einen Schatz das Haus Nassau an diesem Tam¬ bour hatte. Unglücklicherweise verliebte sich aber der militärische Künstler, und in ein Mädchen, das zwar den Werth der Armee zu schätzen wußte, auch den der Musik, aber einem Trompeter von der Artillerie schon den Vor¬ zug gegeben hatte. Hier mußte eine Rivali¬ tät eintreten, welche der Liebe eben so sehr galt, wie der Kunst. Der Tambour verzweifelte nicht; indessen war er zu bescheiden. Er fühlte, wie sein Instrument, diese monotone Rhyth¬ mik, hinter der Trompete zurückstand. Sein Gegenstand war die Tochter eines Wiesbader Bürgers, eines Mannes, den man durch Aus¬ zeichnungen ehren konnte. Und wie zeichnete ihn der Trompeter aus! Wenn er des Abends in des gehofften Schwiegervaters Gärtchen saß, siehe, dann setzte er das silberne Mundstück an die glänzende Trompete und blies den Parade¬ marsch, "Frisch auf Kameraden!" alle Walzer,
einen Schatz das Haus Naſſau an dieſem Tam¬ bour hatte. Unglücklicherweiſe verliebte ſich aber der militäriſche Künſtler, und in ein Mädchen, das zwar den Werth der Armee zu ſchätzen wußte, auch den der Muſik, aber einem Trompeter von der Artillerie ſchon den Vor¬ zug gegeben hatte. Hier mußte eine Rivali¬ tät eintreten, welche der Liebe eben ſo ſehr galt, wie der Kunſt. Der Tambour verzweifelte nicht; indeſſen war er zu beſcheiden. Er fühlte, wie ſein Inſtrument, dieſe monotone Rhyth¬ mik, hinter der Trompete zurückſtand. Sein Gegenſtand war die Tochter eines Wiesbader Bürgers, eines Mannes, den man durch Aus¬ zeichnungen ehren konnte. Und wie zeichnete ihn der Trompeter aus! Wenn er des Abends in des gehofften Schwiegervaters Gärtchen ſaß, ſiehe, dann ſetzte er das ſilberne Mundſtück an die glänzende Trompete und blies den Parade¬ marſch, „Friſch auf Kameraden!“ alle Walzer,
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einen Schatz das Haus Naſſau an dieſem Tam¬
bour hatte. Unglücklicherweiſe verliebte ſich aber
der militäriſche Künſtler, und in ein Mädchen,
das zwar den Werth der Armee zu ſchätzen
wußte, auch den der Muſik, aber einem
Trompeter von der Artillerie ſchon den Vor¬
zug gegeben hatte. Hier mußte eine Rivali¬
tät eintreten, welche der Liebe eben ſo ſehr
galt, wie der Kunſt. Der Tambour verzweifelte
nicht; indeſſen war er zu beſcheiden. Er fühlte,
wie ſein Inſtrument, dieſe monotone Rhyth¬
mik, hinter der Trompete zurückſtand. Sein
Gegenſtand war die Tochter eines Wiesbader
Bürgers, eines Mannes, den man durch Aus¬
zeichnungen ehren konnte. Und wie zeichnete
ihn der Trompeter aus! Wenn er des Abends
in des gehofften Schwiegervaters Gärtchen ſaß,
ſiehe, dann ſetzte er das ſilberne Mundſtück an
die glänzende Trompete und blies den Parade¬
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/70>, abgerufen am 21.11.2024.
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