Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.wunderliche Mißbildungen, an denen es nicht fehlen kann, wo der Mensch mit der Natur und der Geschichte in großartigen Schöpfungen zu wetteifern sich unterfängt; allein, sey es nun, daß in der That etwas Neues zur allgemeinen oder theilweisen Zufriedenstellung der Bedürfnisse geschaffen würde, oder daß man aus Mißmuth, nichts Eignes erfinden zu können, zum Gegebenen und Ueberlieferten zurückkehrte; was kann erhebender seyn, als dies, was förderlicher für den Ernst des Lebens, förderlicher für die Bekämpfung jener negativen Richtungen, die nicht mehr das Erbtheil unsres Jahrhunderts seyn sollten, und die es nur werden, weil die Freiheit des Geistes und die Freiheit der Rücksichten nicht Hand in Hand gehen! Der katholischen Kirche ist es besser gelungen, als der protestantischen, sich als ein selbstständiges Ganzes zu erhalten. Sie hat noch nicht aufgehört, Hierarchie zu seyn. Sie befiehlt noch von Oben herab bis in die verzweigtesten Abstufungen einer geistlichen Bureaukratie hinunter. Wäre sie auch zu schwach, einen drohenden Widerstand gegen die Einmischung weltlicher Zumuthungen zu unterhalten, so ist doch selbst der leidende Widerstand eine Waffe, gegen welche Fürsten und Regierungen den Fanatismus der Massen, den Parteigeist der Priester und die scheinbare Nothwendigkeit eines in sich geschlossenen Kirchenzwecks bedenkend, nichts vermögen. Wie viel Unlust und Qual weiß Herr von Quelen Louis Philipp zu wunderliche Mißbildungen, an denen es nicht fehlen kann, wo der Mensch mit der Natur und der Geschichte in großartigen Schöpfungen zu wetteifern sich unterfängt; allein, sey es nun, daß in der That etwas Neues zur allgemeinen oder theilweisen Zufriedenstellung der Bedürfnisse geschaffen würde, oder daß man aus Mißmuth, nichts Eignes erfinden zu können, zum Gegebenen und Ueberlieferten zurückkehrte; was kann erhebender seyn, als dies, was förderlicher für den Ernst des Lebens, förderlicher für die Bekämpfung jener negativen Richtungen, die nicht mehr das Erbtheil unsres Jahrhunderts seyn sollten, und die es nur werden, weil die Freiheit des Geistes und die Freiheit der Rücksichten nicht Hand in Hand gehen! Der katholischen Kirche ist es besser gelungen, als der protestantischen, sich als ein selbstständiges Ganzes zu erhalten. Sie hat noch nicht aufgehört, Hierarchie zu seyn. Sie befiehlt noch von Oben herab bis in die verzweigtesten Abstufungen einer geistlichen Bureaukratie hinunter. Wäre sie auch zu schwach, einen drohenden Widerstand gegen die Einmischung weltlicher Zumuthungen zu unterhalten, so ist doch selbst der leidende Widerstand eine Waffe, gegen welche Fürsten und Regierungen den Fanatismus der Massen, den Parteigeist der Priester und die scheinbare Nothwendigkeit eines in sich geschlossenen Kirchenzwecks bedenkend, nichts vermögen. Wie viel Unlust und Qual weiß Herr von Quelen Louis Philipp zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="193"/> wunderliche Mißbildungen, an denen es nicht fehlen kann, wo der Mensch mit der Natur und der Geschichte in großartigen Schöpfungen zu wetteifern sich unterfängt; allein, sey es nun, daß in der That etwas Neues zur allgemeinen oder theilweisen Zufriedenstellung der Bedürfnisse geschaffen würde, oder daß man aus Mißmuth, nichts Eignes erfinden zu können, zum Gegebenen und Ueberlieferten zurückkehrte; was kann erhebender seyn, als dies, was förderlicher für den Ernst des Lebens, förderlicher für die Bekämpfung jener negativen Richtungen, die <hi rendition="#g">nicht</hi> mehr das Erbtheil unsres Jahrhunderts seyn sollten, und die es nur werden, weil die Freiheit des Geistes und die Freiheit der Rücksichten nicht Hand in Hand gehen!</p> <p>Der katholischen Kirche ist es besser gelungen, als der protestantischen, sich als ein selbstständiges Ganzes zu erhalten. Sie hat noch nicht aufgehört, Hierarchie zu seyn. Sie befiehlt noch von Oben herab bis in die verzweigtesten Abstufungen einer geistlichen Bureaukratie hinunter. Wäre sie auch zu schwach, einen drohenden Widerstand gegen die Einmischung weltlicher Zumuthungen zu unterhalten, so ist doch selbst der leidende Widerstand eine Waffe, gegen welche Fürsten und Regierungen den Fanatismus der Massen, den Parteigeist der Priester und die scheinbare Nothwendigkeit eines in sich geschlossenen Kirchenzwecks bedenkend, nichts vermögen. Wie viel Unlust und Qual weiß Herr von <hi rendition="#g">Quelen Louis Philipp</hi> zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [193/0195]
wunderliche Mißbildungen, an denen es nicht fehlen kann, wo der Mensch mit der Natur und der Geschichte in großartigen Schöpfungen zu wetteifern sich unterfängt; allein, sey es nun, daß in der That etwas Neues zur allgemeinen oder theilweisen Zufriedenstellung der Bedürfnisse geschaffen würde, oder daß man aus Mißmuth, nichts Eignes erfinden zu können, zum Gegebenen und Ueberlieferten zurückkehrte; was kann erhebender seyn, als dies, was förderlicher für den Ernst des Lebens, förderlicher für die Bekämpfung jener negativen Richtungen, die nicht mehr das Erbtheil unsres Jahrhunderts seyn sollten, und die es nur werden, weil die Freiheit des Geistes und die Freiheit der Rücksichten nicht Hand in Hand gehen!
Der katholischen Kirche ist es besser gelungen, als der protestantischen, sich als ein selbstständiges Ganzes zu erhalten. Sie hat noch nicht aufgehört, Hierarchie zu seyn. Sie befiehlt noch von Oben herab bis in die verzweigtesten Abstufungen einer geistlichen Bureaukratie hinunter. Wäre sie auch zu schwach, einen drohenden Widerstand gegen die Einmischung weltlicher Zumuthungen zu unterhalten, so ist doch selbst der leidende Widerstand eine Waffe, gegen welche Fürsten und Regierungen den Fanatismus der Massen, den Parteigeist der Priester und die scheinbare Nothwendigkeit eines in sich geschlossenen Kirchenzwecks bedenkend, nichts vermögen. Wie viel Unlust und Qual weiß Herr von Quelen Louis Philipp zu
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