Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.besserer Beobachter als der Engländer ist, da dieser in seinem Egoismus nur gewohnt ist, sich selbst gegen die ganze Menschheit exklusiv zu betrachten und nur zwei Menschenklassen, das Jch und das Nicht-ich zu gestatten, abweichend von dem ehrgeizigen Franzosen, der die Menschheit gern in Völker zerstückelt, weil er wohl weiß, daß es ruhmvoller ist zu sagen: "wir haben hundert Nationen besiegt," als "wir haben die Menschheit überwunden." Dieser innere Entdeckungsgeist wurde vorzüglich von der noch immer fabelhaften Geographie Afrika's angelockt. Das Jnnere von Afrika ist in der Geographie von Herodot, bis sogar in die neuesten Zeiten, in die Zeiten der Lander und Clapperton der geographische Stein der Weisen gewesen. Homer und Herodot sahen in Afrika nur eine unbestimmte, vage Ausdehnung, von schwarzen Aethiopen bewohnte Grenze des in ihrer geographischen Vorstellung lebenden Erdtellers. Die Neger waren ihnen die Söhne jener Nacht, welche rings den Erdkreis umgibt. Spätere Geographen, freilich noch aus der Kindheit der Wissenschaft, wollten wenigstens ein Ende dieser Nacht sehen und umrandeten Afrika mit einer großen Mauer, um welche Sonne und Mond ihren Kreislauf halte. Erst später ahnte man, daß Afrika die Form jenes pythagoräischen Satzes hat, daß das Quadrat der Katheten gleich sey dem Quadrat der Hypotenuse. Allmählich lernte man die Küste des Landes kennen; aber Alles, was man von dem Jnnern besserer Beobachter als der Engländer ist, da dieser in seinem Egoismus nur gewohnt ist, sich selbst gegen die ganze Menschheit exklusiv zu betrachten und nur zwei Menschenklassen, das Jch und das Nicht-ich zu gestatten, abweichend von dem ehrgeizigen Franzosen, der die Menschheit gern in Völker zerstückelt, weil er wohl weiß, daß es ruhmvoller ist zu sagen: "wir haben hundert Nationen besiegt," als "wir haben die Menschheit überwunden.“ Dieser innere Entdeckungsgeist wurde vorzüglich von der noch immer fabelhaften Geographie Afrika’s angelockt. Das Jnnere von Afrika ist in der Geographie von Herodot, bis sogar in die neuesten Zeiten, in die Zeiten der Lander und Clapperton der geographische Stein der Weisen gewesen. Homer und Herodot sahen in Afrika nur eine unbestimmte, vage Ausdehnung, von schwarzen Aethiopen bewohnte Grenze des in ihrer geographischen Vorstellung lebenden Erdtellers. Die Neger waren ihnen die Söhne jener Nacht, welche rings den Erdkreis umgibt. Spätere Geographen, freilich noch aus der Kindheit der Wissenschaft, wollten wenigstens ein Ende dieser Nacht sehen und umrandeten Afrika mit einer großen Mauer, um welche Sonne und Mond ihren Kreislauf halte. Erst später ahnte man, daß Afrika die Form jenes pythagoräischen Satzes hat, daß das Quadrat der Katheten gleich sey dem Quadrat der Hypotenuse. Allmählich lernte man die Küste des Landes kennen; aber Alles, was man von dem Jnnern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0266" n="238"/> besserer Beobachter als der Engländer ist, da dieser in seinem Egoismus nur gewohnt ist, sich selbst gegen die ganze Menschheit exklusiv zu betrachten und nur zwei Menschenklassen, das Jch und das Nicht-ich zu gestatten, abweichend von dem ehrgeizigen Franzosen, der die Menschheit gern in Völker zerstückelt, weil er wohl weiß, daß es ruhmvoller ist zu sagen: "wir haben hundert Nationen besiegt," als "wir haben die Menschheit überwunden.“</p> <p>Dieser innere Entdeckungsgeist wurde vorzüglich von der noch immer fabelhaften Geographie Afrika’s angelockt. Das Jnnere von Afrika ist in der Geographie von Herodot, bis sogar in die neuesten Zeiten, in die Zeiten der Lander und Clapperton der geographische Stein der Weisen gewesen. Homer und Herodot sahen in Afrika nur eine unbestimmte, vage Ausdehnung, von schwarzen Aethiopen bewohnte Grenze des in ihrer geographischen Vorstellung lebenden Erdtellers. Die Neger waren ihnen die Söhne jener Nacht, welche rings den Erdkreis umgibt. Spätere Geographen, freilich noch aus der Kindheit der Wissenschaft, wollten wenigstens ein Ende dieser Nacht sehen und umrandeten Afrika mit einer großen Mauer, um welche Sonne und Mond ihren Kreislauf halte. Erst später ahnte man, daß Afrika die Form jenes pythagoräischen Satzes hat, daß das Quadrat der Katheten gleich sey dem Quadrat der Hypotenuse. Allmählich lernte man die Küste des Landes kennen; aber Alles, was man von dem Jnnern </p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0266]
besserer Beobachter als der Engländer ist, da dieser in seinem Egoismus nur gewohnt ist, sich selbst gegen die ganze Menschheit exklusiv zu betrachten und nur zwei Menschenklassen, das Jch und das Nicht-ich zu gestatten, abweichend von dem ehrgeizigen Franzosen, der die Menschheit gern in Völker zerstückelt, weil er wohl weiß, daß es ruhmvoller ist zu sagen: "wir haben hundert Nationen besiegt," als "wir haben die Menschheit überwunden.“
Dieser innere Entdeckungsgeist wurde vorzüglich von der noch immer fabelhaften Geographie Afrika’s angelockt. Das Jnnere von Afrika ist in der Geographie von Herodot, bis sogar in die neuesten Zeiten, in die Zeiten der Lander und Clapperton der geographische Stein der Weisen gewesen. Homer und Herodot sahen in Afrika nur eine unbestimmte, vage Ausdehnung, von schwarzen Aethiopen bewohnte Grenze des in ihrer geographischen Vorstellung lebenden Erdtellers. Die Neger waren ihnen die Söhne jener Nacht, welche rings den Erdkreis umgibt. Spätere Geographen, freilich noch aus der Kindheit der Wissenschaft, wollten wenigstens ein Ende dieser Nacht sehen und umrandeten Afrika mit einer großen Mauer, um welche Sonne und Mond ihren Kreislauf halte. Erst später ahnte man, daß Afrika die Form jenes pythagoräischen Satzes hat, daß das Quadrat der Katheten gleich sey dem Quadrat der Hypotenuse. Allmählich lernte man die Küste des Landes kennen; aber Alles, was man von dem Jnnern
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