Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Gesandschaften und den Consulaten von der Meinung auszugehen, daß ihm an einer Repräsentation der englischen Wettrenner und Fuchsjäger nichts gelegen ist. Es besoldet und verlangt nur nach dem Maße der von ihm gegebenen Summe die Einrichtung eines passenden Haushalts. England ist aber auch der einzige Staat, der seine Consuln bezahlt und dadurch die Würde unsrer Nation nicht blos in Petersburg und Wien aufrecht erhalten kann, sondern auch in Algier, Tunis, in Alexandria und Damascus. Will einmal eine Nation imponiren, so muß sie es den Reisenden als Zufluchtsort, den Handelnden als Beschützerin, allen Fremden als kosmopolitische Gastfreundin. Was kann es helfen, daß unser Gesandte in Wien eine Wette macht, welche der österreichischen Aristokratie Ehrfurcht vor ihm einflößt? Unsrer Nation kann die Billigung der ungrischen Magnaten sehr gleichgültig seyn; in die Neigung des Volkes, in die Stimmung der öffentlichen Meinung soll ein Staat sein Netz auswerfen und sich eine seinen Jnteressen gemäße Würdigung zu erobern suchen. Dieß geschieht aber weit besser, wenn wir einem Gesandten statt 20,000 Pfd. nur 10,000 geben und die andere Hälfte an zehn unsere Jnteressen in entlegenen Gegenden wahrende Consuln vertheilen. Die gegenwärtige europäische Diplomatie ist theils aus Gentlemen, theils aus Polizeispionen zusammengesetzt. Wenn man nicht gerade ausgezeichnete Staatsmänner zu Gesandten wählt, wie Talleyrand und Pozzo di Borgo, Gesandschaften und den Consulaten von der Meinung auszugehen, daß ihm an einer Repräsentation der englischen Wettrenner und Fuchsjäger nichts gelegen ist. Es besoldet und verlangt nur nach dem Maße der von ihm gegebenen Summe die Einrichtung eines passenden Haushalts. England ist aber auch der einzige Staat, der seine Consuln bezahlt und dadurch die Würde unsrer Nation nicht blos in Petersburg und Wien aufrecht erhalten kann, sondern auch in Algier, Tunis, in Alexandria und Damascus. Will einmal eine Nation imponiren, so muß sie es den Reisenden als Zufluchtsort, den Handelnden als Beschützerin, allen Fremden als kosmopolitische Gastfreundin. Was kann es helfen, daß unser Gesandte in Wien eine Wette macht, welche der österreichischen Aristokratie Ehrfurcht vor ihm einflößt? Unsrer Nation kann die Billigung der ungrischen Magnaten sehr gleichgültig seyn; in die Neigung des Volkes, in die Stimmung der öffentlichen Meinung soll ein Staat sein Netz auswerfen und sich eine seinen Jnteressen gemäße Würdigung zu erobern suchen. Dieß geschieht aber weit besser, wenn wir einem Gesandten statt 20,000 Pfd. nur 10,000 geben und die andere Hälfte an zehn unsere Jnteressen in entlegenen Gegenden wahrende Consuln vertheilen. Die gegenwärtige europäische Diplomatie ist theils aus Gentlemen, theils aus Polizeispionen zusammengesetzt. Wenn man nicht gerade ausgezeichnete Staatsmänner zu Gesandten wählt, wie Talleyrand und Pozzo di Borgo, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0348" n="320"/> Gesandschaften und den Consulaten von der Meinung auszugehen, daß ihm an einer Repräsentation der englischen Wettrenner und Fuchsjäger nichts gelegen ist. Es besoldet und verlangt nur nach dem Maße der von ihm gegebenen Summe die Einrichtung eines passenden Haushalts. England ist aber auch der einzige Staat, der seine Consuln bezahlt und dadurch die Würde unsrer Nation nicht blos in Petersburg und Wien aufrecht erhalten kann, sondern auch in Algier, Tunis, in Alexandria und Damascus. Will einmal eine Nation imponiren, so muß sie es den Reisenden als Zufluchtsort, den Handelnden als Beschützerin, allen Fremden als kosmopolitische Gastfreundin. Was kann es helfen, daß unser Gesandte in Wien eine Wette macht, welche der österreichischen Aristokratie Ehrfurcht vor ihm einflößt? Unsrer Nation kann die Billigung der ungrischen Magnaten sehr gleichgültig seyn; in die Neigung des Volkes, in die Stimmung der öffentlichen Meinung soll ein Staat sein Netz auswerfen und sich eine seinen Jnteressen gemäße Würdigung zu erobern suchen. Dieß geschieht aber weit besser, wenn wir einem Gesandten statt 20,000 Pfd. nur 10,000 geben und die andere Hälfte an zehn unsere Jnteressen in entlegenen Gegenden wahrende Consuln vertheilen.</p> <p>Die gegenwärtige europäische Diplomatie ist theils aus Gentlemen, theils aus Polizeispionen zusammengesetzt. Wenn man nicht gerade ausgezeichnete Staatsmänner zu Gesandten wählt, wie Talleyrand und Pozzo di Borgo, </p> </div> </body> </text> </TEI> [320/0348]
Gesandschaften und den Consulaten von der Meinung auszugehen, daß ihm an einer Repräsentation der englischen Wettrenner und Fuchsjäger nichts gelegen ist. Es besoldet und verlangt nur nach dem Maße der von ihm gegebenen Summe die Einrichtung eines passenden Haushalts. England ist aber auch der einzige Staat, der seine Consuln bezahlt und dadurch die Würde unsrer Nation nicht blos in Petersburg und Wien aufrecht erhalten kann, sondern auch in Algier, Tunis, in Alexandria und Damascus. Will einmal eine Nation imponiren, so muß sie es den Reisenden als Zufluchtsort, den Handelnden als Beschützerin, allen Fremden als kosmopolitische Gastfreundin. Was kann es helfen, daß unser Gesandte in Wien eine Wette macht, welche der österreichischen Aristokratie Ehrfurcht vor ihm einflößt? Unsrer Nation kann die Billigung der ungrischen Magnaten sehr gleichgültig seyn; in die Neigung des Volkes, in die Stimmung der öffentlichen Meinung soll ein Staat sein Netz auswerfen und sich eine seinen Jnteressen gemäße Würdigung zu erobern suchen. Dieß geschieht aber weit besser, wenn wir einem Gesandten statt 20,000 Pfd. nur 10,000 geben und die andere Hälfte an zehn unsere Jnteressen in entlegenen Gegenden wahrende Consuln vertheilen.
Die gegenwärtige europäische Diplomatie ist theils aus Gentlemen, theils aus Polizeispionen zusammengesetzt. Wenn man nicht gerade ausgezeichnete Staatsmänner zu Gesandten wählt, wie Talleyrand und Pozzo di Borgo,
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