Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Nein! Nein! wollte der Graf im Tone des höchsten Entzückens aufwallen, aber Helene zog das Glas der Wagenthür auf, der Graf beherrschte sich und schwieg. Es ist mir durch jenen Namen, den Sie nannten, begann er nach einer Weile des Bereuens, daß er zu weit gegangen, - nicht Therese, sondern - wie heißt sie doch? Enfin - Aspasie! Cocottille - Edwina! ergänzte Helene. Richtig! fuhr er fort. Durch diesen Namen war die Veranlassung gegeben, das Geheimniß zu berühren, das die Tochter eines Feldmessers umgiebt. Es wird Ihnen nicht unbekannt geblieben sein. Entzieht es sich auch unserer Conversation, so kann ich doch sagen, aus dem schriftlichen und theilweise persönlichen Verkehr, den die aufopfernde Güte Ihres Bruders vermittelte, ist mir ein Wort unvergeßlich geblieben: Der Mann hätte das Bedürfniß nach dem "Weibe an sich", nach dem Ideal, wie ich's nennen möchte, dem Bilde unserer glücklichen Träume! Glauben Sie, daß ich in Ihnen nur eine Schwester, eine Tochter, eine mögliche Mutter, eine Frau Hofräthin oder dergleichen sehe und nicht vielmehr - jetzt steigerte sich wieder des Grafen Stimme - einen Blumenkelch, der Alles in sich schließt, was es nur Geheimnißvolles im Bunde beider Geschlechter geben kann? Nein! Nein! wollte der Graf im Tone des höchsten Entzückens aufwallen, aber Helene zog das Glas der Wagenthür auf, der Graf beherrschte sich und schwieg. Es ist mir durch jenen Namen, den Sie nannten, begann er nach einer Weile des Bereuens, daß er zu weit gegangen, – nicht Therese, sondern – wie heißt sie doch? Enfin – Aspasie! Cocottille – Edwina! ergänzte Helene. Richtig! fuhr er fort. Durch diesen Namen war die Veranlassung gegeben, das Geheimniß zu berühren, das die Tochter eines Feldmessers umgiebt. Es wird Ihnen nicht unbekannt geblieben sein. Entzieht es sich auch unserer Conversation, so kann ich doch sagen, aus dem schriftlichen und theilweise persönlichen Verkehr, den die aufopfernde Güte Ihres Bruders vermittelte, ist mir ein Wort unvergeßlich geblieben: Der Mann hätte das Bedürfniß nach dem „Weibe an sich“, nach dem Ideal, wie ich’s nennen möchte, dem Bilde unserer glücklichen Träume! Glauben Sie, daß ich in Ihnen nur eine Schwester, eine Tochter, eine mögliche Mutter, eine Frau Hofräthin oder dergleichen sehe und nicht vielmehr – jetzt steigerte sich wieder des Grafen Stimme – einen Blumenkelch, der Alles in sich schließt, was es nur Geheimnißvolles im Bunde beider Geschlechter geben kann? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0023" n="17"/> <p> Nein! Nein! wollte der Graf im Tone des höchsten Entzückens aufwallen, aber Helene zog das Glas der Wagenthür auf, der Graf beherrschte sich und schwieg. Es ist mir durch jenen Namen, den Sie nannten, begann er nach einer Weile des Bereuens, daß er zu weit gegangen, – nicht Therese, sondern – wie heißt sie doch? <hi rendition="#aq">Enfin – Aspasie! Cocottille</hi> –</p> <p>Edwina! ergänzte Helene.</p> <p>Richtig! fuhr er fort. Durch diesen Namen war die Veranlassung gegeben, das Geheimniß zu berühren, das die Tochter eines Feldmessers umgiebt. Es wird Ihnen nicht unbekannt geblieben sein. Entzieht es sich auch unserer Conversation, so kann ich doch sagen, aus dem schriftlichen und theilweise persönlichen Verkehr, den die aufopfernde Güte Ihres Bruders vermittelte, ist mir ein Wort unvergeßlich geblieben: Der Mann hätte das Bedürfniß nach dem „Weibe an sich“, nach dem Ideal, wie ich’s nennen möchte, dem Bilde unserer glücklichen Träume! Glauben Sie, daß ich in Ihnen nur eine Schwester, eine Tochter, eine mögliche Mutter, eine Frau Hofräthin oder dergleichen sehe und nicht vielmehr – jetzt steigerte sich wieder des Grafen Stimme – einen Blumenkelch, der Alles in sich schließt, was es nur Geheimnißvolles im Bunde beider Geschlechter geben kann?</p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0023]
Nein! Nein! wollte der Graf im Tone des höchsten Entzückens aufwallen, aber Helene zog das Glas der Wagenthür auf, der Graf beherrschte sich und schwieg. Es ist mir durch jenen Namen, den Sie nannten, begann er nach einer Weile des Bereuens, daß er zu weit gegangen, – nicht Therese, sondern – wie heißt sie doch? Enfin – Aspasie! Cocottille –
Edwina! ergänzte Helene.
Richtig! fuhr er fort. Durch diesen Namen war die Veranlassung gegeben, das Geheimniß zu berühren, das die Tochter eines Feldmessers umgiebt. Es wird Ihnen nicht unbekannt geblieben sein. Entzieht es sich auch unserer Conversation, so kann ich doch sagen, aus dem schriftlichen und theilweise persönlichen Verkehr, den die aufopfernde Güte Ihres Bruders vermittelte, ist mir ein Wort unvergeßlich geblieben: Der Mann hätte das Bedürfniß nach dem „Weibe an sich“, nach dem Ideal, wie ich’s nennen möchte, dem Bilde unserer glücklichen Träume! Glauben Sie, daß ich in Ihnen nur eine Schwester, eine Tochter, eine mögliche Mutter, eine Frau Hofräthin oder dergleichen sehe und nicht vielmehr – jetzt steigerte sich wieder des Grafen Stimme – einen Blumenkelch, der Alles in sich schließt, was es nur Geheimnißvolles im Bunde beider Geschlechter geben kann?
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