Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.der Staat soll noch mehr. Er soll nicht bloß das Bestreben zeigen, sich dadurch zu erhalten, daß er den eisernen Anker seines unbeweglichen Schwerpunktes auswirft, sondern er soll auch in dem Grade zugänglich seyn, als nöthig ist, um die ihn umgebenden Widersprüche in sein Jnteresse aufzusaugen und diese Widersprüche selbst zu veranlassen, sich im Staate zu lösen und zu beruhigen. Das Machtwort, das Quos ego der Zensur wirkt nur abstoßend und nährt den Widerspruch. Das ist höchste Staatsweisheit, in heutigen Verhältnissen den Widerspruch zur Erkenntniß seiner bodenlosen Stellung zu bringen, den guten Keim in ihm von der flüchtigen Schale zu trennen und in die Gärten der positiven Jnteressen selber zu verpflanzen. Die französische Politik Ludwig Philipps ist auch darin so tief und fein, daß sie gerade die am meisten gährende und dem Staat abgewandte Literatur, die heimische, mit den öffentlichen Thatsachen zu versöhnen sucht. Leider liegt es im Charakter der Franzosen, in ihrer Bestechlichkeit und ihrer Geldgier, daß ihre Aussöhnung nicht selten skandalös ist und der äußerlich so glänzenden, innerlich so schwachen Literatur keine Ehre macht. Allein doch ist es sichtbar, wie Louis Philipp gerade jener extremen Meinungen, die aus dem Saint Simonismus mit so viel träumerisch sophistischen Philosophemen hervorgegangen sind, sich zu bemächtigen sucht, und wenn es mit Vermeidung des Doktrinalismus möglich ist, sich aus der Staat soll noch mehr. Er soll nicht bloß das Bestreben zeigen, sich dadurch zu erhalten, daß er den eisernen Anker seines unbeweglichen Schwerpunktes auswirft, sondern er soll auch in dem Grade zugänglich seyn, als nöthig ist, um die ihn umgebenden Widersprüche in sein Jnteresse aufzusaugen und diese Widersprüche selbst zu veranlassen, sich im Staate zu lösen und zu beruhigen. Das Machtwort, das Quos ego der Zensur wirkt nur abstoßend und nährt den Widerspruch. Das ist höchste Staatsweisheit, in heutigen Verhältnissen den Widerspruch zur Erkenntniß seiner bodenlosen Stellung zu bringen, den guten Keim in ihm von der flüchtigen Schale zu trennen und in die Gärten der positiven Jnteressen selber zu verpflanzen. Die französische Politik Ludwig Philipps ist auch darin so tief und fein, daß sie gerade die am meisten gährende und dem Staat abgewandte Literatur, die heimische, mit den öffentlichen Thatsachen zu versöhnen sucht. Leider liegt es im Charakter der Franzosen, in ihrer Bestechlichkeit und ihrer Geldgier, daß ihre Aussöhnung nicht selten skandalös ist und der äußerlich so glänzenden, innerlich so schwachen Literatur keine Ehre macht. Allein doch ist es sichtbar, wie Louis Philipp gerade jener extremen Meinungen, die aus dem Saint Simonismus mit so viel träumerisch sophistischen Philosophemen hervorgegangen sind, sich zu bemächtigen sucht, und wenn es mit Vermeidung des Doktrinalismus möglich ist, sich aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0318" n="316"/> der Staat soll noch mehr. Er soll nicht bloß das Bestreben zeigen, sich dadurch zu erhalten, daß er den eisernen Anker seines unbeweglichen Schwerpunktes auswirft, sondern er soll auch in dem Grade zugänglich seyn, als nöthig ist, um die ihn umgebenden Widersprüche in sein Jnteresse aufzusaugen und diese Widersprüche selbst zu veranlassen, sich im <hi rendition="#g">Staate</hi> zu lösen und zu beruhigen. Das Machtwort, das <hi rendition="#aq">Quos ego</hi> der Zensur wirkt nur abstoßend und nährt den Widerspruch. Das ist höchste Staatsweisheit, in heutigen Verhältnissen den Widerspruch zur Erkenntniß seiner bodenlosen Stellung zu bringen, den guten Keim in ihm von der flüchtigen Schale zu trennen und in die Gärten der positiven Jnteressen selber zu verpflanzen. Die französische Politik <hi rendition="#g">Ludwig Philipps</hi> ist auch darin so tief und fein, daß sie gerade die am meisten gährende und dem Staat abgewandte Literatur, die heimische, mit den öffentlichen Thatsachen zu versöhnen sucht. Leider liegt es im Charakter der Franzosen, in ihrer Bestechlichkeit und ihrer Geldgier, daß ihre Aussöhnung nicht selten skandalös ist und der äußerlich so glänzenden, innerlich so schwachen Literatur keine Ehre macht. Allein doch ist es sichtbar, wie <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> gerade jener extremen Meinungen, die aus dem Saint Simonismus mit so viel träumerisch sophistischen Philosophemen hervorgegangen sind, sich zu bemächtigen sucht, und wenn es mit Vermeidung des Doktrinalismus möglich ist, sich aus </p> </div> </body> </text> </TEI> [316/0318]
der Staat soll noch mehr. Er soll nicht bloß das Bestreben zeigen, sich dadurch zu erhalten, daß er den eisernen Anker seines unbeweglichen Schwerpunktes auswirft, sondern er soll auch in dem Grade zugänglich seyn, als nöthig ist, um die ihn umgebenden Widersprüche in sein Jnteresse aufzusaugen und diese Widersprüche selbst zu veranlassen, sich im Staate zu lösen und zu beruhigen. Das Machtwort, das Quos ego der Zensur wirkt nur abstoßend und nährt den Widerspruch. Das ist höchste Staatsweisheit, in heutigen Verhältnissen den Widerspruch zur Erkenntniß seiner bodenlosen Stellung zu bringen, den guten Keim in ihm von der flüchtigen Schale zu trennen und in die Gärten der positiven Jnteressen selber zu verpflanzen. Die französische Politik Ludwig Philipps ist auch darin so tief und fein, daß sie gerade die am meisten gährende und dem Staat abgewandte Literatur, die heimische, mit den öffentlichen Thatsachen zu versöhnen sucht. Leider liegt es im Charakter der Franzosen, in ihrer Bestechlichkeit und ihrer Geldgier, daß ihre Aussöhnung nicht selten skandalös ist und der äußerlich so glänzenden, innerlich so schwachen Literatur keine Ehre macht. Allein doch ist es sichtbar, wie Louis Philipp gerade jener extremen Meinungen, die aus dem Saint Simonismus mit so viel träumerisch sophistischen Philosophemen hervorgegangen sind, sich zu bemächtigen sucht, und wenn es mit Vermeidung des Doktrinalismus möglich ist, sich aus
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