Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.ihnen eine Umgebung schafft, welche nicht bloß den Glanz des Wortes, sondern auch die neueste Politur der Tagesphilosophie hat und die, wie bei Michel Chevalier gerade aus dem Widerspruch hervorgehend, aus der Theorie des modernen Sozialismus, dem einseitigen Parteigewirre des Tags und der liberalen Phrase mit Stolz und Würde gegenübersteht. So sollte es weiser Politik überall möglich werden, sich der bedenklichen Richtungen in der Literatur zu bemächtigen, und wahrlich, es wird auch Nationen geben, die dabei uneigennütziger denken, als die Franzosen und keine Pensionen verlangen, sondern nur ewige, ihren Prinzipien angemessene Reformen und - Duldung! Es muß eine Zensur im höhern Sinne des Wortes geben, eine Superiorität des Staates über die Presse; denn wo will man anders das Strafrecht des Staates herleiten, wenn es sich um Preßvergehen handelt? Die Zensur soll eben darin bestehen, daß sich der Staat seines innigen Zusammenhangs mit der Wissenschaft und Jdeenwelt bewußt wird, daß er nicht nur bereit ist, jede Eroberung im Reiche der Gedanken, jede gereifte Frucht auf dem Felde selbst der vom Wind bewegten Debatte anzuerkennen und sich zu eigen machen, sondern auch Eroberungen dieser Art zu unterstützen und die Reife in der Saat wenigstens durch Milde und Sonnenschein zu befördern. Wenn mit dieser höhern Zensur die Preßfreiheit ihnen eine Umgebung schafft, welche nicht bloß den Glanz des Wortes, sondern auch die neueste Politur der Tagesphilosophie hat und die, wie bei Michel Chevalier gerade aus dem Widerspruch hervorgehend, aus der Theorie des modernen Sozialismus, dem einseitigen Parteigewirre des Tags und der liberalen Phrase mit Stolz und Würde gegenübersteht. So sollte es weiser Politik überall möglich werden, sich der bedenklichen Richtungen in der Literatur zu bemächtigen, und wahrlich, es wird auch Nationen geben, die dabei uneigennütziger denken, als die Franzosen und keine Pensionen verlangen, sondern nur ewige, ihren Prinzipien angemessene Reformen und – Duldung! Es muß eine Zensur im höhern Sinne des Wortes geben, eine Superiorität des Staates über die Presse; denn wo will man anders das Strafrecht des Staates herleiten, wenn es sich um Preßvergehen handelt? Die Zensur soll eben darin bestehen, daß sich der Staat seines innigen Zusammenhangs mit der Wissenschaft und Jdeenwelt bewußt wird, daß er nicht nur bereit ist, jede Eroberung im Reiche der Gedanken, jede gereifte Frucht auf dem Felde selbst der vom Wind bewegten Debatte anzuerkennen und sich zu eigen machen, sondern auch Eroberungen dieser Art zu unterstützen und die Reife in der Saat wenigstens durch Milde und Sonnenschein zu befördern. Wenn mit dieser höhern Zensur die Preßfreiheit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0319" n="317"/> ihnen eine Umgebung schafft, welche nicht bloß den Glanz des Wortes, sondern auch die neueste Politur der Tagesphilosophie hat und die, wie bei <hi rendition="#g">Michel Chevalier</hi> gerade aus dem Widerspruch hervorgehend, aus der Theorie des modernen Sozialismus, dem einseitigen Parteigewirre des Tags und der liberalen Phrase mit Stolz und Würde gegenübersteht. So sollte es weiser Politik überall möglich werden, sich der bedenklichen Richtungen in der Literatur zu bemächtigen, und wahrlich, es wird auch Nationen geben, die dabei uneigennütziger denken, als die Franzosen und keine Pensionen verlangen, sondern nur ewige, ihren Prinzipien angemessene Reformen und – Duldung!</p> <p>Es muß eine Zensur im höhern Sinne des Wortes geben, eine Superiorität des Staates über die Presse; denn wo will man anders das Strafrecht des Staates herleiten, wenn es sich um Preßvergehen handelt? Die Zensur soll eben darin bestehen, daß sich der Staat seines innigen Zusammenhangs mit der Wissenschaft und Jdeenwelt bewußt wird, daß er nicht nur bereit ist, jede Eroberung im Reiche der Gedanken, jede gereifte Frucht auf dem Felde selbst der vom Wind bewegten Debatte anzuerkennen und sich zu eigen machen, sondern auch Eroberungen dieser Art zu unterstützen und die Reife in der Saat wenigstens durch Milde und Sonnenschein zu befördern. Wenn mit dieser höhern Zensur die Preßfreiheit </p> </div> </body> </text> </TEI> [317/0319]
ihnen eine Umgebung schafft, welche nicht bloß den Glanz des Wortes, sondern auch die neueste Politur der Tagesphilosophie hat und die, wie bei Michel Chevalier gerade aus dem Widerspruch hervorgehend, aus der Theorie des modernen Sozialismus, dem einseitigen Parteigewirre des Tags und der liberalen Phrase mit Stolz und Würde gegenübersteht. So sollte es weiser Politik überall möglich werden, sich der bedenklichen Richtungen in der Literatur zu bemächtigen, und wahrlich, es wird auch Nationen geben, die dabei uneigennütziger denken, als die Franzosen und keine Pensionen verlangen, sondern nur ewige, ihren Prinzipien angemessene Reformen und – Duldung!
Es muß eine Zensur im höhern Sinne des Wortes geben, eine Superiorität des Staates über die Presse; denn wo will man anders das Strafrecht des Staates herleiten, wenn es sich um Preßvergehen handelt? Die Zensur soll eben darin bestehen, daß sich der Staat seines innigen Zusammenhangs mit der Wissenschaft und Jdeenwelt bewußt wird, daß er nicht nur bereit ist, jede Eroberung im Reiche der Gedanken, jede gereifte Frucht auf dem Felde selbst der vom Wind bewegten Debatte anzuerkennen und sich zu eigen machen, sondern auch Eroberungen dieser Art zu unterstützen und die Reife in der Saat wenigstens durch Milde und Sonnenschein zu befördern. Wenn mit dieser höhern Zensur die Preßfreiheit
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