Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.Temperament nicht. Nichts desto weniger traf "Die Tugend nicht," entgegnete Cäsar; "Sie sind ohne Natur;" sagte Wally. "Ich bin ohne Verstellung;" fiel Cäsar ein. "Ohne Verstellung? Jeder Satz in Ihren Cäsar mußte lächeln; er hatte etwas ge¬ Temperament nicht. Nichts deſto weniger traf „Die Tugend nicht,“ entgegnete Cäſar; „Sie ſind ohne Natur;“ ſagte Wally. „Ich bin ohne Verſtellung;“ fiel Cäſar ein. „Ohne Verſtellung? Jeder Satz in Ihren Cäſar mußte lächeln; er hatte etwas ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0034" n="25"/> Temperament nicht. Nichts deſto weniger traf<lb/> ſie ſehr gut die Gedankenreihe Cäſars, indem<lb/> ſie fortfuhr: „Ich glaube faſt, Sie halten die<lb/> Tugend für eine Berechnung?“</p><lb/> <p>„Die Tugend nicht,“ entgegnete Cäſar;<lb/> „aber Alles, was man gern für Inſtinkt an¬<lb/> zuſehen gewohnt iſt. Unſre Handlungen ſollen<lb/> berechnet ſein, unſre Empfindungen ſind es.<lb/> Ich erinnere Sie nur an das Unbequeme man¬<lb/> cher Empfindung, mit der wir gern kokettiren,<lb/> die uns aber in gewiſſen Zeiten recht zur Un¬<lb/> zeit kömmt.“</p><lb/> <p>„Sie ſind ohne Natur;“ ſagte Wally.</p><lb/> <p>„Ich bin ohne Verſtellung;“ fiel Cäſar ein.</p><lb/> <p>„Ohne Verſtellung? Jeder Satz in Ihren<lb/> Theorien ſcheint von Ihren zufälligen Zwek¬<lb/> ken abhängig zu ſein.“</p><lb/> <p>Cäſar mußte lächeln; er hatte etwas ge¬<lb/> ſagt, was er nicht meinte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0034]
Temperament nicht. Nichts deſto weniger traf
ſie ſehr gut die Gedankenreihe Cäſars, indem
ſie fortfuhr: „Ich glaube faſt, Sie halten die
Tugend für eine Berechnung?“
„Die Tugend nicht,“ entgegnete Cäſar;
„aber Alles, was man gern für Inſtinkt an¬
zuſehen gewohnt iſt. Unſre Handlungen ſollen
berechnet ſein, unſre Empfindungen ſind es.
Ich erinnere Sie nur an das Unbequeme man¬
cher Empfindung, mit der wir gern kokettiren,
die uns aber in gewiſſen Zeiten recht zur Un¬
zeit kömmt.“
„Sie ſind ohne Natur;“ ſagte Wally.
„Ich bin ohne Verſtellung;“ fiel Cäſar ein.
„Ohne Verſtellung? Jeder Satz in Ihren
Theorien ſcheint von Ihren zufälligen Zwek¬
ken abhängig zu ſein.“
Cäſar mußte lächeln; er hatte etwas ge¬
ſagt, was er nicht meinte.
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