Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.seinem alten Rufe, in Ueberzeugungen nach Freiheit zu streben, auch in Betreff des Katholizismus, treu geblieben. Obgleich der römische Stuhl träge ist und nur romanischen Völkern sich vorzugsweise zuneigt, um deren geistiges Leben zu verfolgen, so hat ihn doch in jüngsten Zeiten außer den Ketzereien Lamennais' Nichts mehr beschäftigt, als Deutschland. Aber wie plump und schwerfällig ist auch hier sein Verfahren, wie kraß die Jgnoranz, die sich trotz der von Dresden, Kölln, München gewiß zahlreich genug einlaufenden Denunziationen in den Verdammungsurtheilen zu erkennen gibt! Wird doch selbst Schelling, der gewiß viel für die Hingebung an einen verklärten, filtrirten und abgezogenen Katholizismus gethan hat, verketzert! Diese Jtaliener wollen deutsches Leben verstehen; die Violetstrümpfe, die kaum lesbares Latein schreiben, wollen über die Forschungen der Philosophie und der kritischen Wissenschaft absprechen! Wäre der Katholizismus nicht unglücklicherweise an die Jdee eines Pabstes und an die einer allgemeinen Kirche gebunden, längst müßte die Emser Punktation eine Wahrheit geworden, müßten die in einem Augenblicke des religiösen Enthusiasmus abgeschlossenen Konkordate aufgekündigt seyn, müßte sich wenigstens eine so tief- und freisinnige Nation, wie die deutsche, aus jener entehrenden Botmäßigkeit jener Jtaliener befreit haben. Die Erscheinung der Religion als Kirche und das Verhältniß derselben zum Staat betreffend, so seinem alten Rufe, in Ueberzeugungen nach Freiheit zu streben, auch in Betreff des Katholizismus, treu geblieben. Obgleich der römische Stuhl träge ist und nur romanischen Völkern sich vorzugsweise zuneigt, um deren geistiges Leben zu verfolgen, so hat ihn doch in jüngsten Zeiten außer den Ketzereien Lamennais’ Nichts mehr beschäftigt, als Deutschland. Aber wie plump und schwerfällig ist auch hier sein Verfahren, wie kraß die Jgnoranz, die sich trotz der von Dresden, Kölln, München gewiß zahlreich genug einlaufenden Denunziationen in den Verdammungsurtheilen zu erkennen gibt! Wird doch selbst Schelling, der gewiß viel für die Hingebung an einen verklärten, filtrirten und abgezogenen Katholizismus gethan hat, verketzert! Diese Jtaliener wollen deutsches Leben verstehen; die Violetstrümpfe, die kaum lesbares Latein schreiben, wollen über die Forschungen der Philosophie und der kritischen Wissenschaft absprechen! Wäre der Katholizismus nicht unglücklicherweise an die Jdee eines Pabstes und an die einer allgemeinen Kirche gebunden, längst müßte die Emser Punktation eine Wahrheit geworden, müßten die in einem Augenblicke des religiösen Enthusiasmus abgeschlossenen Konkordate aufgekündigt seyn, müßte sich wenigstens eine so tief- und freisinnige Nation, wie die deutsche, aus jener entehrenden Botmäßigkeit jener Jtaliener befreit haben. Die Erscheinung der Religion als Kirche und das Verhältniß derselben zum Staat betreffend, so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="182"/> seinem alten Rufe, in Ueberzeugungen nach Freiheit zu streben, auch in Betreff des Katholizismus, treu geblieben. Obgleich der römische Stuhl träge ist und nur romanischen Völkern sich vorzugsweise zuneigt, um deren geistiges Leben zu verfolgen, so hat ihn doch in jüngsten Zeiten außer den Ketzereien <hi rendition="#g">Lamennais’</hi> Nichts mehr beschäftigt, als Deutschland. Aber wie plump und schwerfällig ist auch hier sein Verfahren, wie kraß die Jgnoranz, die sich trotz der von Dresden, Kölln, München gewiß zahlreich genug einlaufenden Denunziationen in den Verdammungsurtheilen zu erkennen gibt! Wird doch selbst <hi rendition="#g">Schelling</hi>, der gewiß viel für die Hingebung an einen verklärten, filtrirten und abgezogenen Katholizismus gethan hat, verketzert! Diese Jtaliener wollen deutsches Leben verstehen; die Violetstrümpfe, die kaum lesbares Latein schreiben, wollen über die Forschungen der Philosophie und der kritischen Wissenschaft absprechen! Wäre der Katholizismus nicht unglücklicherweise an die Jdee eines Pabstes und an die einer allgemeinen Kirche gebunden, längst müßte die Emser Punktation eine Wahrheit geworden, müßten die in einem Augenblicke des religiösen Enthusiasmus abgeschlossenen Konkordate aufgekündigt seyn, müßte sich wenigstens eine so tief- und freisinnige Nation, wie die deutsche, aus jener entehrenden Botmäßigkeit jener Jtaliener befreit haben.</p> <p>Die Erscheinung der Religion als <hi rendition="#g">Kirche</hi> und das Verhältniß derselben zum Staat betreffend, so </p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0184]
seinem alten Rufe, in Ueberzeugungen nach Freiheit zu streben, auch in Betreff des Katholizismus, treu geblieben. Obgleich der römische Stuhl träge ist und nur romanischen Völkern sich vorzugsweise zuneigt, um deren geistiges Leben zu verfolgen, so hat ihn doch in jüngsten Zeiten außer den Ketzereien Lamennais’ Nichts mehr beschäftigt, als Deutschland. Aber wie plump und schwerfällig ist auch hier sein Verfahren, wie kraß die Jgnoranz, die sich trotz der von Dresden, Kölln, München gewiß zahlreich genug einlaufenden Denunziationen in den Verdammungsurtheilen zu erkennen gibt! Wird doch selbst Schelling, der gewiß viel für die Hingebung an einen verklärten, filtrirten und abgezogenen Katholizismus gethan hat, verketzert! Diese Jtaliener wollen deutsches Leben verstehen; die Violetstrümpfe, die kaum lesbares Latein schreiben, wollen über die Forschungen der Philosophie und der kritischen Wissenschaft absprechen! Wäre der Katholizismus nicht unglücklicherweise an die Jdee eines Pabstes und an die einer allgemeinen Kirche gebunden, längst müßte die Emser Punktation eine Wahrheit geworden, müßten die in einem Augenblicke des religiösen Enthusiasmus abgeschlossenen Konkordate aufgekündigt seyn, müßte sich wenigstens eine so tief- und freisinnige Nation, wie die deutsche, aus jener entehrenden Botmäßigkeit jener Jtaliener befreit haben.
Die Erscheinung der Religion als Kirche und das Verhältniß derselben zum Staat betreffend, so
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