Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Weiblichkeit", hohe "Frauenwürde" und des Weibes "weltgeschichtlicher Culturberuf" - Alles das kam zum buchstaben- und leitartikelgemäßen Ausdruck, bis sich über den stillen Seufzer des halbblinden und doch von seinen drei Schoppen nicht lassenden Schul-Emeritus die Worte stahlen: Ja wir leben in der Welt der Phrase! Die Debatte bewegte sich zurück auf das Project, Althing feierlich einzuholen. Dies war Triesels Vorschlag und er fand Anklang. Schon sah sich eine hernach durch's Loos zu bestimmende Deputation ausersehen, den alten Meister am nächsten Montag in aller Frühe in seiner Arbeitsklause unter dem raschelnden, selten gekehrten Laube seines "Parks" zu begrüßen und zu bekennen, daß die Neuen Serapionsbrüder sich ohne ihn, ohne sein jeweiliges Aufdonnern, ohne sein olympisches Zeuslockenschütteln, ohne seine liebenswürdige Grobheit, seine anregenden Paradoxieen, nicht wohlbefinden könnten. Triesel schwang sich ganz auf ideale Höhe. Er erbat sich die Ehre, die entsprechende Rede zu halten. Und als wenn er die Gedanken der heute etwa zu fünfundzwanzig Versammelten durchschaut hätte, kündigte er an, er würde bei dieser Mission keinen einzigen seiner zwanzig Orden anlegen, sondern nur mit simplem Frack erscheinen, denn er fühle ganz mit dem Unglücklichen. Ich meine - sagte er zu allgemeinem Weiblichkeit“, hohe „Frauenwürde“ und des Weibes „weltgeschichtlicher Culturberuf“ – Alles das kam zum buchstaben- und leitartikelgemäßen Ausdruck, bis sich über den stillen Seufzer des halbblinden und doch von seinen drei Schoppen nicht lassenden Schul-Emeritus die Worte stahlen: Ja wir leben in der Welt der Phrase! Die Debatte bewegte sich zurück auf das Project, Althing feierlich einzuholen. Dies war Triesels Vorschlag und er fand Anklang. Schon sah sich eine hernach durch’s Loos zu bestimmende Deputation ausersehen, den alten Meister am nächsten Montag in aller Frühe in seiner Arbeitsklause unter dem raschelnden, selten gekehrten Laube seines „Parks“ zu begrüßen und zu bekennen, daß die Neuen Serapionsbrüder sich ohne ihn, ohne sein jeweiliges Aufdonnern, ohne sein olympisches Zeuslockenschütteln, ohne seine liebenswürdige Grobheit, seine anregenden Paradoxieen, nicht wohlbefinden könnten. Triesel schwang sich ganz auf ideale Höhe. Er erbat sich die Ehre, die entsprechende Rede zu halten. Und als wenn er die Gedanken der heute etwa zu fünfundzwanzig Versammelten durchschaut hätte, kündigte er an, er würde bei dieser Mission keinen einzigen seiner zwanzig Orden anlegen, sondern nur mit simplem Frack erscheinen, denn er fühle ganz mit dem Unglücklichen. Ich meine – sagte er zu allgemeinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0307" n="301"/> Weiblichkeit“, hohe „Frauenwürde“ und des Weibes „weltgeschichtlicher Culturberuf“ – Alles das kam zum buchstaben- und leitartikelgemäßen Ausdruck, bis sich über den stillen Seufzer des halbblinden und doch von seinen drei Schoppen nicht lassenden Schul-Emeritus die Worte stahlen: Ja wir leben in der Welt der Phrase! Die Debatte bewegte sich zurück auf das Project, Althing feierlich einzuholen.</p> <p>Dies war Triesels Vorschlag und er fand Anklang. </p> <p>Schon sah sich eine hernach durch’s Loos zu bestimmende Deputation ausersehen, den alten Meister am nächsten Montag in aller Frühe in seiner Arbeitsklause unter dem raschelnden, selten gekehrten Laube seines „Parks“ zu begrüßen und zu bekennen, daß die Neuen Serapionsbrüder sich ohne ihn, ohne sein jeweiliges Aufdonnern, ohne sein olympisches Zeuslockenschütteln, ohne seine liebenswürdige Grobheit, seine anregenden Paradoxieen, nicht wohlbefinden könnten. Triesel schwang sich ganz auf ideale Höhe. Er erbat sich die Ehre, die entsprechende Rede zu halten. Und als wenn er die Gedanken der heute etwa zu fünfundzwanzig Versammelten durchschaut hätte, kündigte er an, er würde bei dieser Mission keinen einzigen seiner zwanzig Orden anlegen, sondern nur mit simplem Frack erscheinen, denn er fühle ganz mit dem Unglücklichen. Ich meine – sagte er zu allgemeinem </p> </div> </body> </text> </TEI> [301/0307]
Weiblichkeit“, hohe „Frauenwürde“ und des Weibes „weltgeschichtlicher Culturberuf“ – Alles das kam zum buchstaben- und leitartikelgemäßen Ausdruck, bis sich über den stillen Seufzer des halbblinden und doch von seinen drei Schoppen nicht lassenden Schul-Emeritus die Worte stahlen: Ja wir leben in der Welt der Phrase! Die Debatte bewegte sich zurück auf das Project, Althing feierlich einzuholen.
Dies war Triesels Vorschlag und er fand Anklang.
Schon sah sich eine hernach durch’s Loos zu bestimmende Deputation ausersehen, den alten Meister am nächsten Montag in aller Frühe in seiner Arbeitsklause unter dem raschelnden, selten gekehrten Laube seines „Parks“ zu begrüßen und zu bekennen, daß die Neuen Serapionsbrüder sich ohne ihn, ohne sein jeweiliges Aufdonnern, ohne sein olympisches Zeuslockenschütteln, ohne seine liebenswürdige Grobheit, seine anregenden Paradoxieen, nicht wohlbefinden könnten. Triesel schwang sich ganz auf ideale Höhe. Er erbat sich die Ehre, die entsprechende Rede zu halten. Und als wenn er die Gedanken der heute etwa zu fünfundzwanzig Versammelten durchschaut hätte, kündigte er an, er würde bei dieser Mission keinen einzigen seiner zwanzig Orden anlegen, sondern nur mit simplem Frack erscheinen, denn er fühle ganz mit dem Unglücklichen. Ich meine – sagte er zu allgemeinem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/307 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/307>, abgerufen am 16.02.2025. |