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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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wunderlichen Arabesken und Verschlingungen den großen Marmorgebilden, die auf dem Postamente der Zeit standen, parallel. Dieselbe Stellung hat er noch gegenwärtig, wobei er noch nicht einmal den Vorzug früherer Zeiten hat, den, in seiner Art einzig und originell zu seyn.

Daß der Pietismus nicht bestimmt ist, eine bedeutende Entwicklungsstufe im Christenthum selbst zu werden (er wird immer das Christenthum nur erhalten, nicht weiter fortführen wollen) sieht man auch daraus, daß er als eine Ketzerei betrachtet zu werden wünscht und sich von der Gemeinschaft mit einer Kirche, die ihm nicht unsichtbar genug seyn kann, gänzlich ausschließt. Der Pietismus muß immer im Widerspruch seyn. Die Reibungen erwärmen ihn. So sucht er auch nicht die Kirchen, sondern übt seinen Gottesdienst in Konventikeln, wo ein bestallter oder vom Geist getriebener Redner das Wort führt. Männer und Frauen haben hier ihre eignen Zusammenkünfte, sie vermischen sich nicht unter einander. Feierlicher Gesang mit Begleitung einer Violine oder auch ganz frei getragen, beginnt die Erbauungsstunde. Dann tritt der Redner auf und hält ein Gebet, worin die größte Kraft dieser Sekten liegt. Sie ringen die Hände, bieten alle Energie der Stimme auf, und beten, daß es einen Stein erweichen könnte. Der Maßstab, den sie an Geistliche legen, ist der, ob sie auch beten können! Sie verstehen darunter kein kurzes Vaterunser,

wunderlichen Arabesken und Verschlingungen den großen Marmorgebilden, die auf dem Postamente der Zeit standen, parallel. Dieselbe Stellung hat er noch gegenwärtig, wobei er noch nicht einmal den Vorzug früherer Zeiten hat, den, in seiner Art einzig und originell zu seyn.

Daß der Pietismus nicht bestimmt ist, eine bedeutende Entwicklungsstufe im Christenthum selbst zu werden (er wird immer das Christenthum nur erhalten, nicht weiter fortführen wollen) sieht man auch daraus, daß er als eine Ketzerei betrachtet zu werden wünscht und sich von der Gemeinschaft mit einer Kirche, die ihm nicht unsichtbar genug seyn kann, gänzlich ausschließt. Der Pietismus muß immer im Widerspruch seyn. Die Reibungen erwärmen ihn. So sucht er auch nicht die Kirchen, sondern übt seinen Gottesdienst in Konventikeln, wo ein bestallter oder vom Geist getriebener Redner das Wort führt. Männer und Frauen haben hier ihre eignen Zusammenkünfte, sie vermischen sich nicht unter einander. Feierlicher Gesang mit Begleitung einer Violine oder auch ganz frei getragen, beginnt die Erbauungsstunde. Dann tritt der Redner auf und hält ein Gebet, worin die größte Kraft dieser Sekten liegt. Sie ringen die Hände, bieten alle Energie der Stimme auf, und beten, daß es einen Stein erweichen könnte. Der Maßstab, den sie an Geistliche legen, ist der, ob sie auch beten können! Sie verstehen darunter kein kurzes Vaterunser,

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[200/0202] wunderlichen Arabesken und Verschlingungen den großen Marmorgebilden, die auf dem Postamente der Zeit standen, parallel. Dieselbe Stellung hat er noch gegenwärtig, wobei er noch nicht einmal den Vorzug früherer Zeiten hat, den, in seiner Art einzig und originell zu seyn. Daß der Pietismus nicht bestimmt ist, eine bedeutende Entwicklungsstufe im Christenthum selbst zu werden (er wird immer das Christenthum nur erhalten, nicht weiter fortführen wollen) sieht man auch daraus, daß er als eine Ketzerei betrachtet zu werden wünscht und sich von der Gemeinschaft mit einer Kirche, die ihm nicht unsichtbar genug seyn kann, gänzlich ausschließt. Der Pietismus muß immer im Widerspruch seyn. Die Reibungen erwärmen ihn. So sucht er auch nicht die Kirchen, sondern übt seinen Gottesdienst in Konventikeln, wo ein bestallter oder vom Geist getriebener Redner das Wort führt. Männer und Frauen haben hier ihre eignen Zusammenkünfte, sie vermischen sich nicht unter einander. Feierlicher Gesang mit Begleitung einer Violine oder auch ganz frei getragen, beginnt die Erbauungsstunde. Dann tritt der Redner auf und hält ein Gebet, worin die größte Kraft dieser Sekten liegt. Sie ringen die Hände, bieten alle Energie der Stimme auf, und beten, daß es einen Stein erweichen könnte. Der Maßstab, den sie an Geistliche legen, ist der, ob sie auch beten können! Sie verstehen darunter kein kurzes Vaterunser,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/202>, abgerufen am 21.11.2024.