Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.nur durch ein zuckendes Erheben seiner sonst so milden Augen aus. Sie reflectiren zu viel und hören sich gern selbst reden! hatte der Lenker unsrer Geschicke geäußert. Am Geistreichseinwollen mußte auch Ihr Freund (er nannte einen unglücklichen Namen der neuern Geschichte) zu Grunde gehen, wie Kaiser Max daran in Mexiko zu Grunde gegangen ist. Eines ist es, Feuilletonist sein, und das Andre ist, identische diplomatische Noten schreiben! Wenn Sie wüßten, hatte der große Mann sogar geschlossen, wie schon bei jeder Rede, die ich halte, auch bei mir die Neigung zur Mitarbeiterschaft am Kladderadatsch mich foltert -! Wie oft ich Ausdrücke wähle, die ich hintennach bitter bereue -! Nein, es ist Nichts mit der geistreichelnden Diplomatie, die nur Bonmots macht und am Wiener Congreß die Länder am Bostontisch verspielt! Schon am Bundestage hat sie mir die gelehrtesten Herren, die dort in diese trippelnde Varnhagen-Manier hineingeriethen und nur nach Curiositäten jagten, unerträglich gemacht. Man muß wissen, was man in der Welt will, und im Uebrigen außerordentlich viel schweigen. Graf Udo fand durch diese offene Erklärung Vieles aufgehellt, was Ottomar, der tief in seinen Charakter eingedrungen war, aus Schonung ihm manchmal nur angedeutet hatte. Doch schied er im besten Einvernehmen nur durch ein zuckendes Erheben seiner sonst so milden Augen aus. Sie reflectiren zu viel und hören sich gern selbst reden! hatte der Lenker unsrer Geschicke geäußert. Am Geistreichseinwollen mußte auch Ihr Freund (er nannte einen unglücklichen Namen der neuern Geschichte) zu Grunde gehen, wie Kaiser Max daran in Mexiko zu Grunde gegangen ist. Eines ist es, Feuilletonist sein, und das Andre ist, identische diplomatische Noten schreiben! Wenn Sie wüßten, hatte der große Mann sogar geschlossen, wie schon bei jeder Rede, die ich halte, auch bei mir die Neigung zur Mitarbeiterschaft am Kladderadatsch mich foltert –! Wie oft ich Ausdrücke wähle, die ich hintennach bitter bereue –! Nein, es ist Nichts mit der geistreichelnden Diplomatie, die nur Bonmots macht und am Wiener Congreß die Länder am Bostontisch verspielt! Schon am Bundestage hat sie mir die gelehrtesten Herren, die dort in diese trippelnde Varnhagen-Manier hineingeriethen und nur nach Curiositäten jagten, unerträglich gemacht. Man muß wissen, was man in der Welt will, und im Uebrigen außerordentlich viel schweigen. Graf Udo fand durch diese offene Erklärung Vieles aufgehellt, was Ottomar, der tief in seinen Charakter eingedrungen war, aus Schonung ihm manchmal nur angedeutet hatte. Doch schied er im besten Einvernehmen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0280" n="274"/> nur durch ein zuckendes Erheben seiner sonst so milden Augen aus.</p> <p>Sie reflectiren zu viel und hören sich gern selbst reden! hatte der Lenker unsrer Geschicke geäußert. Am Geistreichseinwollen mußte auch Ihr Freund (er nannte einen unglücklichen Namen der neuern Geschichte) zu Grunde gehen, wie Kaiser Max daran in Mexiko zu Grunde gegangen ist. Eines ist es, Feuilletonist sein, und das Andre ist, identische diplomatische Noten schreiben! Wenn Sie wüßten, hatte der große Mann sogar geschlossen, wie schon bei jeder Rede, die ich halte, auch bei mir die Neigung zur Mitarbeiterschaft am Kladderadatsch mich foltert –! Wie oft ich Ausdrücke wähle, die ich hintennach bitter bereue –! Nein, es ist Nichts mit der geistreichelnden Diplomatie, die nur Bonmots macht und am Wiener Congreß die Länder am Bostontisch verspielt! Schon am Bundestage hat sie mir die gelehrtesten Herren, die dort in diese trippelnde Varnhagen-Manier hineingeriethen und nur nach Curiositäten jagten, unerträglich gemacht. Man muß wissen, was man in der Welt will, und im Uebrigen außerordentlich viel schweigen.</p> <p>Graf Udo fand durch diese offene Erklärung Vieles aufgehellt, was Ottomar, der tief in seinen Charakter eingedrungen war, aus Schonung ihm manchmal nur angedeutet hatte. Doch schied er im besten Einvernehmen </p> </div> </body> </text> </TEI> [274/0280]
nur durch ein zuckendes Erheben seiner sonst so milden Augen aus.
Sie reflectiren zu viel und hören sich gern selbst reden! hatte der Lenker unsrer Geschicke geäußert. Am Geistreichseinwollen mußte auch Ihr Freund (er nannte einen unglücklichen Namen der neuern Geschichte) zu Grunde gehen, wie Kaiser Max daran in Mexiko zu Grunde gegangen ist. Eines ist es, Feuilletonist sein, und das Andre ist, identische diplomatische Noten schreiben! Wenn Sie wüßten, hatte der große Mann sogar geschlossen, wie schon bei jeder Rede, die ich halte, auch bei mir die Neigung zur Mitarbeiterschaft am Kladderadatsch mich foltert –! Wie oft ich Ausdrücke wähle, die ich hintennach bitter bereue –! Nein, es ist Nichts mit der geistreichelnden Diplomatie, die nur Bonmots macht und am Wiener Congreß die Länder am Bostontisch verspielt! Schon am Bundestage hat sie mir die gelehrtesten Herren, die dort in diese trippelnde Varnhagen-Manier hineingeriethen und nur nach Curiositäten jagten, unerträglich gemacht. Man muß wissen, was man in der Welt will, und im Uebrigen außerordentlich viel schweigen.
Graf Udo fand durch diese offene Erklärung Vieles aufgehellt, was Ottomar, der tief in seinen Charakter eingedrungen war, aus Schonung ihm manchmal nur angedeutet hatte. Doch schied er im besten Einvernehmen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>)
(2014-02-19T11:57:26Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |