Dame kömmt im Theater nicht zur Ruhe. Keine Meinung, die unter den Liebhabern ver¬ breitet ist, ist so falsch, als die von der Gunst, welche das Theater der Neigung gewähre. Man wird sein Idol neben sich haben, man wird Stunden lang mit ihm flüstern können; das ist gewiß; aber das Idol wird auch immer zer¬ streut sein und hinter jeder aufgehobenen Lorg¬ nette einen Mann vermuthen, der mit dem Seufzenden neben ihr die Vergleichung aushält, oder ihn wohl übertrifft in der Huldigung, die er ihr schenkt. Jener Satz gilt nur bei der Sentimentalität, welche nicht hört und nicht sieht, oder bei jenen kleinen Geschöpfen, die über ein geschenktes Freibillet glücklich sind und alles, was das Theater an Illusionen bietet, für die Schöpfung und die Bekanntschaft ihres Anbeters halten.
Als Wally nach Hause begleitet war von ihrem Schwager und ihn noch einige Zeit bei
Gutzkow's Wally. 10
Dame kömmt im Theater nicht zur Ruhe. Keine Meinung, die unter den Liebhabern ver¬ breitet iſt, iſt ſo falſch, als die von der Gunſt, welche das Theater der Neigung gewähre. Man wird ſein Idol neben ſich haben, man wird Stunden lang mit ihm flüſtern können; das iſt gewiß; aber das Idol wird auch immer zer¬ ſtreut ſein und hinter jeder aufgehobenen Lorg¬ nette einen Mann vermuthen, der mit dem Seufzenden neben ihr die Vergleichung aushält, oder ihn wohl übertrifft in der Huldigung, die er ihr ſchenkt. Jener Satz gilt nur bei der Sentimentalität, welche nicht hört und nicht ſieht, oder bei jenen kleinen Geſchöpfen, die über ein geſchenktes Freibillet glücklich ſind und alles, was das Theater an Illuſionen bietet, für die Schöpfung und die Bekanntſchaft ihres Anbeters halten.
Als Wally nach Hauſe begleitet war von ihrem Schwager und ihn noch einige Zeit bei
Gutzkow's Wally. 10
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Dame kömmt im Theater nicht zur Ruhe.
Keine Meinung, die unter den Liebhabern ver¬
breitet iſt, iſt ſo falſch, als die von der Gunſt,
welche das Theater der Neigung gewähre. Man
wird ſein Idol neben ſich haben, man wird
Stunden lang mit ihm flüſtern können; das
iſt gewiß; aber das Idol wird auch immer zer¬
ſtreut ſein und hinter jeder aufgehobenen Lorg¬
nette einen Mann vermuthen, der mit dem
Seufzenden neben ihr die Vergleichung aushält,
oder ihn wohl übertrifft in der Huldigung, die
er ihr ſchenkt. Jener Satz gilt nur bei der
Sentimentalität, welche nicht hört und nicht
ſieht, oder bei jenen kleinen Geſchöpfen, die
über ein geſchenktes Freibillet glücklich ſind und
alles, was das Theater an Illuſionen bietet,
für die Schöpfung und die Bekanntſchaft ihres
Anbeters halten.
Als Wally nach Hauſe begleitet war von
ihrem Schwager und ihn noch einige Zeit bei
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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