Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
1.

Auf weißem Zelter sprengte im sonnengold¬
durchwirkten Walde, Wally, ein Bild, das die
Schönheit Aphroditens übertraf, da sich bei ihm
zu jedem klassischen Reize, der nur aus dem cy¬
prischen Meerschaume geflossen sein konnte, noch
alle romantischen Zauber gesellten: ja selbst die
Drapperie der modernsten Zeit fehlte nicht, ein
Vorzug, der sich weniger in der Schönheit selbst,
als in ihrer Atmosphäre kund zu geben pflegt.
Welche natürliche und ihr doch so vollkommen
gegenwärtige Koketterie auf einem Thiere, von
dem sie wahrscheinlich selbst nicht wußte, daß
es blind war! Wally gab sich das Ansehen,
als wäre sie mit ihrer Situation verschwi¬

1.

Auf weißem Zelter ſprengte im ſonnengold¬
durchwirkten Walde, Wally, ein Bild, das die
Schönheit Aphroditens übertraf, da ſich bei ihm
zu jedem klaſſiſchen Reize, der nur aus dem cy¬
priſchen Meerſchaume gefloſſen ſein konnte, noch
alle romantiſchen Zauber geſellten: ja ſelbſt die
Drapperie der modernſten Zeit fehlte nicht, ein
Vorzug, der ſich weniger in der Schönheit ſelbſt,
als in ihrer Atmoſphäre kund zu geben pflegt.
Welche natürliche und ihr doch ſo vollkommen
gegenwärtige Koketterie auf einem Thiere, von
dem ſie wahrſcheinlich ſelbſt nicht wußte, daß
es blind war! Wally gab ſich das Anſehen,
als wäre ſie mit ihrer Situation verſchwi¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0016" n="[7]"/>
        <div n="2">
          <head>1.<lb/></head>
          <p>Auf weißem Zelter &#x017F;prengte im &#x017F;onnengold¬<lb/>
durchwirkten Walde, Wally, ein Bild, das die<lb/>
Schönheit Aphroditens übertraf, da &#x017F;ich bei ihm<lb/>
zu jedem kla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Reize, der nur aus dem cy¬<lb/>
pri&#x017F;chen Meer&#x017F;chaume geflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein konnte, noch<lb/>
alle romanti&#x017F;chen Zauber ge&#x017F;ellten: ja &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
Drapperie der modern&#x017F;ten Zeit fehlte nicht, ein<lb/>
Vorzug, der &#x017F;ich weniger in der Schönheit &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
als in ihrer Atmo&#x017F;phäre kund zu geben pflegt.<lb/>
Welche natürliche und ihr doch &#x017F;o vollkommen<lb/>
gegenwärtige Koketterie auf einem Thiere, von<lb/>
dem &#x017F;ie wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;elb&#x017F;t nicht wußte, daß<lb/>
es blind war! Wally gab &#x017F;ich das An&#x017F;ehen,<lb/>
als wäre &#x017F;ie mit ihrer Situation ver&#x017F;chwi¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[7]/0016] 1. Auf weißem Zelter ſprengte im ſonnengold¬ durchwirkten Walde, Wally, ein Bild, das die Schönheit Aphroditens übertraf, da ſich bei ihm zu jedem klaſſiſchen Reize, der nur aus dem cy¬ priſchen Meerſchaume gefloſſen ſein konnte, noch alle romantiſchen Zauber geſellten: ja ſelbſt die Drapperie der modernſten Zeit fehlte nicht, ein Vorzug, der ſich weniger in der Schönheit ſelbſt, als in ihrer Atmoſphäre kund zu geben pflegt. Welche natürliche und ihr doch ſo vollkommen gegenwärtige Koketterie auf einem Thiere, von dem ſie wahrſcheinlich ſelbſt nicht wußte, daß es blind war! Wally gab ſich das Anſehen, als wäre ſie mit ihrer Situation verſchwi¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/16
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. [7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/16>, abgerufen am 21.11.2024.