die neuen Herren derselben wurden. Den Leicht¬ sinn tilgte die Guillotine nicht.
Die neueste Revolution hatte zu den alten Elementen des pariser Lebens neue, zu zwei Aristokratien, der bourbonischen und bonapartisti¬ schen, noch eine dritte gesellt, die Aristokratie der Banquiers. Mehr als je wurde das Geld der Hebel des gesellschaftlichen Mechanismus, seitdem eine Klasse in den Vorgrund trat, mit der es in dieser Rücksicht schwer war, zu wett¬ eifern. Weil die Pariser das Geld nicht an¬ häufen, sondern es als Mahlschatz immer wieder aufschütten und von dem Winde umtreiben las¬ sen, so wird jede Lebensäußerung dort in den metallischen Strom mit hineingerissen. Dieser Strom ist es, welcher die entsetzlichsten Ver¬ heerungen in der Moralität und Freundschaft anrichtet. Sein Ebben und Fluthen macht Leben und Tod. Er ergießt sich frei, offen, vor allen Augen, nicht einmal unterirdisch. Er
die neuen Herren derſelben wurden. Den Leicht¬ ſinn tilgte die Guillotine nicht.
Die neueſte Revolution hatte zu den alten Elementen des pariſer Lebens neue, zu zwei Ariſtokratien, der bourboniſchen und bonapartiſti¬ ſchen, noch eine dritte geſellt, die Ariſtokratie der Banquiers. Mehr als je wurde das Geld der Hebel des geſellſchaftlichen Mechanismus, ſeitdem eine Klaſſe in den Vorgrund trat, mit der es in dieſer Rückſicht ſchwer war, zu wett¬ eifern. Weil die Pariſer das Geld nicht an¬ häufen, ſondern es als Mahlſchatz immer wieder aufſchütten und von dem Winde umtreiben laſ¬ ſen, ſo wird jede Lebensäußerung dort in den metalliſchen Strom mit hineingeriſſen. Dieſer Strom iſt es, welcher die entſetzlichſten Ver¬ heerungen in der Moralität und Freundſchaft anrichtet. Sein Ebben und Fluthen macht Leben und Tod. Er ergießt ſich frei, offen, vor allen Augen, nicht einmal unterirdiſch. Er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0143"n="134"/>
die neuen Herren derſelben wurden. Den Leicht¬<lb/>ſinn tilgte die Guillotine nicht.</p><lb/><p>Die neueſte Revolution hatte zu den alten<lb/>
Elementen des pariſer Lebens neue, zu zwei<lb/>
Ariſtokratien, der bourboniſchen und bonapartiſti¬<lb/>ſchen, noch eine dritte geſellt, die Ariſtokratie<lb/>
der Banquiers. Mehr als je wurde das Geld<lb/>
der Hebel des geſellſchaftlichen Mechanismus,<lb/>ſeitdem eine Klaſſe in den Vorgrund trat, mit<lb/>
der es in dieſer Rückſicht ſchwer war, zu wett¬<lb/>
eifern. Weil die Pariſer das Geld nicht an¬<lb/>
häufen, ſondern es als Mahlſchatz immer wieder<lb/>
aufſchütten und von dem Winde umtreiben laſ¬<lb/>ſen, ſo wird jede Lebensäußerung dort in den<lb/>
metalliſchen Strom mit hineingeriſſen. Dieſer<lb/>
Strom iſt es, welcher die entſetzlichſten Ver¬<lb/>
heerungen in der Moralität und Freundſchaft<lb/>
anrichtet. Sein Ebben und Fluthen macht<lb/>
Leben und Tod. Er ergießt ſich frei, offen,<lb/>
vor allen Augen, nicht einmal unterirdiſch. Er<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[134/0143]
die neuen Herren derſelben wurden. Den Leicht¬
ſinn tilgte die Guillotine nicht.
Die neueſte Revolution hatte zu den alten
Elementen des pariſer Lebens neue, zu zwei
Ariſtokratien, der bourboniſchen und bonapartiſti¬
ſchen, noch eine dritte geſellt, die Ariſtokratie
der Banquiers. Mehr als je wurde das Geld
der Hebel des geſellſchaftlichen Mechanismus,
ſeitdem eine Klaſſe in den Vorgrund trat, mit
der es in dieſer Rückſicht ſchwer war, zu wett¬
eifern. Weil die Pariſer das Geld nicht an¬
häufen, ſondern es als Mahlſchatz immer wieder
aufſchütten und von dem Winde umtreiben laſ¬
ſen, ſo wird jede Lebensäußerung dort in den
metalliſchen Strom mit hineingeriſſen. Dieſer
Strom iſt es, welcher die entſetzlichſten Ver¬
heerungen in der Moralität und Freundſchaft
anrichtet. Sein Ebben und Fluthen macht
Leben und Tod. Er ergießt ſich frei, offen,
vor allen Augen, nicht einmal unterirdiſch. Er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/143>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.