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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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so ist dazu unerläßlich: Demuth und gläubige Annäherung und eine die Anschauung des Dichters selbst wieder reproduzirende Anschauung. So ist es auch in der Religion. Die Dogmen sind ihre verkörperten Momente, sind die Kunstwerke des Glaubens, die ihren Werth und ihre Geltung nur im Glauben selbst haben. Die Dogmen sollen der Vernunft nicht widersprechen; allein was haben sie sonst mit ihr und dem Verstande gemein? Was ist ein Gemälde von Titian anders als eine Thatsache, die abgeschlossen in sich selbst ist und in dem Anfang, aus dem sie hervorschoß, auch ihr Ende hat! Jn diesem Sinne hat sich denn auch der religiöse Glaube, seitdem die Geschichte im Gang ist, eine Gallerie von Dogmen geschaffen, die man nur als die Verkörperung flüchtiger religiöser Momente betrachten darf, und auf beiden Seiten wird thöricht verfahren, sowohl, wenn man diese Dogmen mit juristischen Vorschriften verwechselt, die ihren Werth nur in praktischer Anwendung haben, wie die Orthodoxie es thut, als auch, wenn man das Messer der Kritik hineinsticht und etwas zerfleischen will, was kaum mehr, denn Duft und Nebel ist. Die Dogmen sollte man als die Blüthen betrachten, welche die religiöse Kraft der vergangnen Zeiten getrieben hat. Wer verlangt von ihnen mehr, als daß sie duften? Wer will uns ein Verbrechen daraus machen, wenn wir an der Fähigkeit, aus dem mannigfach umgeackerten Boden unseres Gefühles dieselben Pflanzen

so ist dazu unerläßlich: Demuth und gläubige Annäherung und eine die Anschauung des Dichters selbst wieder reproduzirende Anschauung. So ist es auch in der Religion. Die Dogmen sind ihre verkörperten Momente, sind die Kunstwerke des Glaubens, die ihren Werth und ihre Geltung nur im Glauben selbst haben. Die Dogmen sollen der Vernunft nicht widersprechen; allein was haben sie sonst mit ihr und dem Verstande gemein? Was ist ein Gemälde von Titian anders als eine Thatsache, die abgeschlossen in sich selbst ist und in dem Anfang, aus dem sie hervorschoß, auch ihr Ende hat! Jn diesem Sinne hat sich denn auch der religiöse Glaube, seitdem die Geschichte im Gang ist, eine Gallerie von Dogmen geschaffen, die man nur als die Verkörperung flüchtiger religiöser Momente betrachten darf, und auf beiden Seiten wird thöricht verfahren, sowohl, wenn man diese Dogmen mit juristischen Vorschriften verwechselt, die ihren Werth nur in praktischer Anwendung haben, wie die Orthodoxie es thut, als auch, wenn man das Messer der Kritik hineinsticht und etwas zerfleischen will, was kaum mehr, denn Duft und Nebel ist. Die Dogmen sollte man als die Blüthen betrachten, welche die religiöse Kraft der vergangnen Zeiten getrieben hat. Wer verlangt von ihnen mehr, als daß sie duften? Wer will uns ein Verbrechen daraus machen, wenn wir an der Fähigkeit, aus dem mannigfach umgeackerten Boden unseres Gefühles dieselben Pflanzen

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[165/0167] so ist dazu unerläßlich: Demuth und gläubige Annäherung und eine die Anschauung des Dichters selbst wieder reproduzirende Anschauung. So ist es auch in der Religion. Die Dogmen sind ihre verkörperten Momente, sind die Kunstwerke des Glaubens, die ihren Werth und ihre Geltung nur im Glauben selbst haben. Die Dogmen sollen der Vernunft nicht widersprechen; allein was haben sie sonst mit ihr und dem Verstande gemein? Was ist ein Gemälde von Titian anders als eine Thatsache, die abgeschlossen in sich selbst ist und in dem Anfang, aus dem sie hervorschoß, auch ihr Ende hat! Jn diesem Sinne hat sich denn auch der religiöse Glaube, seitdem die Geschichte im Gang ist, eine Gallerie von Dogmen geschaffen, die man nur als die Verkörperung flüchtiger religiöser Momente betrachten darf, und auf beiden Seiten wird thöricht verfahren, sowohl, wenn man diese Dogmen mit juristischen Vorschriften verwechselt, die ihren Werth nur in praktischer Anwendung haben, wie die Orthodoxie es thut, als auch, wenn man das Messer der Kritik hineinsticht und etwas zerfleischen will, was kaum mehr, denn Duft und Nebel ist. Die Dogmen sollte man als die Blüthen betrachten, welche die religiöse Kraft der vergangnen Zeiten getrieben hat. Wer verlangt von ihnen mehr, als daß sie duften? Wer will uns ein Verbrechen daraus machen, wenn wir an der Fähigkeit, aus dem mannigfach umgeackerten Boden unseres Gefühles dieselben Pflanzen

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/167>, abgerufen am 21.11.2024.