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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Jetzt sehen wir wieder, daß sich die Sympathien ganz anders bestimmen und die Jnteressen sogar da begegnen, wo man im Uebrigen nicht zum besten aufeinander zu sprechen ist. So ist zum Beispiel die heilige Allianz durchaus nicht mehr so eng verschwistert, wie damals, als sie zum erstenmal beschlossen wurde, und England, der einzige Staat, sich weigerte, ihr beizutreten. Oesterreich ist durch die Napoleonische Zeit so sehr gewöhnt, sich an die Politik unsrer Staatsmänner anzuschließen, daß wir für gewiß annehmen können, es wird jeden einzelnen Titel seiner Jnteressen allen Paragraphen der heiligen Allianz vorziehen. Eben so gut, wie wir jetzt Frankreich mit Rußland konspiriren sehen, um die Bestimmungen des Quadrupelvertrags zu hintergehen, eben so könnte Oesterreich vorziehen, sich mit konstitutionellen Staaten zu verbinden, wenn es sich darum handelte, Rußlands Macht im Osten oder im Westen durch Armeen oder durch Portfolio's zu bekämpfen.

Einer der kostspieligsten Ansätze in den Budgets ist noch immer die würdige Repräsentation der Staaten im Auslande. Die großen Reiche finden daher auch für passend, lieber vermögende Staatsmänner für diesen Zweck zu wählen, welche aus eignen Mitteln noch das hinzuthun, was ihnen der Staat nicht geben kann. Wie könnte Oesterreich dem Fürsten Esterhazy die Mittel geben, um von Tatersall ein Pferd zu kaufen, das einen außerordentlichen Preis kostet und dann von ihm erschossen wird! England allein scheint bei seinen auswärtigen

Jetzt sehen wir wieder, daß sich die Sympathien ganz anders bestimmen und die Jnteressen sogar da begegnen, wo man im Uebrigen nicht zum besten aufeinander zu sprechen ist. So ist zum Beispiel die heilige Allianz durchaus nicht mehr so eng verschwistert, wie damals, als sie zum erstenmal beschlossen wurde, und England, der einzige Staat, sich weigerte, ihr beizutreten. Oesterreich ist durch die Napoleonische Zeit so sehr gewöhnt, sich an die Politik unsrer Staatsmänner anzuschließen, daß wir für gewiß annehmen können, es wird jeden einzelnen Titel seiner Jnteressen allen Paragraphen der heiligen Allianz vorziehen. Eben so gut, wie wir jetzt Frankreich mit Rußland konspiriren sehen, um die Bestimmungen des Quadrupelvertrags zu hintergehen, eben so könnte Oesterreich vorziehen, sich mit konstitutionellen Staaten zu verbinden, wenn es sich darum handelte, Rußlands Macht im Osten oder im Westen durch Armeen oder durch Portfolio’s zu bekämpfen.

Einer der kostspieligsten Ansätze in den Budgets ist noch immer die würdige Repräsentation der Staaten im Auslande. Die großen Reiche finden daher auch für passend, lieber vermögende Staatsmänner für diesen Zweck zu wählen, welche aus eignen Mitteln noch das hinzuthun, was ihnen der Staat nicht geben kann. Wie könnte Oesterreich dem Fürsten Esterhazy die Mittel geben, um von Tatersall ein Pferd zu kaufen, das einen außerordentlichen Preis kostet und dann von ihm erschossen wird! England allein scheint bei seinen auswärtigen

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[319/0347] Jetzt sehen wir wieder, daß sich die Sympathien ganz anders bestimmen und die Jnteressen sogar da begegnen, wo man im Uebrigen nicht zum besten aufeinander zu sprechen ist. So ist zum Beispiel die heilige Allianz durchaus nicht mehr so eng verschwistert, wie damals, als sie zum erstenmal beschlossen wurde, und England, der einzige Staat, sich weigerte, ihr beizutreten. Oesterreich ist durch die Napoleonische Zeit so sehr gewöhnt, sich an die Politik unsrer Staatsmänner anzuschließen, daß wir für gewiß annehmen können, es wird jeden einzelnen Titel seiner Jnteressen allen Paragraphen der heiligen Allianz vorziehen. Eben so gut, wie wir jetzt Frankreich mit Rußland konspiriren sehen, um die Bestimmungen des Quadrupelvertrags zu hintergehen, eben so könnte Oesterreich vorziehen, sich mit konstitutionellen Staaten zu verbinden, wenn es sich darum handelte, Rußlands Macht im Osten oder im Westen durch Armeen oder durch Portfolio’s zu bekämpfen. Einer der kostspieligsten Ansätze in den Budgets ist noch immer die würdige Repräsentation der Staaten im Auslande. Die großen Reiche finden daher auch für passend, lieber vermögende Staatsmänner für diesen Zweck zu wählen, welche aus eignen Mitteln noch das hinzuthun, was ihnen der Staat nicht geben kann. Wie könnte Oesterreich dem Fürsten Esterhazy die Mittel geben, um von Tatersall ein Pferd zu kaufen, das einen außerordentlichen Preis kostet und dann von ihm erschossen wird! England allein scheint bei seinen auswärtigen

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/347>, abgerufen am 23.11.2024.