Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.verachtet wurden. Der Zudrang zu dem geistlichen Stande würde freilich bei so ernsten Beschäftigungen aufhören; wie ich denn gewiß bin, daß das lange Vikariren der Candidaten bald enden sollte, wenn die Geistlichen verpflichtet wären, vormittäglich einige Stunden in den Gefängnissen zu weilen, Nachmittags einige in den Krankenhäusern, und jährlich, wenn auch nur einmal, einen Delinquenten auf den Rabenstein zu begleiten. Das sind ernstere, heiligere, der Menschheit nützlichere Geschäfte, als bei schönen Seelen geistliche Theevisiten zu machen und in Freimaurerclubbs Schach oder Whist zu spielen. Jndessen, was die Delinquenten betrifft, so mag den Geistlichen ihre Begleitung deßhalb erlassen seyn, weil ich mich nicht scheuen würde, jeden Strick abzuschneiden, woran ein Verurtheilter und selbst ein Greenacre hängt. Abschaffung der Todesstrafe - das ist ein Symbol, von demselben Werthe, als wenn man sagte: Gebt die Sklaven, die Juden, die Jrländer frei! Nehmet der Geistlichkeit den politischen Einfluß! Entfesselt die Presse! Huldiget allen großen Aufgaben, welche das Jahrhundert gleichsam an die Spitze großer Mastbäume befestigt hat, welche die Zeitgenossen erklettern müssen, selbst wenn die sophistische Seife der Unrechtslehrer machen sollte, daß sie zehnmal daran herunterglitten! wie z. B. unsere Kirchensteuer-Bill erklettert werden muß, selbst wenn die Minister, um die Tories von ihren Sitzen zu jagen, sich nicht verachtet wurden. Der Zudrang zu dem geistlichen Stande würde freilich bei so ernsten Beschäftigungen aufhören; wie ich denn gewiß bin, daß das lange Vikariren der Candidaten bald enden sollte, wenn die Geistlichen verpflichtet wären, vormittäglich einige Stunden in den Gefängnissen zu weilen, Nachmittags einige in den Krankenhäusern, und jährlich, wenn auch nur einmal, einen Delinquenten auf den Rabenstein zu begleiten. Das sind ernstere, heiligere, der Menschheit nützlichere Geschäfte, als bei schönen Seelen geistliche Theevisiten zu machen und in Freimaurerclubbs Schach oder Whist zu spielen. Jndessen, was die Delinquenten betrifft, so mag den Geistlichen ihre Begleitung deßhalb erlassen seyn, weil ich mich nicht scheuen würde, jeden Strick abzuschneiden, woran ein Verurtheilter und selbst ein Greenacre hängt. Abschaffung der Todesstrafe – das ist ein Symbol, von demselben Werthe, als wenn man sagte: Gebt die Sklaven, die Juden, die Jrländer frei! Nehmet der Geistlichkeit den politischen Einfluß! Entfesselt die Presse! Huldiget allen großen Aufgaben, welche das Jahrhundert gleichsam an die Spitze großer Mastbäume befestigt hat, welche die Zeitgenossen erklettern müssen, selbst wenn die sophistische Seife der Unrechtslehrer machen sollte, daß sie zehnmal daran herunterglitten! wie z. B. unsere Kirchensteuer-Bill erklettert werden muß, selbst wenn die Minister, um die Tories von ihren Sitzen zu jagen, sich nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="99"/> verachtet wurden. Der Zudrang zu dem geistlichen Stande würde freilich bei so ernsten Beschäftigungen aufhören; wie ich denn gewiß bin, daß das lange Vikariren der Candidaten bald enden sollte, wenn die Geistlichen verpflichtet wären, vormittäglich einige Stunden in den Gefängnissen zu weilen, Nachmittags einige in den Krankenhäusern, und jährlich, wenn auch nur einmal, einen Delinquenten auf den Rabenstein zu begleiten. Das sind ernstere, heiligere, der Menschheit nützlichere Geschäfte, als bei schönen Seelen geistliche Theevisiten zu machen und in Freimaurerclubbs Schach oder Whist zu spielen.</p> <p>Jndessen, was die Delinquenten betrifft, so mag den Geistlichen ihre Begleitung deßhalb erlassen seyn, weil ich mich nicht scheuen würde, jeden Strick abzuschneiden, woran ein Verurtheilter und selbst ein <hi rendition="#g">Greenacre</hi> hängt. Abschaffung der Todesstrafe – das ist ein Symbol, von demselben Werthe, als wenn man sagte: Gebt die Sklaven, die Juden, die Jrländer frei! Nehmet der Geistlichkeit den politischen Einfluß! Entfesselt die Presse! Huldiget allen großen Aufgaben, welche das Jahrhundert gleichsam an die Spitze großer Mastbäume befestigt hat, welche die Zeitgenossen erklettern müssen, selbst wenn die sophistische Seife der Unrechtslehrer machen sollte, daß sie zehnmal daran herunterglitten! wie z. B. unsere Kirchensteuer-Bill erklettert werden muß, selbst wenn die Minister, um die Tories von ihren Sitzen zu jagen, sich nicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0101]
verachtet wurden. Der Zudrang zu dem geistlichen Stande würde freilich bei so ernsten Beschäftigungen aufhören; wie ich denn gewiß bin, daß das lange Vikariren der Candidaten bald enden sollte, wenn die Geistlichen verpflichtet wären, vormittäglich einige Stunden in den Gefängnissen zu weilen, Nachmittags einige in den Krankenhäusern, und jährlich, wenn auch nur einmal, einen Delinquenten auf den Rabenstein zu begleiten. Das sind ernstere, heiligere, der Menschheit nützlichere Geschäfte, als bei schönen Seelen geistliche Theevisiten zu machen und in Freimaurerclubbs Schach oder Whist zu spielen.
Jndessen, was die Delinquenten betrifft, so mag den Geistlichen ihre Begleitung deßhalb erlassen seyn, weil ich mich nicht scheuen würde, jeden Strick abzuschneiden, woran ein Verurtheilter und selbst ein Greenacre hängt. Abschaffung der Todesstrafe – das ist ein Symbol, von demselben Werthe, als wenn man sagte: Gebt die Sklaven, die Juden, die Jrländer frei! Nehmet der Geistlichkeit den politischen Einfluß! Entfesselt die Presse! Huldiget allen großen Aufgaben, welche das Jahrhundert gleichsam an die Spitze großer Mastbäume befestigt hat, welche die Zeitgenossen erklettern müssen, selbst wenn die sophistische Seife der Unrechtslehrer machen sollte, daß sie zehnmal daran herunterglitten! wie z. B. unsere Kirchensteuer-Bill erklettert werden muß, selbst wenn die Minister, um die Tories von ihren Sitzen zu jagen, sich nicht
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