Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

all gefürchtet werden: auf den Universitäten
jene unverschämten Knaben, die gegen Jeder¬
mann die Hand in die Seite stemmen und von
Verachtung und Malice übersprudeln; unterm
Militär diejenigen, welche ihren Säbel gern
so hängen, daß sie ihn hinter sich klirren hö¬
ren. Man kann aber sagen, daß wenn diese Men¬
schen Einbildungskraft genug hätten, die Ge¬
fahr zu sehen, sie die verzagtesten sein würden.
Der Besonnene ist von Natur niemals muthig.
Er folgt nur den Rücksichten, und ist uner¬
schrocken, weil die Sache einmal nicht zu
ändern ist."

Wally fand diese Aeußerungen durchaus nicht
so liebenswürdig, wie sie gewohnt war, der¬
gleichen von ihren männlichen Umgebungen zu
hören. Es war in ihrem innerlichen Urtheile
etwas, was einen guten Schein hatte. Sie
vermißte an Cäsar den Reiz der Natürlichkeit.
Seine Reflexion zog an, befriedigte aber das

all gefürchtet werden: auf den Univerſitäten
jene unverſchämten Knaben, die gegen Jeder¬
mann die Hand in die Seite ſtemmen und von
Verachtung und Malice überſprudeln; unterm
Militär diejenigen, welche ihren Säbel gern
ſo hängen, daß ſie ihn hinter ſich klirren hö¬
ren. Man kann aber ſagen, daß wenn dieſe Men¬
ſchen Einbildungskraft genug hätten, die Ge¬
fahr zu ſehen, ſie die verzagteſten ſein würden.
Der Beſonnene iſt von Natur niemals muthig.
Er folgt nur den Rückſichten, und iſt uner¬
ſchrocken, weil die Sache einmal nicht zu
ändern iſt.“

Wally fand dieſe Aeußerungen durchaus nicht
ſo liebenswürdig, wie ſie gewohnt war, der¬
gleichen von ihren männlichen Umgebungen zu
hören. Es war in ihrem innerlichen Urtheile
etwas, was einen guten Schein hatte. Sie
vermißte an Cäſar den Reiz der Natürlichkeit.
Seine Reflexion zog an, befriedigte aber das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0033" n="24"/>
all gefürchtet werden: auf den Univer&#x017F;itäten<lb/>
jene unver&#x017F;chämten Knaben, die gegen Jeder¬<lb/>
mann die Hand in die Seite &#x017F;temmen und von<lb/>
Verachtung und Malice über&#x017F;prudeln; unterm<lb/>
Militär diejenigen, welche ihren Säbel gern<lb/>
&#x017F;o hängen, daß &#x017F;ie ihn hinter &#x017F;ich klirren hö¬<lb/>
ren. Man kann aber &#x017F;agen, daß wenn die&#x017F;e Men¬<lb/>
&#x017F;chen Einbildungskraft genug hätten, die Ge¬<lb/>
fahr zu &#x017F;ehen, &#x017F;ie die verzagte&#x017F;ten &#x017F;ein würden.<lb/>
Der Be&#x017F;onnene i&#x017F;t von Natur niemals muthig.<lb/>
Er folgt nur den Rück&#x017F;ichten, und i&#x017F;t uner¬<lb/>
&#x017F;chrocken, weil die Sache einmal nicht zu<lb/>
ändern i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wally fand die&#x017F;e Aeußerungen durchaus nicht<lb/>
&#x017F;o liebenswürdig, wie &#x017F;ie gewohnt war, der¬<lb/>
gleichen von ihren männlichen Umgebungen zu<lb/>
hören. Es war in ihrem innerlichen Urtheile<lb/>
etwas, was einen guten Schein hatte. Sie<lb/>
vermißte an Cä&#x017F;ar den Reiz der Natürlichkeit.<lb/>
Seine Reflexion zog an, befriedigte aber das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0033] all gefürchtet werden: auf den Univerſitäten jene unverſchämten Knaben, die gegen Jeder¬ mann die Hand in die Seite ſtemmen und von Verachtung und Malice überſprudeln; unterm Militär diejenigen, welche ihren Säbel gern ſo hängen, daß ſie ihn hinter ſich klirren hö¬ ren. Man kann aber ſagen, daß wenn dieſe Men¬ ſchen Einbildungskraft genug hätten, die Ge¬ fahr zu ſehen, ſie die verzagteſten ſein würden. Der Beſonnene iſt von Natur niemals muthig. Er folgt nur den Rückſichten, und iſt uner¬ ſchrocken, weil die Sache einmal nicht zu ändern iſt.“ Wally fand dieſe Aeußerungen durchaus nicht ſo liebenswürdig, wie ſie gewohnt war, der¬ gleichen von ihren männlichen Umgebungen zu hören. Es war in ihrem innerlichen Urtheile etwas, was einen guten Schein hatte. Sie vermißte an Cäſar den Reiz der Natürlichkeit. Seine Reflexion zog an, befriedigte aber das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/33
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/33>, abgerufen am 21.11.2024.