soll bildschön und geistreich sein, sondern auch die Person, die ihr die Wirthschaft führt. Diese ist mir als unendlich lächerlich geschildert worden, aber vielleicht ist mir ihre Lächerlichkeit sympathisch. <hi rendition="#aq">J’aime Ie sublime</hi>! Sie soll das Erhabene vortragen wie Talma! Der Atelierstaub Ihres Papas kommt ihm doch wohl zuweilen in die Augen und er urtheilt – blind!</p> <p>Sie werden bitter, Herr Graf! sagte Helene gereizt und richtete den Blick auf die Landstraße hinaus, indem sie sich zugleich eine Wendung ihres Körpers gab. Vergessen Sie aber nicht, setzte sie gutmüthig hinzu, daß Sie die kleine Fehde angefangen haben und ich bin doch nicht Goethes Therese!</p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0022]
der Odyssee und träte mit bewußter antiker Attitüde auf. Goethe hätte sich blos auf Damen verstanden wie – Nun regte sich das kleine Teufelchen, das in allen Frauen steckt, auch in Helenen; sie war eine Evatochter wie Alle. Wie mit lang verhaltenem Mißtrauen platzte das Wort heraus: Wie das Fräulein Edwina Marloff!
Der Graf schwieg. Er staunte und überlegte nur. Eifersucht ist denn doch Liebe! dachte er. Im Gefühl, vollkommen unschuldig und rein von dem Verdacht zu sein, den vielleicht Helene ausgesprochen haben wollte, sagte er: Ei, ich wünschte, ich kennte die merkwürdige Dame! Nicht nur sie selbst – sie soll bildschön und geistreich sein, sondern auch die Person, die ihr die Wirthschaft führt. Diese ist mir als unendlich lächerlich geschildert worden, aber vielleicht ist mir ihre Lächerlichkeit sympathisch. J’aime Ie sublime! Sie soll das Erhabene vortragen wie Talma! Der Atelierstaub Ihres Papas kommt ihm doch wohl zuweilen in die Augen und er urtheilt – blind!
Sie werden bitter, Herr Graf! sagte Helene gereizt und richtete den Blick auf die Landstraße hinaus, indem sie sich zugleich eine Wendung ihres Körpers gab. Vergessen Sie aber nicht, setzte sie gutmüthig hinzu, daß Sie die kleine Fehde angefangen haben und ich bin doch nicht Goethes Therese!
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