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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Staatstrennung nur in dem Sinne zu verstehen, daß der Kirche ihr politisches Fundament, ihre organische Rückwand, weggezogen werde.

Weit vorsichtiger muß man seyn, wenn Kirchen, die keine Autorität haben, sich nur deßhalb vom Staat trennen wollen, um nicht unterthan zu seyn. Allerdings ist der weltliche Despotismus in religiösen Dingen, sind Cabinetsdekrete, die eine eigene Auffassung der Lehre vorschreiben, und Amtsentsetzungen, die dem Weigerungsfalle folgen, ein großes Uebel. Demnach handelt es sich, wenn man die laute Stimme des Zeitgeistes hören will, nicht um Erstarkung der Kirche, dem Staate gegenüber, sondern nur um Befreiung. Die Theologen denken aber bei dem Lezteren auch an das Erste. Sie wollen eine Kirche aufstellen mit Concilienlärm und geistlichen Ständekammern. Sie wollen vom Staate nichts mehr, als die bewaffnete Macht, um ihre Dekrete in Vollzug zu bringen. Ein bis zu einem großen Grade achtungswerthes Streben kann hier leicht in ein Extrem ausarten, das wenigstens für die Religionsbekenner, für die Laien, drückender wäre, als bisher die Cabinetsverwaltung der Kirche war.

Auch sind keine Anzeigen da, welche glauben lassen, die protestantische Kirche werde jene organische Mündigkeitserklärung erhalten, nach welcher sie so rastlos strebt. Die darüber herrschende Debatte ist nicht einmal allgemein verstanden. Die Laien nehmen an ihr

Staatstrennung nur in dem Sinne zu verstehen, daß der Kirche ihr politisches Fundament, ihre organische Rückwand, weggezogen werde.

Weit vorsichtiger muß man seyn, wenn Kirchen, die keine Autorität haben, sich nur deßhalb vom Staat trennen wollen, um nicht unterthan zu seyn. Allerdings ist der weltliche Despotismus in religiösen Dingen, sind Cabinetsdekrete, die eine eigene Auffassung der Lehre vorschreiben, und Amtsentsetzungen, die dem Weigerungsfalle folgen, ein großes Uebel. Demnach handelt es sich, wenn man die laute Stimme des Zeitgeistes hören will, nicht um Erstarkung der Kirche, dem Staate gegenüber, sondern nur um Befreiung. Die Theologen denken aber bei dem Lezteren auch an das Erste. Sie wollen eine Kirche aufstellen mit Concilienlärm und geistlichen Ständekammern. Sie wollen vom Staate nichts mehr, als die bewaffnete Macht, um ihre Dekrete in Vollzug zu bringen. Ein bis zu einem großen Grade achtungswerthes Streben kann hier leicht in ein Extrem ausarten, das wenigstens für die Religionsbekenner, für die Laien, drückender wäre, als bisher die Cabinetsverwaltung der Kirche war.

Auch sind keine Anzeigen da, welche glauben lassen, die protestantische Kirche werde jene organische Mündigkeitserklärung erhalten, nach welcher sie so rastlos strebt. Die darüber herrschende Debatte ist nicht einmal allgemein verstanden. Die Laien nehmen an ihr

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[187/0189] Staatstrennung nur in dem Sinne zu verstehen, daß der Kirche ihr politisches Fundament, ihre organische Rückwand, weggezogen werde. Weit vorsichtiger muß man seyn, wenn Kirchen, die keine Autorität haben, sich nur deßhalb vom Staat trennen wollen, um nicht unterthan zu seyn. Allerdings ist der weltliche Despotismus in religiösen Dingen, sind Cabinetsdekrete, die eine eigene Auffassung der Lehre vorschreiben, und Amtsentsetzungen, die dem Weigerungsfalle folgen, ein großes Uebel. Demnach handelt es sich, wenn man die laute Stimme des Zeitgeistes hören will, nicht um Erstarkung der Kirche, dem Staate gegenüber, sondern nur um Befreiung. Die Theologen denken aber bei dem Lezteren auch an das Erste. Sie wollen eine Kirche aufstellen mit Concilienlärm und geistlichen Ständekammern. Sie wollen vom Staate nichts mehr, als die bewaffnete Macht, um ihre Dekrete in Vollzug zu bringen. Ein bis zu einem großen Grade achtungswerthes Streben kann hier leicht in ein Extrem ausarten, das wenigstens für die Religionsbekenner, für die Laien, drückender wäre, als bisher die Cabinetsverwaltung der Kirche war. Auch sind keine Anzeigen da, welche glauben lassen, die protestantische Kirche werde jene organische Mündigkeitserklärung erhalten, nach welcher sie so rastlos strebt. Die darüber herrschende Debatte ist nicht einmal allgemein verstanden. Die Laien nehmen an ihr

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/189>, abgerufen am 21.11.2024.