für sie schon ein gränzenloses Glück: wie leicht wird es Gott, seine Geschöpfe selig zu machen!) Diese Mäßigung stand ihr ungemein schön, wie die Leute sagen, die aus ihrer jetzigen Verwir¬ rung das Vorangegangene herausgelockt haben. Da kam die zweite Saison. Bärbel stand an der Gartenthür der beiden Indien. Ein großer Reisewagen, thurmhoch bepackt, mit sechs Pfer¬ den bespannt, glitt am Hemmschuh bedächtig die Höhe herab. Vorn und rückwärts Bediente, Kammerzofen, Bologneser Hunde, ein Papa¬ gay, ein Geschwätz und Gekrächz, das eine ganz neue Welt in das alte Schwalbach zu bringen schien. Bärbel stand auf den Zehen, blickte in den offenen Schlag und stieß einen entsetz¬ lichen Schrei aus. Sie hatte die untreue Herab¬ lassung gesehen, wie sie die Hand eines jungen reizenden Weibes küßte. Es war des jungen Paares erste Badereise, gleich nach der Hoch¬ zeit. Das sahe auch Bärbel sogleich ein, nach¬
für ſie ſchon ein gränzenloſes Glück: wie leicht wird es Gott, ſeine Geſchöpfe ſelig zu machen!) Dieſe Mäßigung ſtand ihr ungemein ſchön, wie die Leute ſagen, die aus ihrer jetzigen Verwir¬ rung das Vorangegangene herausgelockt haben. Da kam die zweite Saiſon. Bärbel ſtand an der Gartenthür der beiden Indien. Ein großer Reiſewagen, thurmhoch bepackt, mit ſechs Pfer¬ den beſpannt, glitt am Hemmſchuh bedächtig die Höhe herab. Vorn und rückwärts Bediente, Kammerzofen, Bologneſer Hunde, ein Papa¬ gay, ein Geſchwätz und Gekrächz, das eine ganz neue Welt in das alte Schwalbach zu bringen ſchien. Bärbel ſtand auf den Zehen, blickte in den offenen Schlag und ſtieß einen entſetz¬ lichen Schrei aus. Sie hatte die untreue Herab¬ laſſung geſehen, wie ſie die Hand eines jungen reizenden Weibes küßte. Es war des jungen Paares erſte Badereiſe, gleich nach der Hoch¬ zeit. Das ſahe auch Bärbel ſogleich ein, nach¬
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für ſie ſchon ein gränzenloſes Glück: wie leicht
wird es Gott, ſeine Geſchöpfe ſelig zu machen!)
Dieſe Mäßigung ſtand ihr ungemein ſchön, wie
die Leute ſagen, die aus ihrer jetzigen Verwir¬
rung das Vorangegangene herausgelockt haben.
Da kam die zweite Saiſon. Bärbel ſtand an
der Gartenthür der beiden Indien. Ein großer
Reiſewagen, thurmhoch bepackt, mit ſechs Pfer¬
den beſpannt, glitt am Hemmſchuh bedächtig
die Höhe herab. Vorn und rückwärts Bediente,
Kammerzofen, Bologneſer Hunde, ein Papa¬
gay, ein Geſchwätz und Gekrächz, das eine ganz
neue Welt in das alte Schwalbach zu bringen
ſchien. Bärbel ſtand auf den Zehen, blickte
in den offenen Schlag und ſtieß einen entſetz¬
lichen Schrei aus. Sie hatte die untreue Herab¬
laſſung geſehen, wie ſie die Hand eines jungen
reizenden Weibes küßte. Es war des jungen
Paares erſte Badereiſe, gleich nach der Hoch¬
zeit. Das ſahe auch Bärbel ſogleich ein, nach¬
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/65>, abgerufen am 16.02.2025.
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