Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.aufzuklären, sie das Vorübergehende von dem Ewigen in ihren Jnteressen unterscheiden zu lehren, und ihnen ein Daseyn erquicklich zu machen, welches, wenn es nur momentane Blüthen und Freuden treiben sollte, ihnen leicht ohne allen Duft und alle Freude erscheinen würde. Dennoch wollen wir nicht vom Jahrhundert sprechen, sondern nur von einem hundertsten Theile desselben. Wir wollen hier nicht philosophiren, sondern uns den Moment vergegenwärtigen, klar, lebendig, thatsächlich. Man soll über die Politik des Jahrhunderts immer so schreiben können, daß man eine Anknüpfung seiner Behauptungen dem Leser an seine tägliche Zeitungslektüre nicht allzusehr erschwert. Aus dem Wirrwarr der konfusen Tagsgeschichte entstehen die Jrrthümer, Unbehaglichkeiten und Jndigestionen des Zeitgeistes. Man muß die Brücke vom Ewigen zu seiner zeitlichen Erscheinung nicht allzu riesenartig bauen. Versuchen wir es demnach, unsere Auffassung der Zeit anzuknüpfen zuerst an die Politik Louis Philipps, zweitens an die Ausbildung der englischen Reform, drittens an die Verwirrung der pyrenäischen Halbinsel, und endlich viertens an den beweglichen hin und her irrenden Schwerpunkt der Politik des Orients. Man behauptet nicht zu viel, wenn man in Louis Philipp den Wendepunkt aller Ereignisse sieht, welche das allmälige Schicksal der Julirevolution aufzuklären, sie das Vorübergehende von dem Ewigen in ihren Jnteressen unterscheiden zu lehren, und ihnen ein Daseyn erquicklich zu machen, welches, wenn es nur momentane Blüthen und Freuden treiben sollte, ihnen leicht ohne allen Duft und alle Freude erscheinen würde. Dennoch wollen wir nicht vom Jahrhundert sprechen, sondern nur von einem hundertsten Theile desselben. Wir wollen hier nicht philosophiren, sondern uns den Moment vergegenwärtigen, klar, lebendig, thatsächlich. Man soll über die Politik des Jahrhunderts immer so schreiben können, daß man eine Anknüpfung seiner Behauptungen dem Leser an seine tägliche Zeitungslektüre nicht allzusehr erschwert. Aus dem Wirrwarr der konfusen Tagsgeschichte entstehen die Jrrthümer, Unbehaglichkeiten und Jndigestionen des Zeitgeistes. Man muß die Brücke vom Ewigen zu seiner zeitlichen Erscheinung nicht allzu riesenartig bauen. Versuchen wir es demnach, unsere Auffassung der Zeit anzuknüpfen zuerst an die Politik Louis Philipps, zweitens an die Ausbildung der englischen Reform, drittens an die Verwirrung der pyrenäischen Halbinsel, und endlich viertens an den beweglichen hin und her irrenden Schwerpunkt der Politik des Orients. Man behauptet nicht zu viel, wenn man in Louis Philipp den Wendepunkt aller Ereignisse sieht, welche das allmälige Schicksal der Julirevolution <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0391" n="389"/> aufzuklären, sie das Vorübergehende von dem Ewigen in ihren Jnteressen unterscheiden zu lehren, und ihnen ein Daseyn erquicklich zu machen, welches, wenn es nur momentane Blüthen und Freuden treiben sollte, ihnen leicht ohne allen Duft und alle Freude erscheinen würde.</p> <p>Dennoch wollen wir nicht vom Jahrhundert sprechen, sondern nur von einem hundertsten Theile desselben. Wir wollen hier nicht philosophiren, sondern uns den Moment vergegenwärtigen, klar, lebendig, thatsächlich. Man soll über die Politik des Jahrhunderts immer so schreiben können, daß man eine Anknüpfung seiner Behauptungen dem Leser an seine tägliche Zeitungslektüre nicht allzusehr erschwert. Aus dem Wirrwarr der konfusen Tagsgeschichte entstehen die Jrrthümer, Unbehaglichkeiten und Jndigestionen des Zeitgeistes. Man muß die Brücke vom Ewigen zu seiner zeitlichen Erscheinung nicht allzu riesenartig bauen. Versuchen wir es demnach, unsere Auffassung der Zeit anzuknüpfen <hi rendition="#g">zuerst an die Politik Louis Philipps</hi>, zweitens an die <hi rendition="#g">Ausbildung der englischen Reform</hi>, drittens an <hi rendition="#g">die Verwirrung der pyrenäischen Halbinsel</hi>, und endlich viertens an <hi rendition="#g">den beweglichen hin und her irrenden Schwerpunkt der Politik des Orients</hi>.</p> <p>Man behauptet nicht zu viel, wenn man in <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> den Wendepunkt aller Ereignisse sieht, welche das allmälige Schicksal der Julirevolution </p> </div> </body> </text> </TEI> [389/0391]
aufzuklären, sie das Vorübergehende von dem Ewigen in ihren Jnteressen unterscheiden zu lehren, und ihnen ein Daseyn erquicklich zu machen, welches, wenn es nur momentane Blüthen und Freuden treiben sollte, ihnen leicht ohne allen Duft und alle Freude erscheinen würde.
Dennoch wollen wir nicht vom Jahrhundert sprechen, sondern nur von einem hundertsten Theile desselben. Wir wollen hier nicht philosophiren, sondern uns den Moment vergegenwärtigen, klar, lebendig, thatsächlich. Man soll über die Politik des Jahrhunderts immer so schreiben können, daß man eine Anknüpfung seiner Behauptungen dem Leser an seine tägliche Zeitungslektüre nicht allzusehr erschwert. Aus dem Wirrwarr der konfusen Tagsgeschichte entstehen die Jrrthümer, Unbehaglichkeiten und Jndigestionen des Zeitgeistes. Man muß die Brücke vom Ewigen zu seiner zeitlichen Erscheinung nicht allzu riesenartig bauen. Versuchen wir es demnach, unsere Auffassung der Zeit anzuknüpfen zuerst an die Politik Louis Philipps, zweitens an die Ausbildung der englischen Reform, drittens an die Verwirrung der pyrenäischen Halbinsel, und endlich viertens an den beweglichen hin und her irrenden Schwerpunkt der Politik des Orients.
Man behauptet nicht zu viel, wenn man in Louis Philipp den Wendepunkt aller Ereignisse sieht, welche das allmälige Schicksal der Julirevolution
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