Ich las nun Alles, was ich schrieb und zittre, daß ich kaum geschrieben habe, was ich wollte. Eines ist auch ganz unmöglich, ge¬ schrieben zu werden: die Verzweiflung und das Gräßliche. Nämlich jene grausamen, blutsau¬ genden Träume, die mich wachendes Auges über¬ fallen und mich hinausstoßen in eine hohnla¬ chende, von gräßlichen, unnennbaren Dingen drappirte Welt. Wie combinir' ich! Was für Dinge kommen mir vor die Augen! Ich zittre, während mein Puls ganz richtig und medizinisch schlägt. Muß ich sterben, was verbrach ich, daß mir Raben erscheinen müs¬ sen? Ich sehe eine schwarze Halle und einen weiten Sarg. Ein Rumpf fällt von der Decke, wo eine Oeffnung, hinunter in den
Gutzkow's Wally. 17
Ich las nun Alles, was ich ſchrieb und zittre, daß ich kaum geſchrieben habe, was ich wollte. Eines iſt auch ganz unmöglich, ge¬ ſchrieben zu werden: die Verzweiflung und das Gräßliche. Nämlich jene grauſamen, blutſau¬ genden Träume, die mich wachendes Auges über¬ fallen und mich hinausſtoßen in eine hohnla¬ chende, von gräßlichen, unnennbaren Dingen drappirte Welt. Wie combinir' ich! Was für Dinge kommen mir vor die Augen! Ich zittre, während mein Puls ganz richtig und mediziniſch ſchlägt. Muß ich ſterben, was verbrach ich, daß mir Raben erſcheinen müſ¬ ſen? Ich ſehe eine ſchwarze Halle und einen weiten Sarg. Ein Rumpf fällt von der Decke, wo eine Oeffnung, hinunter in den
Gutzkow's Wally. 17
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0266"n="257"/><p>Ich las nun Alles, was ich ſchrieb und<lb/>
zittre, daß ich kaum geſchrieben habe, was ich<lb/>
wollte. Eines iſt auch ganz unmöglich, ge¬<lb/>ſchrieben zu werden: die Verzweiflung und das<lb/>
Gräßliche. Nämlich jene grauſamen, blutſau¬<lb/>
genden Träume, die mich wachendes Auges über¬<lb/>
fallen und mich hinausſtoßen in eine hohnla¬<lb/>
chende, von gräßlichen, unnennbaren Dingen<lb/>
drappirte Welt. Wie combinir' ich! Was für<lb/>
Dinge kommen mir vor die Augen! Ich<lb/>
zittre, während mein Puls ganz richtig und<lb/>
mediziniſch ſchlägt. Muß ich ſterben, was<lb/>
verbrach ich, daß mir Raben erſcheinen müſ¬<lb/>ſen? Ich ſehe eine ſchwarze Halle und einen<lb/>
weiten Sarg. Ein Rumpf fällt von der<lb/>
Decke, wo eine Oeffnung, hinunter in den<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Gutzkow's Wally. 17<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[257/0266]
Ich las nun Alles, was ich ſchrieb und
zittre, daß ich kaum geſchrieben habe, was ich
wollte. Eines iſt auch ganz unmöglich, ge¬
ſchrieben zu werden: die Verzweiflung und das
Gräßliche. Nämlich jene grauſamen, blutſau¬
genden Träume, die mich wachendes Auges über¬
fallen und mich hinausſtoßen in eine hohnla¬
chende, von gräßlichen, unnennbaren Dingen
drappirte Welt. Wie combinir' ich! Was für
Dinge kommen mir vor die Augen! Ich
zittre, während mein Puls ganz richtig und
mediziniſch ſchlägt. Muß ich ſterben, was
verbrach ich, daß mir Raben erſcheinen müſ¬
ſen? Ich ſehe eine ſchwarze Halle und einen
weiten Sarg. Ein Rumpf fällt von der
Decke, wo eine Oeffnung, hinunter in den
Gutzkow's Wally. 17
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/266>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.